Wächter der Macht 04 - Exil
gehindert, sich richtig zu konzentrieren, um den Mann zu beeinflussen. Oder vielleicht war Ben auch einfach nur zu schwach, wie sein Vater behauptete, und er hatte keine hinreichende Jedi-Ausbildung genossen. Oder möglicherweise hatte der Geschäftsinhaber einen zu starken Willen.
Es spielte keine Rolle. Ben widerstand dem Drang, seiner Frustration durch Aufstampfen mit dem Fuß Luft zu machen, als er das Cafe verließ.
Seine Pläne mussten einer neuerlichen Überarbeitung unterzogen werden. Bevor er sich an die Aufklärung machte, brauchte er was zu essen. Und er musste herausfinden, was mit dem Spezialkonto passiert war, das ihm für diese Mission eigentlich zur Verfügung stehen sollte.
Wie sich herausstellte, waren Bankautomaten keine Hilfe. Zweimal führte er seine Kreditkarte in den Schlitz und versuchte, auf sein Konto zuzugreifen, aber alles, was dabei herauskam, war ein kryptisches
KONTO NICHT GEFUNDEN
auf dem Bildschirm. Er versuchte, eine Nachricht an das Unternehmen zu schicken, doch selbst eine winzige Datenabfrage kostete Geld, wenn sie über eine Holokomm-Verbindung ging, und er hatte kein Geld, auf das er zurückgreifen konnte.
Nun, das musste sich ändern. Er musste, wie seine Mutter es so viele Male ausgedrückt hatte, Ressourcen akquirieren. Und in dieser Situation bedeutete das. zu stehlen.
Dieser Gedanke ließ ihn zögern. Zu stehlen war falsch. Gewiss, jeder in seiner Familie hatte irgendwann einmal Raumschiffe gekapert, aber das waren stets Notfälle gewesen. Keiner hatte gestohlen, um sich genügend Credits fürs Frühstück zu beschaffen.
Doch hier ging es nicht bloß um Credits fürs Frühstück. Er befand sich auf einer Mission, auf einer, von der er stolz war, dass man ihn dafür ausgewählt hatte, auf einer, die wichtig war und womöglich die Leben von Jedi und Mitgliedern der Garde rettete. Machte das das Ganze nicht zu einem Notfall?
Er gelangte zu dem Schluss, dass es das tat.
Er ließ sich über die Straße treiben, um neben den Eingangstüren des Crossroutes-Gebäudes stehen zu bleiben. Vielleicht zückte jemand seine Kreditkarte, dann würde Ben sehen, in welcher Tasche er sie trug, und er konnte dem Besitzer folgen.
Und dann was? Er verfügte nicht über die Fähigkeiten seiner Mutter. Er war nicht in der Lage, jemandem die Taschen zu leeren, ohne dass der etwas davon mitbekam. Er konnte seiner Zielperson in einen einsamen Gang oder in eine Gasse folgen, ihr eins über den Schädel ziehen - doch Bens bereits in Aufruhr befindlicher Magen rebellierte bei dieser Vorstellung. Mit einem Mal war er ein Straßenräuber, der in Erwägung zog, jemanden zu verletzten oder womöglich sogar zu töten, in dem Bemühen, sich etwas Taschen-Credits zu verschaffen.
Er schüttelte den Kopf. Jemandem für Credits fürs Frühstück eins über den Schädel zu ziehen, wäre ein Fehler, und er konnte es sich nicht erlauben, einen Fehler zu begehen.
Einen Moment später kam ihm die Lösung des Problems in den Sinn. Ein öffentlicher Beförderungs-Luftspeeder, rotgelb gestreift, sodass er sogar noch mehr auffiel, als er es durch die glühende Leuchtschrift FREI auf der Motorhaube ohnehin schon tat, setzte vor dem Gebäude zur Landung an, und der Fahrer hüpfte heraus, um den vorderen Kofferraum zu öffnen und Gepäck auszuladen. Der Fahrgast stieg aus und wartete auf dem Gehsteig, eine kleine Aktenmappe aus schwarzem Nerfleder-Imitat offen in den Händen. Und Ben sah, dass in vielen der unzähligen kleinen Taschen dieser Aktenmappe Kreditkarten steckten. Einige waren Kreditkarten von Bankinstituten von der Art, die eine Bestätigung durch die Bank benötigten, um auf Geldmittel zuzugreifen, doch andere waren mit Stanzmarkierungen versehen, die darauf hinwiesen, dass auf ihnen jeweils eine bestimmte Summe gespeichert war.
Ben wusste, was er zu tun hatte. Er ging näher heran.
Als der Fahrer fertig war und drei Gepäckstücke auf dem Gehsteig standen, reichte der Fahrgast ihm eine der Bankkarten. In diesem Moment schnippte Ben mit den Fingern und konzentrierte sich auf die Macht. Eine der anderen, weniger kostspieligen Karten löste sich aus der Aktenmappe und flatterte auf die Straße zu.
Ben näherte sich vorsichtig weiter und nagelte die Karte mit einer mentalen Kraftanstrengung auf dem Boden fest. Einen Moment später gab der Fahrer dem Passagier die andere Karte wieder zurück, stieg in das Pilotenabteil und fuhr beschleunigend davon. Der Fahrgast steckte seine Aktenmappe ein,
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