Wächter der Macht 04 - Exil
nicht war. Die rechte Hälfte der Lichtung wurde von einem steingesäumten, natürlich wirkenden Teich dominiert, in den sich Wasser aus einem angrenzenden Wasserfall ergoss. Daneben war ein Schreibtisch, der offenbar aus schwarzem Stein bestand. Als der Tisch in Sicht kam, nahm der Mann, der dahinter saß - jung und blasshäutig -, seine Eidechsenlederstiefel von der Platte und setzte sich in einer normaleren Haltung hin. Sein Overall, wenn auch scheinbar aus
Stoff, hatte dieselbe Farbe und Textur wie seine Stiefel. »Willkommen bei Lyster Innovations«, sagte er. »Kann ich dir helfen?«
»Was ist das alles?«, fragte Ben und deutete in die Runde.
»Firmenkultur.« Der Mann schenkte Ben ein großes, geübtes Lächeln, das mit seinen großen, geübten Worten einherging. »Eins der Dinge, die wir tun, ist, Unternehmen zu zeigen, wie sie durch die Umgebungsgestaltung ihre eigene kulturelle Identität etablieren und bewahren. Der Boden, die Wände und die Schmucksäulen hier in unserem Empfangsbereich bestehen aus unserem patentierten Chamäleon-Abdeckmaterial oder sind damit überzogen, was ein Maximum an Dekorationsvielseitigkeit erlaubt. Kurz gesagt, kann ich so im Handumdrehen eine neue Atmosphäre schaffen, eine neue Arbeitsumgebung. Dekor. Reinheit.«
Er hatte das letzte Wort kaum zu Ende gebracht, als eine Veränderung die Kammer durchlief. Die Bäume richteten sich auf, wurden senkrechter, absolut symmetrisch, ihre Äste falteten sich zusammen, um in ihren Seiten zu verschwinden. Der Boden flachte zu einer vollkommenen Ebene ab, und Ben, der um sein Gleichgewicht rang, konnte fühlen, wie er sich unter seinen Füßen verhärtete.
Die meisten Gegenstände vergingen zu weißer Gleichmäßigkeit, die Bäume wurden nichtssagend und glänzend. Selbst die Kleidung des Mannes wandelte sich von dem grünen Schuppenmuster zu reinem Weiß. Sein Schreibtisch wurde silbrig, und die Steinkante, die den Teich umgab, verwandelte sich in eine silbrige Sitzbank.
Jetzt konnte Ben die wahren Dimensionen des Raums ausmachen - für einen Empfangsbereich war die Kammer gewaltig, ungefähr zwanzig auf zwanzig Meter, doch sie schien sich nicht mehr ewig in jede Himmelsrichtung zu erstrecken. Silbrige Paneele an den Wänden - Türen, vermutete er -zeigten ihm, wo die Grenzen waren.
Der Mann musterte ihn eingehend, und Ben wusste auch ohne Zuhilfenahme der Macht, dass er wollte, dass Ben beeindruckt war. Er dürstet nach Lob, dachte Ben. Und Jacen sagt, wenn man den Leuten gibt, was sie wollen, sind sie meistens kooperativer.
»Wow«, sagte Ben. »Ich meine, echt, wow.«
»In der Tat, wow.« Der Mann lächelte, offensichtlich zufrieden. »Also, suchst du nach jemand Bestimmtem?«
»Oh, ja.« Ben gab vor, sein Datenpad zu konsultieren. »Ich habe etwas für... ahm, Gilthor Breen.«
»Ich bin Gilthor Breen.«
Das weiß ich, dachte Ben. Dein Gesicht und dein Name stehen auf der Kommseite des Unternehmens. Und eine ziemlich lange Liste deiner Vorlieben und Abneigungen. »Dann ist das hier für Sie.« Er stellte die mit dem Band verzierte Schachtel auf die Tischplatte.
Gilthor sah Ben eingehend an, dann beäugte er die Schachtel mit demselben prüfenden Blick. Er zog am Ende der Schleife, um die Schachtel auszupacken, öffnete sie und schenkte Ben ein knappes unsicheres Lächeln, als er die Vielfalt der Pralinen darin sah. »Ahm. gibt's eine Karte dazu?«
Ben zog erneut sein Datenpad zurate. »Keine Karte. Sie hat bloß eine kurze Nachricht hinterlassen. >Zwei Tage<.«
»>Zwei Tage Sie? Wer ist sie? Wie ist ihr Name?«
Ben zuckte mit den Schultern. »Sie hat keinen genannt. Aber sie war sehr klein, mit langem schwarzem Haar und dunklen Augen. Und süß, wirklich süß.« Das war eine Beschreibung von Aliniaca Verr, einer momentan sehr angesagten jungen
Holodrama-Darstellerin. Sie stammte vom Planeten Balmorra, wie Gilthor selbst, und sie war seine Lieblingsschauspielerin, wie Ben auf Gilthors persönlicher Seite erfahren hatte. Ben hatte nicht vor, Gilthor davon zu überzeugen, dass seine Bewunderin Veer selbst war, aber es war plausibel, dass Gilthor, wenn er Verr bewunderte, ebenfalls an einer Frau interessiert sein würde, die wie sie aussah.
Offensichtlich lag er mit dieser Annahme richtig. Gilthor vibrierte praktisch in seinem Stuhl. »Zwei Tage«, sagte er. »Bis was passiert? Vielleicht meldet sie sich dann wieder. Das wird es sein.« Als ihm mit einem Mal bewusst wurde, dass Ben immer noch zugegen war, grub er in
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