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Wachsam

Wachsam

Titel: Wachsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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in der Anstalt?«
    Sandra, die Ehefrau Aldos (von Cassidys General Fastenings) , ist kein Blitzmädchen. Der Schall braucht länger, bis er sie erreicht, besonders übers Telefon.
    »Alles in Ordnung. Wo bist du?«
    »Nur in der Kneipe. Wird Heather durchhalten?«
    Es kann natürlich auch umgekehrt sein: Daß ihre Stimme länger braucht, um die Entfernung zu durchlaufen. Daß sie mir bereits geantwortet hat, aber die Wörter stecken noch im Draht. Tut mir leid , Söhr , die Leitung M4 ist überlastet . Wollen Sie’s später versuchen? Daß zu viele Ehemänner sich bei zu vielen Ehefrauen zu verbilligtem Tarif entschuldigen, kurz vor Sperrstunde. Oder daß eine Atombombe abgeworfen wurde, nie unmöglich; nichts wie heim und die Kinder erschießen. Als Gegenschlag haben die Russen …
    »Mit wem?« fragt plötzlich die Hörmuschel.
    Sie hat den militärischen Instinkt ihres Vaters für einsilbige Wörter geerbt. Montgomerys fünf Grundfragen, wer, was, wann, wo, wie? Und weiß Gott , die Jungens verehrten ihn.
    »Gemeinderat«, sagte Cassidy. Der Gemeinderat ist bei mir , in Ganzperücke , Pelz und Kette , wir haben dem Rattenfänger gerade einen Fünf-Jahres-Vertrag gegeben . »Der Gemeinderat, die Leute, die den Ort verwalten. Großartige Burschen, würden dir gefallen. Wir sind erst vor einer Stunde fertig geworden.«
    Geflügelte Worte, sie fliegen, aber sie kommen nicht an. Er führt noch größeren Enthusiasmus ins Gefecht.
    »Hör zu, es trifft sich alles fabelhaft. Das Ding ist absolut zentral gelegen, man muß sehr wenig planieren, und die Jungens vom Gemeinderat haben mir versprochen, sobald wir die ersten zwanzigtausend anbringen, rücken sie mit der Brücke heraus. Gratis. Sie glauben wirklich daran, ich bin überrascht.«
    Schweigen. Glaubt sie mir? Um Christi willen, Sandra, hier ist unser Berührungspunkt, was macht es schon aus, ob es wahr ist oder nicht? Sag ja , bewundere die Leistung, was ist denn los zum Teufel?
    »Einer ist dabei, ein Bauunternehmer, Baumaschinen und so weiter. Er wird das Gelände gratis nivellieren und uns einen Kostenvoranschlag für den Bau der Umkleideräume machen.«
    »Sie ziehen wirklich großartig mit.« Nicht so Sandra. Sandra wurde getrennt. Sandra wurde taub. Ihre Mutter hat mich auf einen Nebenanschluß umgelegt.
    »Sandra?«
    Im Lokal spielt die Musikbox eine gedämpfte Weise. In der Hörmuschel bellt ein Rassehund. Sandra hat mehrere Hunde, alle groß, mit klassischem Stammbaum. Ermutigt durch dieses Lebenszeichen reißt Cassidy sich zusammen.
    »Sie haben mir sogar eine Zeichnung gezeigt, mein Herz … nun, ziemlich ungefähr, weißt du. Übern Daumen natürlich, aber großartig, wirklich. Genau das richtige für Kinder. Eine Kinderbrücke.«
    »Halt den Mund, Mummy«, sagte Sandra. »Entschuldige, es war Mummy, sie regt sich auf wegen der Hunde.«
    »Sandra, freust du dich nicht?«
    »Worüber?«
    »Über die Brücke. Den Spielplatz, um Gottes willen … Hallo? «
    »Schrei nicht so.«
    »Sprechen Sie noch?« erkundigte sich die Vermittlung.
    » War Hugo bei dem Spezialisten? « fragte Cassidy plötzlich. In seinem Ärger stürzt er sich auf einen strittigen Punkt.
    Ein Rascheln in der Hörmuschel. Ihr Ungedulds-Seufzer klingt nicht so scharf wie ihr Frustrations-Seufzer. Der Ungedulds-Seufzer beginnt mit einem feuchten Schnalzen am Gaumen, und dann folgt der Entschluß, nicht zu atmen, es ist wie ein Hungerstreik, nur daß nicht die Nahrung verweigert wird, sondern die Luft.
    »Nur weil jemand sich eine Praxis in Harley Street leisten kann«, beginnt sie schrill, doch mit großer Emphase zugunsten der Rechtlosen, »nur weil es Leute gibt, die willens sind, zwanzig Guineas zu zahlen, damit sie nicht lang warten müssen, heißt das noch nicht , daß ein Spezialist einen Deut besser ist als ein ganz gewöhnlicher praktischer Arzt, der nicht auf Geld aus ist.«
    »Du hast ihn also nicht hingebracht?« sagte Cassidy. Die Befragte hat sich selber das Urteil gesprochen.
    »Piaster, Piaster«, sagte Shamus.
    Er stand unter der Tür, hatte eine braune Schirmmütze auf und trug einen Beo auf einem Finger. Er lehnte am Türrahmen, hatte ein Bein unter das schwarze Jackett hochgezogen und behauptete, Long John Silver zu sein. »Piaster, Piaster«, sagte er dem Vogel vor.
    »Sperrstunde«, rief der Wirt aus dem Lokal und läutete eine Schiffsglocke, dong dong.
    »Gute Nacht«, sagte Cassidy ins Telefon.
    »Ist das alles, was du zu sagen hast?« fragte Sandra. »Dann war der

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