Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht
unterm Arm an mir vorbei aus dem Kiosk. Ich wollte hinterherrennen, aber Ecki hielt mich mit einem markerschütternden »HAAAALT« zurück. »Acht Euro für den Wein.«
»Acht? Hier haben sie sechs. Mehr hätte Tim auch nicht dafür bezahlen müssen.«
Ich schmiss ihm die Geldstücke um die Ohren und rannte Tim nach. Auf der zweiten Treppe hatte ich ihn eingeholt.
»Moment, Tim, so leicht kommst du diesmal nicht davon!« »Wieso ich?«
»Wieso? Na, du hast mir den ganzen Scheiß doch erst eingebrockt. Du musstest Ecki ja unbedingt nach seinem Horoskop fragen und mich ins offene Messer rennen lassen, und deswegen kannst du mir jetzt auch verdammt nochmal helfen!«
»Ach, ich soll dir bei deinem neuen Job helfen? War das etwa dein Plan?« Er grinste mich selbstgefällig an.
»Plan? Mein Plan? Ich hatte keinen Plan. Bis vor fünf Minuten war mein Plan, morgen in Udos Büro zu spazieren, sein wirklich sensationelles Angebot dankend abzulehnen, weil ich verdammt nochmal keinen blassen Schimmer habe, wovon wir im letzten halben Jahr jede einzelne Mittagspause gesprochen haben, und mein Leben glücklich und zufrieden als unterbezahlte Astrologin zu beenden. Das war mein Plan.«
»Und jetzt?«, fragte Tim interessiert.
Na, der hatte ja wirklich Nerven. »Jetzt habe ich den Vertrag so gut wie unterschrieben, und wenn in den nächsten Wochen kein Computerprogramm erfunden wird, das fertige Fußballartikel ausspuckt, wenn man das Ergebnis eintippt, wird das mein journalistisches Todesurteil. So sieht es jetzt aus, und deswegen musst du mir helfen.«
Tim überlegte eine Weile: »Ach, jetzt verstehe ich, was du willst. Ich soll einer deiner Ghostwriter werden, und du bezahlst mich dann dafür – auf deine klassische Art und Weise.«
Das hatte gesessen. Ich hätte ihn ohrfeigen können. Aber ich ging unverrichteter Dinge an Tim vorbei. Er kam mir hinterher.
»Karina, warte. So habe ich das nicht gemeint.«
»Doch, du hast es so gemeint«, antwortete ich, ohne mich umzudrehen, denn das Schlimmste war, dass ich seinen Anschuldigungen noch nicht mal etwas entgegenzusetzen hatte.
»Ist dir dieser Udo denn so wichtig?«, fragte er, und jeglicher Spott war mit einem Mal aus seiner Stimme verschwunden. Er sah mich nun fast sogar mitleidig an.
»Nein, der Job ist mir wichtig, schließlich ist das eine einmalige Chance, und ich habe einfach keine Lust mehr, ewig diese dämlichen Scheiß-Horoskope zu schreiben!« Ich unterstrich die letzten Wörter mit drei kräftigen Fußtritten gegen meine Wohnungstür, weil sie klemmte, aber auch, weil ich etwas brauchte, um meine Wut zu entladen, ohne gleich wegen versuchten Totschlags angeklagt zu werden.
Tim nahm mir den Schlüssel aus der Hand und schloss die Tür ohne Probleme auf: »Und wie soll ich dir nun helfen?«
Ich musste gestehen, dass ich mir darüber noch gar keine Gedanken gemacht hatte. »Na ja, ich dachte, du … , wir könnten … Ich hab keine Ahnung.« Ich schaute Tim eine Weile ratlos an, dann schüttelte ich den Kopf: »Vergiss es einfach. Das ist sowieso total verrückt. Ich werde Udo einfach die Wahrheit sagen.«
Ich wollte enttäuscht die Tür zuschlagen, aber Tim hatte seinen Fuß dazwischen gestellt: »Autsch.«
»Oh,’tschuldigung. Das wollte ich nicht. Auf jeden Fall nicht bewusst.«
»Macht nichts, wenn’s guttut. Also, wenn du es wirklich ernst meinst, erkläre ich dir meinetwegen ein bisschen was über Fußball, aber ich schreibe keine Artikel für dich.«
Ich sah ihn überrascht an. Auf die Idee war ich noch gar nicht gekommen, aber es hörte sich einigermaßen vernünftig an. Es war zumindest ein winziger Hoffnungsschimmer. »Du würdest mir wirklich helfen?«
Tim zuckte mit den Schultern: »Es bleibt mir wohl kaum etwas anderes übrig.«
»Weil du Angst hast, dass ich deinen anderen Fuß auch noch zerquetsche?«
»Nein, weil ich mich, Herrn Bräuer und den Rest der Menschheit von deinen Horoskopen befreien will.« Er lächelte mich an und wirkte mit einem Mal wieder unglaublich schüchtern. Ich wurde einfach nicht aus ihm schlau. Erst tat er alles, um mich bloßzustellen, und kaum hatte er mich in der Hand, machte er einen Rückzieher und bot mir sogar freiwillig seine Hilfe an. Wenn das seine Masche war, um Frauen aufzureißen, musste ich zugeben, dass er auf irgendeine merkwürdig verdrehte Art sogar Erfolg damit hatte. Nach unserem heftigen Streit verursachte sein plötzliches Friedensangebot bei mir auf jeden Fall ein unangebrachtes
Weitere Kostenlose Bücher