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Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht

Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht

Titel: Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leipert Sabine
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kündigen musste. Seltsam. Mir waren gestern Abend alle möglichen Gedanken durch den Kopf gegangen, über mein verkorkstes Leben und über Tina, die Heiraten für einen Wohltätigkeitszweck hielt, über Franks Heiratsantrag, die Beinahe-Affäre mit Tim und seine plötzliche Feindseligkeit, einfach über alles. Es war ein regelrechtes Feuerwerk an Gedanken gewesen, aber keiner hatte darauf hingedeutet, dass ich heute kündigen musste. Es war, als hätte ein externer Computer gestern Abend meine Gedanken eingelesen, die Daten über Nacht analysiert und pünktlich zum Frühstück die Formel für die Lösung sämtlicher Probleme ausgespuckt: K_ü_n_d_i_g_u_n_g.
    Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr Sinn ergab eine Kündigung. Es war im Grunde ganz einfach: Franks Verlobung mit seiner Praktikantin und ihr plötzliches Auftauchen im Büro waren ein Zeichen gewesen. Diese Demütigung vor meiner eigenen Vorgängerin und Nachfolgerin sollte mir klarmachen, wie weit ich mich von meinen Idealen entfernt hatte. Ich wollte einmal Titelstorys schreiben, den aktuellsten Lebensmittelskandal aufdecken, über den neuesten Tarifstreit im öffentlichen Dienst berichten. Stattdessen schrieb ich täglich zwölf mal drei kleine Zeilen über Arbeit, Liebe und Gesundheit, die sich in regelmäßigen Abständen wiederholten. Ich mochte mir noch so oft unerwartete Angebote, sich öffnende Horizonte und neue Perspektiven in mein Horoskop schreiben, es gab sie einfach nicht, und es würde sie auch nicht geben. Ich war der Arsch vom Dienst, das Mädchen für alles, und wenn wir in der Kantine nicht einen Kaffeeautomaten gehabt hätten, wäre ich auch noch fürs Kaffeekochen abgestellt worden.
    Ich musste kündigen, und ich musste es jetzt gleich tun, bevor mich der Mut verließ. Ich sprang aus dem Bett, zog mich in Sekundenschnelle an und gönnte mir ein Taxi zur Arbeit. Ich eilte durch die Kantine, ohne mir einen Kaffee zu nehmen, ich ging, ohne zu grüßen, an meinen verdutzten Kollegen vorbei, ich ignorierte Mary, und ich ließ mich auch von Klosenbergs Sekretärin nicht aufhalten, um mich auf gar keinen Fall von meinem Plan abbringen zu lassen.
    Klosenberg begrüßte mich freundlich und war auch gar nicht überrascht, mich zu sehen. Ich erwartete sowieso noch eine Standpauke, weil ich gestern keine Horoskope abgeliefert hatte. In sicherer Entfernung blieb ich stehen und ratterte meine im Taxi einstudierte Kündigung herunter: »Herr Klosenberg, ich habe Sie wirklich als Chef geschätzt und auch immer gerne hier gearbeitet, aber ich muss Ihnen leider sagen … «
    »Sehr gut, sehr gut. Dann haben Sie ja schon alles mit Herrn Schmalenbach besprochen.«
    »Mit Udo?«
    »Sie wissen sicher, dass der Vorschlag von ihm kam, und Sie haben selbstverständlich mein vollstes Verständnis und meine ganze Unterstützung, auch wenn ich ungern eine so tatkräftige Mitarbeiterin wie Sie verliere. Aber zum Glück bleiben Sie uns ja noch bis zum Jahresende erhalten. Ich bin überzeugt, dass Sie sich mit Herrn Schmalenbach ausgezeichnet verstehen werden, zumal Sie ja auch dieselbe Leidenschaft teilen.«
    »Leidenschaft?« Hatte da jemand etwa falsche Gerüchte in die Welt gesetzt?
    »Es freut mich immer besonders, wenn meine Mitarbeiter ihr Hobby zum Beruf machen können.«
    Was für ein Hobby?
    »So, Frau Schneider, ich muss jetzt leider gehen, ich habe noch einen Termin. Ich wünsche Ihnen natürlich auch im Namen Ihrer Kollegen weiterhin viel Erfolg, auch wenn wir nicht glücklich darüber sind, dass Sie uns so bald verlassen.«
    Diesen Schlusssatz hatte Klosenberg in meiner Probe auch immer gesagt, nur der Mittelteil wich von dem erwarteten Gesprächsverlauf deutlich ab, und das beunruhigte mich ein wenig. Herr Klosenberg gab mir die Hand. »Auf Wiedersehen, Frau Schneider. Oder kann ich noch etwas für Sie tun?«
    »Wie bitte? Äh, nein, das war eigentlich alles. Vielen Dank.« Ich verabschiedete mich schnell und machte mich auf die Suche nach Udo, um mir Klarheit darüber zu verschaffen, ob ich jetzt auch wirklich gekündigt hatte.
    Aber Udo war nirgendwo aufzufinden. Nicht in der Kantine, nicht in der Sportredaktion, und an seinem Schreibtisch saß ein kleiner, dunkelhaariger Mann mit einer viel zu großen Nase, an den ich mich schließlich in meiner Verzweiflung wandte: »Wo ist Udo?«
    »Sollten wir uns nicht erst mal vorstellen?« Er grinste mich frech an.
    »Nein, das lohnt sich jetzt nicht mehr. Ich muss dringend mit Udo sprechen!«
    »Na,

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