Wachgeküßt
die sie aus Julianas zurückgebliebenen und vergessenen Koffern gemopst haben. Unter ihnen ist auch Angus, der nach dem literweisen Konsum von Champagner und Guinness über den Saum eines roten, schulterfreien Satinkleides stolpert. Er fällt der Länge nach mit dem Gesicht zuerst in den Zierteich.
»Okay, also du willst, daß ich mit Alexandra zu dieser Hochzeit gehe, ja? Aber, also nicht so, als würde ich richtig ein Date mit ihr haben.« Guy fährt sich mit der Hand durch das zerzauste Haar und versucht, dadurch sein Gehirn wachzurütteln. »Ich tue also nur so, yeah?«
Den Tumult im Garten kriegt er überhaupt nicht mit.
»Yeah... äh, ich meine, ja. Du weißt schon: The-a-ter-.«
Er runzelt einen Moment lang die Stirn, um es auf sich einwirken zu lassen, dann verzieht sich sein Mund zu einem niedlichen Lächeln und offenbart dabei das perfekteste weiße Gebiß, das ich je in meinem Leben gesehen habe.
»Okay, yeah, super. Ein echter Spaß!« Jetzt hat er endlich den Faden wiedergefunden und fängt an zu lachen wie ein Esel, der ohne Narkose kastriert wird.
»Also machst du mit?« Emma und ich seufzen vor Erleichterung, nicht so sehr, weil er zugestimmt hat, mit mir zu der Hochzeit zu gehen, sondern weil wir jetzt nicht noch einmal versuchen müssen, ihm alles zu erklären.
»Yeah, sicher, toll. Hört sich echt nach einem guten Scherz an. Und ich hab mir schon immer gewünscht, mal bei einem solchen Akt mitzumischen.«
»Äh, tut mir leid«, antwortet Emma schelmisch und legt demonstrativ eine Hand auf meinen Arm, »aber du wirst nicht engagiert, um dich nackt auszuziehen.«
Das wiehernde Lachen bricht abrupt ab. Verwirrt sieht er uns an.
»Hä?«
Emma und ich verdrehen die Augen.
7
Montag morgen. Ich sitze an meinem Platz und verschlinge ein Sandwich mit Käse, Schinken und Gürkchen, das ich mir zum Mittagessen gekauft habe. Dabei verstecke ich mein Gesicht hinter der Zeitung von letztem Wochenende und überlege mir, wie ich sicherstellen kann, daß Guy während der ganzen Hochzeit mit keiner Menschenseele spricht. Plötzlich erklingt die übliche Begrüßungskakophonie – ein weiterer Kollege nähert sich. Ich erkenne die antwortende Stimme sofort.
Nach einigen Augenblicken des Herzklopfens, in denen ich über das bestmögliche Vorgehen nachdenke, beschließe ich, einfach den direkten Weg einzuschlagen.
Ich wappne mich innerlich, lasse die Zeitung sinken, sehe ihm gezielt in die Augen und versuche, trotz meiner Nervosität mit möglichst fester Stimme zu reden.
»Morgen, Damien.«
Ich bemühe mich, ihm geradewegs in die Augen zu sehen, doch sein Blick weicht meinem aus. Verzweifelt versucht er, auf etwas anderes zu schauen. Als Antwort erhalte ich ein genuscheltes »Mmmnnn«, dann stürzt er davon, um es wie ich zu machen und sich hinter dem bunten Zubehör auf seinem Schreibtisch zu verstecken. Plötzlich dämmert mir, daß die Situation für Damien peinlich ist. Das ist ja auch logisch, jetzt, wo ich darüber nachdenke. Mir ist die ganze Angelegenheit peinlich, dabei war nicht ich es, die einen Striptease hingelegt und einen leuchtenden Ständer zum sexuellen Genuß dargeboten hat, um dann von johlendem Gelächter empfangen zu werden.
Erleichtert komme ich zu dem Schluß, daß Damien sicher kein Sterbenswörtchen über die Ereignisse nach Rodneys Abschied verlieren wird. Obwohl das alles erst drei Wochen her ist, scheint es doch schon ein Jahrzehnt zurückzuliegen. Für ihn steht viel mehr auf dem Spiel als für mich, wenn die Geschichte publik wird. Was würde aus Damiens Ruf, wenn sich das Ganze herumspricht? Sexy, sinnlich, ein toller Typ zum Vernaschen – das soll man von ihm denken. Aber so einer kommt nicht an und trägt nichts außer einem Paar Mickey-Maus-Socken und einem fluoreszierenden Kondom. Und eine Abfuhr erteilt man so einem schon gar nicht.
Wiederholt ertappe ich ihn, wie er mir verstohlen nervöse Blicke zuwirft. Zu meinem Entsetzen fange ich an zu kichern. Ich weise mich zurecht. Wie konnte ich nur so grausam sein? Ich bestrafe ihn für das, was Larry mir angetan hat, das ist nicht fair.
Vielleicht gelingt es mir endlich, in Sachen Sex Gleichberechtigung zu erlangen, aber wenn die nur darin besteht, einen Mitmenschen der Lächerlichkeit preiszugeben, bin ich mir gar nicht sicher, ob ich Wert darauf lege.
Ich versuche statt dessen, Damien einfach anzulächeln. Doch dann mache ich mir Sorgen, weil er denken könnte, daß es eine Anmache ist und ersetze das Lächeln
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