Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht

Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht

Titel: Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leipert Sabine
Vom Netzwerk:
wiedererkennbaren Frisur entgegenzuwirken. Und sie waren lang und durften allerhöchstens um drei Zentimeter gekürzt werden. Jeder kürzere Haarschnitt hätte mich an mein Kindheitstrauma erinnert, als meine Haare wie Kupferdrähte vom Kopf abstanden und ich von allen nur Pumuckl genannt wurde. Tina beneidete mich immer um meine Mähne, weil sie ihrzufolge in Männern trotz Emanzipation und Einbürgerung des weiblichen Bürstenhaarschnitts gewisse Urinstinkte weckte. Das mochte meinetwegen stimmen, erleichterte mein Verhältnis zu meinen Haaren aber auch nicht gerade. Außerdem mied ich Friseure, weil mich die Gegenwart von Leuten, die ihr Aussehen bewusst verändern konnten und daraus sogar ihren Beruf gemacht hatten, irgendwie einschüchterte. Ich war, was mein Äußeres anging, relativ unbedarft, wenn es sich nicht gerade um rote Telefonhörerabdrücke im Gesicht handelte. Es war nicht so, dass mir mein Aussehen egal war. Ich wusste nur nicht, wie ich es großartig verändern konnte. Das fing beim Gesicht an und hörte bei den Fußnägeln auf. Ich hatte dunkelbraune Augen und wusste nicht, ob ich nun rosa-grauen, entsprechend meiner Augenfarbe braunen oder vielleicht silbernen Lidschatten benutzen musste, um das Braun besser hervortreten oder geheimnisvoller erscheinen zu lassen oder einfach nur geschminkt auszusehen. Im Grunde waren meine Augen so dunkel, dass es so aussah, als hätte ich nur zwei riesige Pupillen. Also ließ ich das Schminken lieber ganz.
    Nicht weniger einfallslos war ich, was Kleidung betraf. Ich war froh, wenn ich zu meiner Jeans ein passendes T-Shirt fand, in dem meine doch recht große Oberweite nicht wie zwei Luftballons hervorstach. Trotzdem träumte auch ich manchmal davon, dass sich mein Leben von Grund auf ändern würde, wenn ich mir erst mal eine komplett neue Garderobe zugelegt hätte. So ließ ich mich regelmäßig von Tina zum Shoppen überreden und stand jedesmal erwartungsvoll vor ellenlangen Reihen eleganter Zweiteiler, die mich zu einer neuen selbstbewussten und vor allem erwachsenen Powerfrau machen sollten, die im Zeitalter der Gleichberechtigung Familie, Beruf und Liebesleben spielerisch unter einen Hut bekam. Aber sobald ich eins dieser Designer-Outfits, die Tina unermüdlich für mich heraussuchte, angezogen und mich im Spiegel in meinen Augen lächerlich gemacht hatte, stürmte ich in den nächsten Jeans-Laden, kaufte mir eine blaue 501 und holte mir dazu ein Dreierpack T-Shirts bei C&A.
    So auch diesmal. Nachdem ich Henning bereits erlaubt hatte, meine Haare auf mittlere Länge zu kürzen, verließ mich beim Kleiderkauf der Mut. Özlem und Tina gaben sich zwar besonders viel Mühe, aber zu mehr als Jinglers statt Levis und T-Shirts von The Gap anstatt von C&A konnte ich mich nicht durchringen.
    Dennoch waren Tina, Özlem und ich mit unserem ersten Dreipunkteplan zufrieden. Er hatte meinem Leben zwar noch keine komplett neue Richtung gegeben, aber wenigstens besaß ich jetzt eine neue Jeans und eine Karte für das allererste Fußballspiel meines Lebens.

DREI
PROBLEME
    Obwohl ich erst seit drei Wochen arbeitslos war, hatte ich meinen Tagesablauf schnell dieser schwierigen Phase angepasst. Den Vormittag verbrachte ich meistens in der Bettdecke eingekuschelt auf dem Sofa und schaute meinen Lieblingssender QVC, um von muskelbepackten, verschwitzten Männern über die neuesten Ganzkörpertrainer aufgeklärt zu werden. Mein absoluter Favorit war früher der Vibrationsgürtel, den man um den Bauch oder um das Bein oder sonstige Körperteile schnallen konnte, an denen man gerne abnehmen wollte, und der die Muskeln allein durch die Vibrationen trainierte. Man konnte ihn zu Hause oder bei der Arbeit oder sogar abends beim Ausgehen tragen, wie mir eine superschlanke Frau mit schlechter Synchronstimme versicherte, und nahm ab, ohne sich zu bewegen. Ich hatte den Gürtel damals zur Probe bestellt, denn das Angebot, ohne schweißtreibendes Training meiner Problemzone Bauch Herr zu werden, war einfach zu verlockend gewesen. Aber nachdem mich bei der Arbeit mehrere Leute gefragt hatten, ob ich schwanger sei, hatte ich den Gürtel mit einem Beschwerdeschreiben zurückgeschickt.
    Nach der dritten Wiederholung eines Steppers mit erweiterter Armmuskelaufbaufunktion und der vierten Tasse Kaffee quälte ich mich dann in der Regel vom Sofa und drehte eine planlose Runde durch die Wohnung, aber nur, um mich davon zu überzeugen, dass ich nichts weiter zu tun hatte, als auf die mageren

Weitere Kostenlose Bücher