Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht
Tim stand laut lachend vor der Dusche.
»Tut mir echt leid«, prustete er, »aber ich dachte, du würdest zuerst den Haupthahn abdrehen.«
»Haupthahn. Natürlich«, erwiderte ich weniger gutgelaunt. Zu meiner Verteidigung hielt ich ihm den verkalkten Duschkopf hin. »Also, ich glaube, dein Duschkopf könnte mal etwas Essig vertragen.«
Doch Tim starrte mich weiter grinsend an, und erst jetzt wurde mir klar, dass ich mein altes weißes Schlaf-T-Shirt trug – ohne BH. Anders ausgedrückt, ich hielt Tim meine weiblichen Reize sozusagen direkt unter die Nase. Schnell schnappte ich mir ein Handtuch und wickelte mich darin ein. Diesmal war ich es, die sich krampfhaft am Handtuch festhielt. Dann drückte ich Tim den Duschkopf in die Hand und versuchte, das Badezimmer so würdevoll, wie es mit quietschenden Birkenstocks und tropfender Nase möglich war, zu verlassen.
»Tut mir leid, das mit dem Wasserhahn«, rief Tim mir kichernd hinterher. »Aber vielen Dank für die Reparatur. Sag mir Bescheid, wenn ich mich mal revanchieren kann.«
»Klar, kein Problem. Wenn mein Klo verstopft ist, werde ich mich vertrauensvoll an dich wenden.«
Und da waren sie wieder, meine drei Probleme. Weibliche Reize, blöde Sprüche und ein arroganter Nachbar, der viel zu gut aussah.
Aber damit nicht genug. Als ich über den Hausflur watschelte, wartete Tina ungeduldig vor meiner Tür.
»Wieso duschst du denn jetzt schon bei deinem Nachbarn?«
Ich ging wortlos an ihr vorbei.
»Und wieso ziehst du dabei deine Klamotten nicht aus?« 4
Wieso war Tina – und seit neuestem mein Nachbar – eigentlich immer nur dann anwesend, wenn ich gerade vereiste Haarsträhnen oder einen Telefonhörerabdruck im Gesicht hatte oder von oben bis unten durchnässt war? Wieso konnte ich ihnen nicht mal über den Weg laufen, wenn ich frisch geduscht, ausgeschlafen und komplett angezogen war? Mir klang Tinas Predigt über mein nicht vorhandenes Körperbewusstsein und meine negative Ausstrahlung im Allgemeinen schon in den Ohren.
»Özlem und ich haben uns ein paar Gedanken gemacht … «, begann sie stattdessen.
Auch das noch. Aus Angst vor weiteren Dreipunkteplänen hatte ich mich in letzter Zeit kaum bei ihnen gemeldet, und jetzt musste ich der Strafe wohl ins Auge sehen.
» … und haben deine Einweihungsparty geplant. Was hältst du von morgen?« Das war eine rein rhetorische Frage, das wusste ich. Tina und Özlem liebten es, Partys zu organisieren. Besonders, wenn sie sich über das Budget und die Location, wie Tina es nannte, keine Gedanken machen mussten und sie nicht Teil der Putzkolonne am nächsten Morgen waren. Übersetzt lautete Tinas Frage deswegen auch: Morgen steigt bei dir das absolute Mega-Event, sämtliche Partyservices sind in Alarmbereitschaft, der angesagteste DJ der Stadt legt bei dir auf, und wir haben mindestens fünfzig Leute eingeladen, von denen du keinen Einzigen kennst. Aber ich hatte keine Wahl.
»Das wird ganz easy, Schätzchen, keine Sorge. Özlem und ich haben alles organisiert. Du musst nur noch auf deiner eigenen Party erscheinen. Und das dürfte dir doch wohl nicht schwerfallen, da du diese Wohnung seit Wochen sowieso nicht mehr verlässt, oder? Aber tu mir einen Gefallen, lauf morgen bitte nicht in dieser geschmacklosen Depri-Montur herum. Zieh doch mal wieder deinen geilen kurzen Rock an, den wir zusammen besorgt haben. Glaub mir, seit Bo Derek sind weiße T-Shirts im Wet-Look out, und man trägt heutzutage auch wieder BHs. Also, alles klar, wir kommen dann morgen etwas früher und suchen was Schickes für dich aus. Jetzt muss ich mal schauen, wie die Mädels ohne mich im Laden zurechtkommen. Ciao, bis morgen.«
Das alles sagte sie, ohne Luft zu holen, während sich unter mir langsam eine große Pfütze bildete. Dann machte sie, ohne meine Antwort abzuwarten, auf dem Absatz kehrt und ging. Ich schloss schnell die Tür hinter ihr und drehte den Schlüssel dreimal um, so als könnte ich mit diesem Zauber das Geschehene wieder rückgängig machen. Was waren schon drei Probleme, wenn man ein großes hatte – Tina.
SEX, LÜGEN
UND ANRUFBEANTWORTER
Am nächsten Morgen wurde ich um acht Uhr von dem Getränkelieferanten geweckt. Als der mit seiner Sackkarre immer wieder umkehrte, um noch mehr Bier, Wasser und Cola hochzuschleppen und diese zu einem immer größeren Turm auf meinem Balkon zu stapeln, begann ich langsam, die Ausmaße meiner Einweihungsparty zu erahnen. Meine Befürchtung wurde bestätigt, als es gegen
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