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Wachsam

Wachsam

Titel: Wachsam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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dir etwas sagen. Ich bin ein warmer Bruder.« Dieses fantasievolle Porträt brachte ihn dazu, daß er eine ganze Weile vor sich hin kicherte, so daß Sandra außer sich vor Wut war.
    »Ich weiß es eben«, sagte er, als er endlich seine Fassung wiedererlangt hatte. »Halte immer einen Finger am Puls der Literatur.«
    » Ooh «, sagte Sandra mit geballten Fäusten.
    »Ich möchte noch Pudding«, sagte Prunella Elderman unerschütterlich.
    »Dann iß Hugos Teller leer«, plärrte Soundso Elderman vom sicheren Boden aus.
    »Er starb in Frankreich«, fuhr Ast mit der leisen zitternden Stimme einer Frau fort, die übermenschliche Geduld aufbringen muß, legte die irrende Hand fest auf den unordentlichen Tisch und hielt sie mit der anderen fest.
    »Und woran ist er gestorben?« fragte Cassidy mit deutlich nachsichtigem Lächeln. »Wie lautet die Diagnose, he, Johnny Boy?«
    »Bestimmt an Tb«, fauchte Ast. »Daran sterben sie doch alle.«
    »Miiau«, sagte Cassidy, und die Kinder fielen sogleich mit ein: »Miiau, miiau, miiau.«
    Asts prekäre Beherrschtheit hielt nicht lange an. Ihr von zielloser Intelligenz ausgemergeltes Gesicht unter dem Zelt blonden Haares verdüsterte sich plötzlich.
    »Sie haben überhaupt keine Ahnung , was diese Menschen durchmachen. Sie sind so verdammt reich, daß Sie sich gar nicht vorstellen können, was das bedeutet: in der Fremde sterben, ohne einen Penny … ohne ein anständiges Begräbnis, weil ein idiotischer katholischer Priester es verweigert … faulen in einem seichten Massengrab …«
    »Nein«, gab Cassidy aufgeräumt zu. »Es stimmt, diese Erfahrung ist mir fremd.« – »Trotzdem«, fuhr er fort und glitt in seinen verbindlichsten Sitzungszimmerton, »sind Sie leider im Irrtum. Meine Information ist unwiderleglich. Es mag stimmen, daß er für tot galt. Es ist auch möglich, daß er selber das Gerücht schürte. Der Grund ist einfach –«, er ließ die Runde eine Weile warten, »er wurde von den Verlegern zum Wahnsinn getrieben.« Aus einem Augenwinkel sah er das einst begehrte Gesicht Asts sich bewegen und dann stillhalten. »Die er als Ganeffs und Gerrard Crossers bezeichnet und als alles, was ihm sonst noch einfällt. Sie jagten ihn, bis er kaum noch klar denken konnte, geschweige denn schreiben. Er war ihre goldene Gans, und wie üblich versuchten sie, ihn umzubringen. Flucht war die einzige Antwort« – er goß sich wiederum Sauerampfer ein – »und Gott sei Dank hat er sie ergriffen, jawohl«, fügte er hinzu und leerte sein Glas. »Auf die Königin, Gott segne sie.« Nur Niesthals schlossen sich dem Toast an.
    »Auf die Königin«, murmelte der Alte. Sie tranken gesenkten Blicks, ein privates Abendmahl.
    Cassidy ließ seinen Blick angemessen verschwimmen und sah Soundso Eldermans dicke Finger sich um ihre Perlen schließen, die braun und schrumpelig waren wie Nüsse, und ihr Mann setzte den Marc de Bourgogne nieder. Im gleichen Augenblick begann Sandras Mutter über den Regen in Afrika zu sprechen, daß er in Mengen fiel, die man sich gar nicht vorstellen konnte, und doch nichts reinwusch.
    »Alle möglichen Gerüche scheinen mit herunterzukommen. Ich weiß nicht, warum.« Nur auf den Hügeln ging es einigermaßen, aber ihr Mann, der Brigadekommandeur, liebte keine Höhen. »Also war ich ganz allein mit ihr«, sagte sie. »Nur ein Kindermädchen und dieser gräßliche trunksüchtige Arzt, den der Commissioner heraufgeschickt hatte. Ich erinnere mich, daß er Hunde hielt, seine Ärmel waren immer voller ausgefallener Haare. Sie würden das nicht tun, nicht wahr, John? Sie war ein so komisches kleines Ding«, fügte sie hinzu, als niemand sprach. »Ganz rot und rabiat. Hugo war genauso, nicht wahr, Hug?«
    »Nein«, sagte Hugo.
    Sandra hatte offenbar beschlossen, daß es Zeit sei, Hugo zu Bett zu bringen. Sie packte ihn am Handgelenk und marschierte mit ihm zur Tür.
    »Geben Sie acht auf ihn«, riet John Elderman, während er sie in der schützenden Umarmung festhielt, die er allen betrübten Weiblichkeiten zuteil werden ließ, »er scheint ein bißchen überreizt zu sein.« Er sprach von Cassidy, nicht von Hugo. »Geben Sie ihm von Zeit zu Zeit ein wenig von Ihrem Valium, damit er zur Ruhe kommt. Das Trinken schadet ihm nicht.«
    »Knochenflicker«, sagte Cassidy, »hält sich für einen großen, mächtigen Messerspezialisten, ist aber bloß ein mieser kleiner Blutegel.«
    »Schlafen Sie sich aus«, sagte Elderman und lachte sportsmännisch. »Das würde ich an Ihrer

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