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Wachsam

Wachsam

Titel: Wachsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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darüber sprechen, diesem Hundsfott. Im allgemeinen war er im Angriff besser als in der Verteidigung. Seine Stöße hatten eine wilde, regellose Brillanz, die den Ball häufig weit über die Umzäunung hinwegtrug und einmal sogar in den Fluß, wofür er einen Preis forderte, einen nachmittäglichen Meinungsaustausch mit Helen. Als Torhüter neigte er dazu, sich auf eine Art Nervenkrieg zu verlegen, zu dem schrilles japanisches Schlachtengeschrei und viele exotische Obszönitäten über Cassidys Spießernatur gehörten.
    An dem betreffenden Tag war Shamus als Stürmer an der Reihe. Er trug den Ball ganz nah vor die Toröffnung, grub ein Loch, legte den Ball hinein und schritt dann langsam rückwärts, um zu einem selbstgewährten Freistoß anzusetzen. Da der Ball nicht mehr als wenige Meter von ihm entfernt war und die Richtung von Shamus’ Anlaufweg direkt auf Cassidys Kopf zu zielen schien, entschloß Cassidy sich zu einem Entlastungsangriff, der ihm ohne Schwierigkeiten gelang, indem er den Ball auf die andere Seite des Platzes beförderte, wo er von einem alten Mann abgefangen und zurückgeschlagen wurde. Ehe Cassidy es sich versah, hatte Shamus ihm einen kräftigen Hieb auf die Nase versetzt, ein warmer Blutstrom lief ihm über den Mund, und seine Augen tränten heftig »Aber es ist das Spiel «, protestierte Cassidy und tupfte sich das Blut ab. »So wird’s gespielt, Himmelarschundzwirn!«
    »Kauf dir deinen eigenen Scheißball!« brüllte Shamus ihn wütend an. »Und laß deine Scheißpfoten von dem meinen. Du Hurenficker.«
    »Auf keine Spielregeln«, sagte Helen, als sie wieder im ›Wasserklo‹ waren, und beobachtete die beiden ruhig über ihren Talisker hinweg.
    »Auf meine Spielregeln«, sagte Shamus ungerührt.
    »Dann sag mir wenigstens, wie sie lauten«, sagte Cassidy, dem noch immer das Gesicht weh tat.
    »Es ist das Buch«, versicherte Helen ihm, als er fortging. »Es ist bald soweit. Wenn es dem Ende zugeht, ist er immer so.«
    »Ich finde dich absolut wundervoll «, sagte Sandra mit vor Erregung glänzenden Augen, als sie an jenem Abend die Wunde versorgte. »Du hast ihn doch nicht schwer verletzt?«
    »Und wenn schon«, erwiderte Cassidy gereizt. »Wenn sie harte Politik wollen, von mir können Sie’s haben.«
     
    Am nächsten Tag waren Helen und Shamus verschwunden.

26
    Wieder das Warten.
    Während seines Besuches in Birmingham, wo er mit der dortigen Liberalen Partei Fragen des Gemeinsamen Marktes diskutierte, führte Cassidy eine von griechischen Sonnen gereifte Angie Mawdray zum Dinner nach Soho.
    »Wissen Sie, was ich von einer Frau verlange?« fragte er sie. »Aus dem vollen leben.«
    »Mensch!« sagte Angie. »Wie?«
    »Nie sich entschuldigen, nichts bereuen. Trinken, was das Leben spendet« – sie hatten reichlich Retsina getrunken, Angies Lieblingswein – »nehmen, was immer sich bietet, nicht nach dem Preis fragen.«
    »Warum tun Sie’s dann nicht?« fragte sie sanft.
     
    »Ich möchte teilen«, eröffnete er Heather Ast bei Quaglino am folgenden Abend, einem Dienstag, als er über Hull aus Birmingham zurückkam. »Umsorgen, umsorgt werden? Ja «, gab er zu, »aber niemals … von meinem Zweitmagen leben wie eine Kuh. Ein paar Einblicke ins Unendliche, mehr verlange ich nicht. Dann will ich zufrieden sterben. Sie wissen, was die Italiener sagen: Ein Tag als Löwe ist mehr wert als das ganze Leben einer Maus.«
    »Arme Sandra«, sagte Ast nur. »Das würde sie nie verstehen.«
    »Tugend«, beharrte Cassidy. »Die einzige Tugend, die einzige Freiheit, das einzige Leben. Der Wunsch als Rechtfertigung. Für alles.«
    »O Aldo«, sagte Ast und berührte sehnsüchtig seine Hand. »Es ist eine lange Reise, eine so lange einsame Reise.«
     
    »Die gewöhnlichen Stunden reichen nicht aus«, erklärte Cassidy am Mittwoch Sandra, während sie von einem späten Dinner durch leere Straßen nach Hause fuhren. »Das ›Hinlängliche‹ hängt mir zum Hals heraus. Es hängt mir zum Hals heraus, das Übliche als Entschuldigungsgrund für Gelangweiltwerden zu akzeptieren.«
    »Du meinst, du langweilst dich mit mir«, sagte Sandra.
    »Herrgott, natürlich nicht!«
    »Fluche nicht«, sagte sie.
    »Er hat es nicht bös gemeint, Darling«, sagte ihre Mutter vom Rücksitz her. »Alle Männer fluchen.«
    »Was bist du denn auf einmal so unleidlich?« murmelte Snaps, als sie, ladys first , in ihr Schlafzimmer hinaufging. »Du führst dich auf wie ein hitziges Hundevieh.«
     
    »Wir sind wieder da«,

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