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Wachsam

Wachsam

Titel: Wachsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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«
    »Doch. Natürlich gibt’s in London Theater. Massenhaft. Ich gehe allerdings nicht oft hin.«
    Wiederum antwortete sie zunächst nicht. Schritte kamen die Treppe heraus, gingen jedoch, ohne anzuhalten, vorüber, und es fehlte ihnen Shamus Munterkeit. Elise klappte den Paß zu, stellte das Bügeleisen hochkant und faltete die Decke auf dem Tisch, dann ging sie langsam im Zimmer herum, sammelte die gebrauchten Gläser ein und leerte die Aschenbecher.
    » Tu veux vraiment sortir , Burgess? « fragte sie vom Waschbecken her.
    »Ich möchte Ihnen eine Freude machen«, sagte er. »Sie sollen einen schönen Abend verleben. Ich bin ganz ungefährlich, Ehrenwort.«
    » Bon «, sagte sie und lächelte abwesend, als gehe sein Wunsch sie nichts mehr an. » Bon , c’est comme vous voulez .«
     
    Dear Lover , schrieb er , Du bist ein ekelhafter Scheißkerl . Elise nimmt mich mit ins Körbchen . Gegen halb elf zurück . Und legte den Zettel neben den frisch gebügelten Reisepaß.
     
    Als er ihr an der Tür in den Mantel half, küßte Elise ihn. Zuerst war es ein Kinderkuß, Mark unter dem Mistelzweig. Dann zog ihre Zunge wie ein winziger Malpinsel die Linie zwischen seinen Lippen nach, fuhr hinauf zu den Lidern.
    »Wir können zu Allard gehen«, sagte er und trat vor ihr in den Korridor. Es war ein Lokal, das Bloburg empfohlen hatte.
    » Burgess …« Sie hatte ihm die Hand auf den Arm gelegt.
    » Oui? «
    » Je n’ai pas faim .«
    Cassidy lachte. »Macht nichts«, sagte er. »Bis wir hinkommen, werden Sie schon hungrig sein.« Und hinterließ am Empfang einen weiteren Zettel, praktisch ein Duplikat, doch diesmal schloß er mit ›Love‹.
     
    Bei Allard bot er ihr eine Reise nach London an, wo sie das Hotelfach erlernen könne, worin, wie er sagte, sein Vater ungemein einflußreich sei. Elise war sehr dankbar, lehnte jedoch ab: Ihre Mutter, sagte sie, verbiete ihr, allein zu reisen. Danach sprachen sie nur wenig. Elise aß schneller als Cassidy, und als sie fertig war, bat sie um ein Taxi, das Cassidy im voraus bezahlte.
    Sie wäre gern länger geblieben, erklärte sie ihm, aber sie müsse auf ihre Eltern Rücksicht nehmen.
     
    Und doch, irgendwo in einem weißen Haus in Paris, in einem Dachgeschoß hoch über den warmen Straßen und einem Hof, der widerhallte von den Gewehrsalven der Teppichklopfer, in einer Stadt, die vibrierte vom Impuls der Liebe, in einem breiten Messingbett mit einer Daunendecke, die der Mond weiß wusch, irgendwo zwischen Abend- und Morgendämmerung, in jener Stunde, die nach großer Anstrengung der tiefen Müdigkeit vorangeht, endlich allein in der inneren Welt seiner romantischen Träume, lag Cassidy in Elisens Armen.
     
    Sie kam durchs Fenster zu ihm, in langen Schritten ihrer bloßen Beine, beleuchtet vom gestreiften Mondlicht, das durch die Jalousien fiel, sie stand neben seinem Bett und flüsterte Burgess . Ihr Körper erstand wie eine weiße Kerze aus den abgefallenen Kleidern, die winzigen Brustwarzen waren rosa Flecken auf dem Wachs. Burgess , bist du da? Ja, Elise. Burgess tu es tellement gentil : Willst du mich wirklich heiraten? Ja, Elise. Warum bist du angekleidet , Burgess? Ich wollte mich auf die Suche nach dir machen, Elise. Ich wollte durch die Straßen laufen, bis ich dich gefunden hätte, dann mit dir nach Sacré-Cœur gehen, wo die hohe Geistlichkeit darauf wartet, die Zeremonie zu vollziehen. Alles sehr vernünftig . Aber woher sollen wir Geld nehmen? Ich habe zwanzigtausend Franc in der Banque Fédérale an den Champs Elysées beiseite gelegt. Ich habe es illegal bewerkstelligt, indem ich fiktive Zahlungen für französische Bauteile leistete. Burgess , hauchte sie.
    Ernst entkleidete sie ihn, lockerte zuerst seine Krawatte und hob sie in einer weiten Schlaufe über seine Ohren, um die Seide nicht zu zerknittern. Burgess , mon artiste , mein Erfinder , mein Kind , mein Mann , mein Versorger , gibt es einen , der so reich ist wie du? Nein, sagte Cassidy. Doch was das beste ist, es hat meiner Redlichkeit nicht Abbruch getan. Das stimmt , sagte Elise. Du bist von großer Natürlichkeit . Manchmal mußte sie während des Auskleidens innehalten und ihn nach ihrer Laune zurechtlegen, seinen Kopf an ihre Brüste pressen oder in ihren Schoß, seine Wange in das seidige geruchlose Haar zwischen ihren langen geschlossenen Schenkeln, ihn im Mondlicht ausstellen wie eine geliebte Skulptur, seine Proportionen unsichtbaren Freundinnen rühmen, ihn lieb und männlich nennen, freundlich,

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