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Wachgeküßt

Wachgeküßt

Titel: Wachgeküßt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Harvey
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Delphinstil über, während seine Hände ein längst nicht so ehrgeiziges, dafür aber sehr viel eindeutigeres Ziel anstreben und über meinen Rücken zu meinem Hintern wandern. So kommen wir der Sache näher. Ich verabreiche Guy meinen schönsten Kuß, und er erwidert ihn höchst professionell.
    Verstohlen schiele ich unter halb geschlossenen Lidern zum Bräutigam hinüber. Der Bräutigam sieht her, und der Bräutigam sieht ganz schön sauer aus.
    Er fängt meinen Blick auf, zieht Madeleine näher an sich und gibt ihr einen fetten Schmatzer auf die prallen Lippen. Der dauert mindestens sechzig Sekunden und findet unter den »Ahhhs« und »Ohhhs« der umstehenden, gaffenden Verwandtschaft statt, begleitet von Schnieftüchern, mit denen über feuchte Augenwinkel getupft wird.
    Ein weiterer verdammter Wettkampf! Aber dieses Mal geht es nicht darum, wer von meinen Freundinnen und mir die meisten Männer bumsen kann, es geht darum, wer von uns beiden ohne den anderen das Beste aus seinem Leben gemacht hat.

    Als ich aufhöre, Guy zu küssen, merkt es niemand außer Max.
    Als Max aufhört, Madeleine zu küssen, gibt es spontanen, lebhaften Beifall.
    Runde zwei geht ganz klar an den verdammten Max, und er weiß es genau. Das selbstgefällige Lächeln ist wieder da. Du Arsch! Am liebsten würde ich es ihm mit der geballten Faust aus dem Gesicht wischen.
    Guy und ich kehren an den Tisch zurück. Glücklicherweise ist Großonkel Avery gegenwärtig mit seinem Rollstuhl im Abflußrohr einer unbrauchbaren Toilette neben dem Foyer steckengeblieben, so daß die Luft frisch genug zum Durchatmen ist.
    Guy beschließt, diesem Beispiel zu folgen und seine Blase zu erleichtern, hoffentlich mit mehr Erfolg. Kaum hat er den Tisch verlassen, kommt Max herüber, um zu feixen. Er läßt sich auf den leeren Platz neben mir gleiten.
    »Schon komisch, wie die Dinge sich so entwickeln, was, Lex? Wenn man bedenkt, daß das deine Hochzeit hätte sein können.«
    Ich sehe, daß er mich genau beobachtet, um sich meine Reaktion darauf nicht entgehen zu lassen. Was erwartet er jetzt von mir? Daß ich in Tränen ausbreche und zugebe, daß ich mir das wünsche?
    »Oh, ich glaube, so weit wäre es nie mit uns gekommen«, erwidere ich mit einem kühlen Lächeln.
    »Nein?« Er sieht überrascht aus. »Denkst du denn nicht darüber nach, was aus uns geworden wäre, wenn wir zusammengeblieben wären?«
    Ich blicke mit einem, wie ich hoffe, zärtlichen Ausdruck hinüber zu Guy. Auf dem Weg zurück vom Klo ist er zum Tanzen genötigt worden. Nun wird er recht heftig an den überdimensionalen Busen von Max’ sumoringerartigen Schwester Mitzi gepreßt, während sie ihn über die Tanzfläche schleift.
    »Eigentlich nicht... ich glaube, daß die Dinge sich zum Besten entwickelt haben. Findest du nicht?« entgegne ich und stehe auf.
»Ich hoffe, du wirst glücklich, Max. Jetzt entschuldige mich aber bitte, ich möchte Guy vor deiner Schwester retten, bevor sie den letzten Hauch Leben aus ihm herausquetscht.«
    O Mann, was bin ich stolz auf mich, als ich lässig auf die Tanzfläche schlendere. Dem hab ich’s aber gegeben. Ich war cool, aber nicht so cool, daß er auf die Idee kommen könnte, ich mache ihm was vor. Ich glaube, auch ich habe mich gefragt – ohne es mir jedoch eine Sekunde lang eingestehen zu wollen -, ob ich diejenige hätte sein wollen, die heute heiratet. Glücklicherweise kann ich behaupten, daß ich einfach nur erleichtert bin, nicht diejenige im weißen Kleid zu sein.
    Es heißt ja, Hochmut kommt vor dem Fall, aber nie hätte ich gedacht, daß Rod Stewart mich zu Fall bringen könnte.
    Gerade ist es mir gelungen, den dankbaren Guy aus den Klauen der vertrottelten Mitzi zu befreien, als plötzlich If you want my body and you think I’m sexy aus den Lautsprechern dröhnt. Noch nie habe ich erlebt, daß Musik einen Menschen so tief berührt, und dann auch noch so unvermittelt. Vom ersten Takt an kommt plötzlich Guys beängstigendes Alter ego zum Vorschein.
    Ich habe immer geglaubt, daß ich durchaus schon peinliche Situationen erlebt habe, aber ich habe mich geirrt.
    Er kennt jedes Wort, aber wirklich jedes einzelne, und er singt aus voller Kehle, mit einer Stimme, die der Pavarottis an Lautstärke in nichts nachsteht, aber bei weitem nicht so wohlklingend ist.
    Außerdem flattert er über die Tanzfläche wie ein aufgescheuchtes Huhn auf Drogen, die Ellbogen wedeln, der Kopf zuckt vor und zurück wie bei einer Katze, die gerade ein Bällchen

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