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Wachsam

Wachsam

Titel: Wachsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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«
    »Helen.«
    »Cassidy, bitte … «
    Also gingen sie eines Nachmittags, während Shamus noch immer an der Arbeit saß, wieder einmal zu Fortnum, wo es, in gewissem Sinne, begonnen hatte. Die Wahl war lächerlich, denn an ihr bekam alles sofort Chic.
    » Sie müssen entscheiden, Cassidy, Sie kaufen es schließlich.«
    »Das Weiße«, sagte Cassidy prompt, »mit dem Rückenausschnitt.«
    »Aber Cassidy, es kostet ein –.«
    » Bitte «, sagte Cassidy ungeduldig.
    »Das hat mir auch am besten gefallen «, sagte Helen.
    Von Picadilly aus gingen sie zum Savoy , wählten einen Tisch für fünf Personen und bestellten einen Spezialkuchen mit ›Willkommen Hall‹ in Zuckerglasur darauf, einen Königskuchen, weil Helen sagte, Königskuchen halte sich, was nicht gegessen werde, könnten sie mit nach Hause nehmen. Als sie wieder im Taxi saßen, wurde Helen plötzlich sehr ernst. »Shamus darf es nicht erfahren«, sagte sie, »im ganzen Leben nicht. Ehrenwort, Cassidy?«
    »Was nicht erfahren?«
    »Heute nachmittag. Das Kleid. Alles, was wir gemacht haben, den Spaß, den es uns gemacht hat, wie wir lachten, und wie gut Sie zu mir waren. Ehrenwort!«
    »Du lieber Gott«, protestierte er, »wir, das sind doch wir drei , das ist unsere Freundschaft. Sie hätten beide dabeisein können oder nur Shamus und ich oder …«
    »Trotzdem«, sagte Helen; und Cassidy beugte sich ihrer höheren Einsicht und gab sein Ehrenwort.
    »Aber wie wollen Sie das Kleid erklären?«
    Helen lachte. »Mein Gott, glauben Sie etwa, er führt Buch?«
    »Natürlich nicht«, sagte Cassidy und schämte sich seiner eigenen Gewöhnlichkeit.

27
    Plötzlich war Freitag, und sie fuhren im Bentley zum Eingang auf der Flußseite. Die Nacht war so warm wie in Paris; brennende Kerzen warteten auf dem Tisch; das Ufer war mit weißen Edelsteinen behängt, die sich bleich im steifen schwarzen Wasser spiegelten.
    »Sieh nur, Shamus«, hauchte Cassidy ihm ins Ohr. »Erinnerst du dich?«
    »Miiau«, sagte Shamus.
     
    Keine Erfüllung, so sagt man, komme der Erregung der Vorfreude gleich; doch als Cassidy seinen Platz an Helens linker Seite einnahm, übrigens den besten Platz, um die Blumen zu bewundern, die er ihr am Vormittag geschickt, und das Parfüm, das er ihr tags zuvor gekauft hatte, um mit brüderlicher Ehrerbietung die lange Neigung ihres Halses und die zarte Schwellung ihrer weißen Brüste zu bewundern; um nach einer geringfügigen Kopfwendung das scharfe und schöne Profil seines geliebten Shamus zu bewundern, erfüllte ihn wieder jene unirdische Freude, jene erlesene, obzwar notwendig kurzlebige Ekstase, die seit Haverdown zum Zweck und gelegentlich zum Lohn all seines Strebens geworden war. Das ist der Augenblick, dachte er; jetzt ist alles hier beisammen, unter dem gleichen Zauber vereint, das war’s, was in Paris gefehlt hat. Sal schien ungern gekommen zu sein. Sie hielt sich dicht an Hall und zitterte, während sie aß. Ihre Wahl war auf Blaßgrün gefallen und auf einen Silberring am kleinen Finger. Wenn jemand außer Hall sie anredete, faßte sie an den Ring und drehte ihn beschwörend, aber er brachte ihr nicht viel Glück.
    »Na, Sal. Wollen Sie nicht auf Hall trinken?« fragte Cassidy, der mit den einfachen Leuten umzugehen wußte, in scherzendem Ton. Sie zuckte die Achseln und trank ihrem Macker zu; aber sie hob die Augen nicht.
    Hall indes betete sie an. Er saß voll Besitzerstolz neben ihr, hielt Messer und Gabel wie die Griffe des Trainingsfahrrades und lächelte, sooft er sie ansah. Der Smoking störte ihn nicht. Hall war Boxer; er war ein Boxer im Gefängnis gewesen, jetzt war er ein Boxer im Smoking; nur ein winziges Zwinkern in jedem halbverdeckten Auge deutete an, daß er zur Zeit außer Dienst war.
    »Alles in Ordnung, Hall?«
    Aus einer geballten Faust schoß der gelenklose Daumen hoch.
    »Alles in Ordnung, Boy«, sagte Hall und blinzelte.
    Für Shamus war der Abend keinen Augenblick zu früh gekommen. Die Anspannung wegen der bevorstehenden Abreise, der Unterbrechung, und sei es auch nur für ein paar Wochen, seiner Arbeit am Roman, hatte seine Stimmung wieder einmal stark beeinträchtigt. Sein Benehmen war zwar gutartig, aber gespannt und abgelenkt; Halls Entlassung interessierte ihn, nun, da sie stattgefunden hatte, überhaupt nicht mehr. Er fing Cassidys Blick ab und starrte ihn ausdruckslos an, ehe er sein Glas hob.
    »Famose Party, Lover«, murmelte er mit plötzlichem liebevollem Lächeln. »Küßchen, Küßchen. Gottes Segen

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