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Wachsam

Wachsam

Titel: Wachsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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fing leichten Äthergeruch ein. »Denken Sie daran, Sie sind unser Freund und unser Patient«, fügte sie hinzu.
    John Elderman verpaßte ihm einen männlichen Händedruck.
    »Glückliche Reise, Aldo. Übertreiben Sie’s nicht. Wir bewundern Sie.«
    Als er sich von Shamus verabschieden wollte, schien Cassidy plötzlich etwas einzufallen.
    »Du liebes bißchen«, sagte er wie ein Junge. »Sekunde noch.« Und schoß an ihnen vorüber ins Haus.
     
    Hugos Zimmer war sehr kalt. Er faßte an den Heizkörper. Angestellt, aber eisig. Muß sich Luft in der Leitung gestaut haben. Seine Spielsachen waren aufgeräumt; nur ein roter Anorak, die Segelmode dieser Saison, hing wie ein Puppenmantel auf dem bunten Bügel.
     
    Marks Zimmer war mit ausgeschnittenen Illustriertenbildern tapeziert, zumeist Reklamen. Das größte war ein Ausfaltfoto einer Großfamilie, die in die Kamera lächelte, während sie Angelzeug in einen Range-Rover luden. So würde er sich uns wünschen, dachte Cassidy beim Anblick der gebräunten, sorglosen Züge des Vaters. Mr. und Mrs. Britain, Aufbruch zum Wassersport.
    »Etwas verloren?« fragte Shamus von der Tür her und bot ihm sein Whiskyglas an. Er war sehr entspannt. Die Pistole hing, geknickt wie ein abgeschossenes Gewehr, müßig über seinen Unterarm, und er hatte sich die Puderquaste hinters Ohr gesteckt wie eine Hawaiiblume.
    »Ja, meine Uhr. Sie muß im Bad sein.« Er gab das leere Glas zurück.
    »Lover.«
    »Ja.«
    »Hör mal, äh … Ich weiß, du wirst ihr den Lebensstil bieten wollen, den du gewohnt bist. Aber laß sie, äh … laß sie nicht an zuviel Geld ran. Du weißt es.«
    Sie suchten in beiden Badezimmern, aber die Uhr war in keinem.
    »Und äh … wegen der anderen Sache.«
    »Welche andere Sache?«
    »Die andere Sache, du weißt schon.« Er schob das Becken vor. »Was wir in Paris getan haben, du weißt doch. Nimm dich vor ihr in acht. Sie wird alles tun, um schwanger zu werden, rein alles. Einmal hatten wir in unserer Wohnung in Durham die Handwerker. Sie hat die ganze Bande durchexerziert, einfach so auf Verdacht. Tünchner, Stukkateure, Maurer, alle.«
    Sie gingen wieder zur Haustür.
    »Aber geschlagen hast du mich trotzdem nicht, oder?«
    »Was wirst du machen?« fragte Cassidy nach ziemlich langem Schweigen. »Jetzt.«
    »Mich besaufen. Mit den Elderberries einen heben.«
    »Beeil dich!« rief Helen. »Um Himmels willen, wir verpassen den Zug.«
    »Sie werden ihn nicht mehr ändern«, hörten sie Beth Elderman sagen. »Er war schon immer ein Schussel, und wird’s immer bleiben. Er hat Sandra verrückt gemacht,«
    »Deshalb ist Mark so verkorkst«, sagte das größte Mädchen.
    »Famose Leute«, sagte Shamus. »Mag sie alle. Ehrlich, aufrichtig. Könnte sogar ›Hosenknopf‹ mit ihnen spielen. Es den Kindern beibringen.«
    »Und das neue Buch macht sich?«
    »Fertig«, sagte Shamus ausdruckslos. »Es handelt nämlich von dir. Und von der Unsterblichkeit. Das ewige Überleben Aldo Cassidys.«
    »Ich freue mich, daß ich das Material liefern konnte.«
    »Ich freue mich, daß ich es geliefert habe.«
    » Cassidy «, rief Helen sehr ärgerlich.
    »Muß jetzt gehen«, sagte Cassidy und übernahm Helens Argument, »oder wir verpassen den Zug.«
    »Braver Junge. Sei tapfer.«
    »Auf Wiedersehen.«
    »Tschüs’chen, tschüs’chen«, sagte Shamus mit seiner Bubistimme. »Schönsten Gruß an den Bentley. Äh, Lover.«
    »Ja.«
    »Nicht, daß du den Zug verpaßt, aber erklär uns noch eines, ja? Diese Kellnerin drunten im Bahnhofsbüfett, die üppige.«
    »Maria«, sagte Cassidy automatisch.
    »Sag uns, ist sie zu haben, weißt du es? Ich hatte gestern das entschiedene Gefühl, daß sie in meiner Hand gefummelt hat, als ich ihr den Kaffee bezahlte?«
    »Nun ja, es heißt, sie sei ein bißchen scharf.«
    »Wieviel?«
    »Fünfzig Franken. Vielleicht mehr.«
    Shamus hatte bereits die Hand ausgestreckt.
    »Für die Zeit, wenn ich mich allein behelfen muß. Ich werde ein bißchen Zerstreuung nötig haben.« Cassidy gab ihm hundert. »Vielen Dank, danke sehr. Zahl dir’s zurück, Lover. Ehrenwort.«
    »Schon in Ordnung.«
    »Und – äh – was das Hauptthema anlangt.«
    »Welches?« fragte Cassidy und dachte keinesfalls an den Zug, den er keinesfalls versäumen wolle, aber keinesfalls . Das Hauptthema Gott vielleicht? Vereinigung der Seelen? Keats, der Tod, nehmen und nicht geben? Papierdrachen, Schiller, oder die gelbe Gefahr in der Kinderwagenbranche? Oder vielleicht etwas mehr

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