Wachgeküßt
durch ein knappes, sachliches, anerkennendes Nicken.
Ich sollte wohl am besten wieder hinter meinem Schreibtisch in Deckung gehen.
Meine Erleichterung ist nur von kurzer Dauer.
Gerade will ich mich wieder hinter meiner schnell wachsenden Mauer aus Topfpflanzen niederlassen – zu der Kiffer-Knete-Pflanze sind noch einige andere hinzu gekommen (das Militär wußte schon, warum es Grün als Tarnfarbe wählte) – als Sandra mich ruft.
»Alex, hast du einen Augenblick Zeit? Mr. Daniels möchte mit dir sprechen.«
O je.
Jetzt ist es soweit. Die Stunde der Wahrheit.
Vor diesem Augenblick habe ich mich gefürchtet, und es stimmt, daß mir das Herz in die Hose sinkt, wie ich es vermutet habe. Plötzlich kommt es mir so vor, als wäre mein Hintern am Stuhl festgeschweißt. Wie sehr ich auch versuche aufzustehen, ich schaffe es nicht.
Ich signalisiere Mary mit den Händen, daß mir jetzt gleich die Kehle durchgeschnitten wird. Sie lächelt mir aufmunternd zu.
Ich werfe einen Blick auf Jakes Horoskop. Ich weiß, wann sein Geburtstag ist, weil Sandra ihn fett und unübersehbar mit Rotstift in ihren Wandkalender eingetragen und mit zwei Ausrufezeichen versehen hat. Und dann hat sie es noch mit einem grünen Leuchtstift eingekreist.
Waage: Diese Woche ist jemand darauf angewiesen, mit Ihnen in Kontakt zu treten. Es ist Zeit, die Samthandschuhe auszuziehen und zu kämpfen. Sie haben sich viel zu lange hinters Licht führen lassen. Nehmen Sie Hinterlist und Enttäuschung nicht länger hin.
Na toll.
Ich brauche zehn Minuten für die zehn Meter von meinem Schreibtisch bis zur Tür von Jakes Büro. Inzwischen ist Sandra vor Ungeduld puterrot geworden. Sie legt mir die Hand auf den Hintern und schiebt mich einfach rein, bevor ich überhaupt die Chance habe, mir eine Ausrede auszudenken, damit ich nicht hinein muß.
Jake sitzt am Schreibtisch. Er dreht mir den Rücken zu und brütet über einer alles andere als interessant aussehenden Computertabelle. Zahlenreihe um Zahlenreihe flutscht vor seinen Augen vorbei, schneller als Damon Hill in Silverstone seine Runden drehen kann.
»Hallo«, sagt er, ohne sich umzudrehen. »Setzen Sie sich. Es dauert nicht mehr lange.«
Hm, er hört sich ganz freundlich an. Aber man muß sich ja
auch nicht wie ein Arschloch benehmen, um jemanden zu feuern. Er wird mich voller Güte fertigmachen, mich zärtlich kaltstellen, mir zuckersüß meinen Rausschmiß verkünden.
Er drückt die Control-S-Taste. Die Tastatur klickt befriedigt, als er sich ausloggt, dann schwenkt er auf seinem Stuhl herum, um mich anzusehen.
Er lächelt wieder.
Das ist viel irritierender, als wenn er ernst aussehen würde.
Als er sich zu mir umgedreht hat, traf mich dieses strahlende Lächeln wie der Lichtkegel eines Leuchtturms. Mit hoher Wattleistung glitt es über mein Gesicht und schickte geradewegs einen Schauer durch meinen ganzen Körper.
Das ist eine völlig neue Erfahrung für mich. So neu, daß ich einige Minuten brauche, um zu erkennen, was ich eigentlich fühle.
Begierde. Schlicht und einfach eine ungezügelte, kribbelnde, brennende Begierde.
O Himmel, ein weiteres Problem in meinem Leben.
Ich stehe immer noch auf den Kerl.
Ich habe eine Höllenangst, und ich bin so lüstern wie nie. Eine höchst seltsame Kombination. Man fühlt sich etwa so wie beim ersten verbotenen Joint: Man hat lähmende Angst vor den Konsequenzen, aber nach den ersten paar Zügen schwebt man auf einer Welle der sexuellen Erregung.
»Alex.«
Ich antworte irgendwas in der Art von »Mmmh?«
Glücklicherweise platzt Sandra in diesem Moment mit dem Kaffee herein. Das gibt mir kurz Gelegenheit, die Fassung wiederzuerlangen. Er wartet, bis sie das Zimmer verlassen hat, bevor er weiterspricht. »Tut mir leid, daß wir noch keine Zeit hatten, uns mal zu treffen...«
Wir hatten noch keine Zeit, uns zu treffen! Ich verschlucke mich fast an meinem Kaffee. Und was war im Priory ? Jetzt kommt’s gleich: Das war der mieseste Sex, den er je hatte, und
nun hat er Angst davor, es mir zu sagen, falls ich eine Neuauflage fordere.
Jake spricht mit mir. Ich versuche, mich wieder auf seine Worte zu konzentrieren, statt auf meine Gedanken.
»... Ihre Arbeit im Reiseressort ist großartig. Ich mag Ihren Stil. Sie schreiben sehr gut«, sagt er. »Die Orte, die wir vorstellen, könnten allerdings ein wenig aufregender sein.«
Aufregender! Er nimmt mich doch wohl hoch, oder? Mir sinkt das Herz. Er macht sich über mich lustig.
»Es ist ja gut und
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