Wachsam
über dich, Lover.«
»Gottes Segen über dich«, sagte Cassidy.
Trotz allem konnte er nicht umhin zu wünschen, daß Shamus einen Smoking angezogen hätte. Er hatte ihn sogar tags zuvor beiseite genommen und angeboten, ihm einen zu kaufen, aber Shamus hatte abgelehnt.
»Muß die Uniform tragen, Lover«, beharrte er. »Kann das Regiment nicht im Stich lassen.«
Die Uniform war der Leichenfrack und ein verschwenderisch geschnittenes Schmetterlingsjabot aus irgend etwas Altem, vielleicht dem Gürtel eines alten schwarzen Kleides von Helen. Er trug sie schweigend, Gewehr bei Fuß.
Die Last der Unterhaltung fiel daher Helen und Cassidy zu; sie trugen sie mit Würde. Helen, die Oliven herumreichte und den stets achtsamen Kellnern zulächelte, plauderte brillant über das Theater.
»Ich meine, wie kann es leben? Wie viele Leute verstehen Pinter; wie viele? «
»Ich nicht«, sagte Cassidy kühn. »Ich geh’ rein, ich setz’ mich hin, ich warte, daß der Vorhang aufgeht und denke bloß: Lieber Gott, ob ich wohl mitkommen werde?«
»Wenn sie nur verständlicher sein wollten«, klagte Helen – alles nur, um Hall und Sal einzubeziehen– »ich meine, Shakespeare hat zu den Massen gesprochen, warum können sie’s nicht? Und schließlich, seien wir doch ehrlich, gehören wir alle zu den Massen, was die Kunst betrifft. Ich meine, wenn etwas gut sein soll, so muß es Universalität besitzen. Warum also können sie nicht, nun, universal sein?«
»Zum Beispiel Moon «, sagte Cassidy. » Moon war universal.«
Da es auf diesen Schleichpfaden nicht gelang, Shamus oder ihre Ehrengäste ins Gespräch zu ziehen, wechselte Helen klug das Thema.
»Erzählen Sie uns von Ihrem größten Kampf«, sagte sie beim Räucherlachs zu Hall. »Über den Kampf, an den sich Ihr Publikum Ihrer Meinung nach am besten erinnern sollte.«
»Ja, also«, sagte Hall. »Ich weiß nicht.«
»Wie er Sals Höschen auf die Bretter schickte«, schlug Shamus vor. Und zum Weinkellner, dessen Aufmerksamkeiten ihn schon seit einer Weile ärgerten: »Stellen Sie einfach jedem eine Flasche hin und scheren Sie sich zum Teufel.«
»Auf Hall und Sal«, sagte Helen schnell und hob ihr Sektglas.
»Auf Hall und Sal«, sagten sie.
»Shamus, trink auf Sal.«
Gehorsam leerte Shamus sein Glas. Die Kapelle spielte etwas Flottes, um den Abend anzuwärmen.
»Ist er in Ordnung«, fragte Cassidy, als Hall sie gerade nicht hörte.
»Dale hat angerufen«, sagte Helen.
»Du lieber Gott. Doch nicht wegen der Überarbeitung?«
»Sie ist noch immer nicht vulgär genug.«
»Ich hasse diesen Menschen«, sagte Cassidy. »Ich hasse ihn aufrichtig.«
»Lieber Cassidy. Sie sind so loyal.«
»Und was ist mit Ihnen , um Gottes willen?«
Shamus und Sal tanzten. Sal tanzte sehr aufrecht, so, wie die Leute auf Schiffen tanzen, weit von ihm weg, und sie beobachtete die anderen Leute, als wollte sie es ihnen nachtun. Shamus hingegen zeigte eine Art Ausdruckstanz eigener Schöpfung. Nachdem er sich in die Mitte des Parketts geschoben hatte, machte er sich daran, seine Position auszubauen, indem er eine Anzahl weiter wölfischer Kreisbahnen zog, während Sal geduldig auf seine Rückkehr wartete.
»Er hat seinen Grund-und-Boden-Anfall«, erklärte Helen. »Er sehnt sich nach Land. Einmal hat er ein Feld drunten in Dorset gekauft. Wenn es ihm schlechtging, fuhren wir hin und marschierten darüber.«
»Was ist daraus geworden?«
»Ich weiß nicht.« Die Frage schien sie zu verwirren, denn sie runzelte die Stirn und blickte zur Seite. »Wird wohl noch da sein.«
Cassidy wartete, er wußte, daß es noch nicht alles war. »Es war eine Hütte darauf. Wir wollten sie ausbauen. Weiter nichts.«
»Helen.«
»Ja.«
»Möchten Sie nicht das Chalet benutzen? Dort meine Gäste sein? Sie würden mir eine Freude bereiten.«
Ihr Lächeln war so müde.
»Hören Sie«, fuhr er fort, »ich leihe ihm das Reisegeld, er kann es ja von der Stockfisch-Schreibe zurückzahlen, wenn er seinen Scheck bekommt …«
»Alles schon verpfändet«, sagte sie. »Alles schon ausgegeben.«
»Helen, bitte . Es würde Ihnen so guttun. Die Berge würden Ihnen sehr gefallen.«
Die Musik hatte aufgehört, doch Sal und Shamus standen noch eng umschlungen unterm Scheinwerferlicht. Sal leistete weder Widerstand noch einen eigenen Beitrag, Shamus küßte ihren Nacken in einem langen weidenden Kuß, der die Aufmerksamkeit der Kapelle gefangennahm und Cassidy an die Suche nach Mrs. Oedipus erinnerte.
»Sal
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