Wachsam
Geschäftsreisen nach Paris bekannt ist, kauft er mit seinem letzten Reisescheck einen billigen, aber ordentlichen Regenmantel, der die fragwürdige Verfassung seines Anzugs kaschiert. Am Empfang, wo seine Rückkehr kommentarlos zur Kenntnis genommen wird, nimmt er Besitz von einigen nicht weiter wichtigen Geschäftsbriefen und erkundigt sich ganz nebenbei nach seinem Partner und Zimmergenossen, Monsieur (man beachte bitte den Namen) nicht Maclean, sondern Shamus.
Die Auskunft bringt keine Erleuchtung.
Monsieur Shamus kam gestern abend ins Hotel und holte seine Post ab. Ja, es war sehr viel Post da; natürlich. Monsieur Shamus ist schließlich eine sehr hochgestellte Persönlichkeit. Worauf Monsieur Shamus auf sein Zimmer ging und einen zweistündigen Telefonanruf nach London tätigte, der Manager hoffte, die Gebühren würden durch eine gesonderte und womöglich sofortige Zahlung beglichen werden, denn seines Wissens sei Monsieur Cassidy beauftragt, die Rechnungen seines Vorgesetzten zu erledigen. Auf diese Forderung ging der listige Verhandlungspartner bereitwillig ein, unter der Bedingung, daß ihm der Gebührenzettel vorgelegt werde. Der Zettel trug eine Telefonnummer in Temple Bar, die der bekannte Geheimagent Burgess heimlich auf der Rückseite der Rechnung notierte, später jedoch verlor. Er fuhr in Flahertys Lift hinauf, eilte stracks zum Liebesnest und setzte seine Suche nach dem verschollenen Autor fort.
Er befindet sich am Ort des Verbrechens. Das Zimmer ist in Unordnung. Cassidys Kleiderschrank ist durchstöbert worden, und die besten Stücke sind verschwunden.
Cassidy, nun sichtlich weniger um Shamus besorgt, wendet seine Aufmerksamkeit anderen Hinweisen zu. Shamus hatte auf seinem Bett gelegen, wohl um das Vierzig-Pfund-Gespräch zu führen. Drei getippte Mitteilungen der Hoteltelefonistin liefern identische Informationen: Ein Monsieur Dale habe angerufen, Shamus solle zurückrufen. Auf der Daunendecke mehrere Postkarten an Shamus, geschrieben und aufgegeben vom Empfänger vor dessen Abreise aus London und abwechselnd mit Keats, Scardanelli und Perseus unterzeichnet, mit allen guten Wünschen für einen erholsamen Aufenthalt und dem Ausdruck der Freude über seine wohlbeglaubigte Existenz. Diese Karten enthalten Aufstellungen von Örtlichkeiten, die er besuchen solle, dazu Einzelheiten über Flüsse, Öffentliche Brunnen und die letzten Ruhestätten großer verstorbener Schriftsteller. Eine der Karten warnte ihn ausdrücklich vor sexuellen Ausschweifungen; eine andere, von Helen, mahnte ihn, eine terrine mitzubringen, und teilte ihm den Namen eines berühmten Delikatessengeschäftes mit.
Des weiteren auf dem Schauplatz der Entführung: ein Band (in deutscher Sprache) von Schillers Über Naive und Sentimentalische Dichtung , ein Essay von Flaherty über das Thema moderner Häresien, worin insbesonderheit der Papst und Erzbischof Ramsey genannt werden; eine Paperbackausgabe, betitelt Fliegende Untertassen als Feindgeschosse (mit 16 Seiten Fotografien und der unabhängigen Laboranalyse von UFO-Teilen), und ein Büchlein über Mystische Praktiken, niedergeschrieben von Meister Aethesius vom Planeten Venus, zur Erhaltung von Gesundheit und Wohlbefinden. Ferner: ein Band der Gedichte John Donnes, viel benutzt.
Ferner eine leere Whiskyflasche, Glen Grant 1953, von Berry Brothers and Rudd.
Cassidy ließ seine Suche nach Shamus für eine Weile ruhen und tätigte seinerseits mehrere Telefonanrufe, zumeist geschäftlicher Natur, einen an ein Fleuropgeschäft mit der Bitte, Blumen an Sandra zu schicken, einen an seine Bank mit der Bitte um eine weitere Geldanweisung. Wie es schien, war die Geschäftswelt während seiner Abwesenheit doch nicht aus den Fugen gegangen. Die Messeaufträge waren ansehnlich, wenn auch nicht überwältigend; McKechnies Frau war erzürnt nach Hause gereist. Indem er geschickt Bloburg gegen Lemming ausspielte und Fauls gegen Meale, erweckte Cassidy den Eindruck, als sähe er jedem von ihnen zu sehr auf die Finger, um sich um den anderen zu kümmern. Kurz vor dem Lunch und nachdem er gebadet, sich rasiert und einen großen Teller Eier gegessen hatte, fuhr er in der Tat mit einem Wagen zur Messe und schritt mit dem Ausdruck ernster Besorgnis seine Reihen ab. »Es ist lebenswichtig«, sagte er zu Meale. »Wichtiger, als Sie sich in diesem Stadium vorstellen können.«
Nachdem er an Hugo und Mark kostspielige Geschenke abgeschickt hatte, entsann er sich eines scherzhaften
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