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Wachsam

Wachsam

Titel: Wachsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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Stelle tun, Alter.«
    »Flaherty ist Gott«, sagte Cassidy mit heroischer Bekennergebärde. »Flaherty regiert die Welt. Ein Mann ist das, wofür er sich hält.«
    Und warf Ast seine Knopflochblume zu.

13
    Auch das Kinderzimmer war voller Blumen: Er schlief häufig unter ihnen, wenn er wegen schlechter Führung ausquartiert wurde. Schlappe blaue Blumen in verschiedenen Pastelltönen. Marks Bett war sehr schmal, nur eine Matratze, die auf dem Linoleum lag und mit einer weichen Wolldecke umhüllt war: mönchisch, dachte er gern, fördert düstere Gedanken.
    Marks Spielkiste war verschlossen, und darin verwahrte Cassidy alle seine Paperbacks, Wege zur heimlichen Fortbildung. Einige handelten vom alten Griechenland, einige vom deutschen Oberkommando; ein paar vermittelten Kenntnisse, deren Erwerb er sich für die Zukunft vorgenommen hatte. Wie werde ich Segler. Wie koche ich für eine Person. Wie pflege ich meinen Wagen selber. Wie führe ich eine ideale Ehe. Wohl verschanzt zwischen den engen Wällen des Betts, die Decke hochgezogen, wählte Cassidy The Prophet von Kahlil Gibran und schlug die Stelle über die Liebe auf.
    »Daddy«, sagte Hugo schläfrig aus seiner Koje.
    »Ja.«
    »Daddy.«
    » Ja , Hug.«
    »Wenn Mummy von hier fortgeht, gehe ich dann mit dir oder mit ihr?«
    Eine sehr praktische Frage.
    »Niemand geht von hier fort.«
    Von droben hörten sie, wie sie Tantchen Snaps in Newcastle anrief und ihr das Fahrgeld nach London anbot.
    › Gut so ‹, dachte er, › hol dir nur Verstärkung .‹
    »Daddy.«
    »Ja.«
    »Spiel jetzt Shane.«
    Cassidy sprach mit seiner Wildwest-Stimme: »Ich bin hier der Sheriff, und die Jungs da sind meine Gehilfen.«
    Unsinn , sagte Sandra . Er hat nicht einmal von dem Mann gehört . Und ganz bestimmt nichts von ihm gelesen . Er könnte es gar nicht , er ist viel zu faul , um ein Buch zu lesen … Unsinn , er ist nicht überanstrengt . Seine Parasiten sorgen dafür , daß der Laden läuft , ich sorge dafür , daß der Haushalt läuft , und sooft er Lust hat wegzulaufen , erfindet er irgendeine alberne Lüge über seine Wohltätigkeitsprojekte . Er hat es nur gesagt , um Heather zu kränken , und Beth und Mary und … Natürlich haßt er die Frauen , er kann nichts dafür , es liegt an seiner Erziehung , das ist mir durchaus klar , nun ja .
    »Daddy.«
    »Ja, Hug.«
    »Du hast aber von ihm gehört, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Ehrenwort?«
    »Ehrenwort.«
    »Ich hab’s gewußt. Gute Nacht, Dad.«
    »Gute Nacht, altes Haus.«
    »Dad.«
    »Ja, Hug.«
    »Spiel jetzt Sturrock.«
    Wiederum Western: »Okay, Sturrock, du dreckiger verlogener Yankee, mach daß du wegkommst von meiner Plantage.«
    »Peng«, sagte Hugo.
    »Peng«, sagte Cassidy.
    Das Telefon machte aufs neue ›ping‹.
    » John , es tut mir furchtbar leid «, sagte Sandra, » ich weiß wirklich nicht , was ich sagen soll …«
    Ja, auch die Wirklichkeit ist ein Problem. Nicht für dich natürlich. Für mich. Die Eldermans. Die Eldermans können mich. Wer hat ihnen sechstausend zinsfrei geborgt, damit sie ihre aufsässigen Mieter loswerden konnten? Wer hat ihnen letztes Jahr das Chalet überlassen, damit ihre widerliche Brut alles kurz und klein schlagen konnte? Wer –
    Kriegerische Schritte nähern sich.
    »Mummy kommt«, erklärte Hugo, stand auf und sammelte seine wenigen Habseligkeiten.
    Pogrom , dachte Cassidy und tauchte unter die Bettdecke.
    »Komm mit, Darling«, sagte Sandra, »dein Vater ist betrunken.« Und auf der Türschwelle, von der aus sie stets ihre Rückzugsgefechte lieferte: »Wie, in aller Welt , kannst du den Nerv haben und behaupten , du sorgtest dich um deine Kinder, wenn du nichts tust, als dich vor ihnen betrinken, fluchen und schmutzige Reden gegen Leute führen, die für sie Respektspersonen sind …« Sie hielt inne, der Ausbruch hatte sie erschöpft.
    »Los weiter«, feuerte Cassidy sie durch die Schottendecke an. »Es fehlt noch ein starkes Verbum. Was in diesem Hause fehlt, ist eine Portion Scheißgrammatik, los! Den Kindern ein Beispiel geben, los!«
    Sandra seufzte und zog die Tür wie einen Schild näher an sich heran.
    »Jetzt mußt du sagen, daß ich noch schlimmer bin als mein Vater«, soufflierte er.
    »Wenn sein Bein nicht heilt«, sagte sie schließlich, »dann ist es einzig deine Schuld.«
    »Nacht, Sturrock«, sagte Hugo.
    »Nacht, Shane«, sagte Cassidy herzlich.
    »Und morgen früh«, sagte Sandra, »verlasse ich dich.«
    Nach und nach fiel das Haus in Schlaf. Eine Treppe nach

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