Wächter der Menschheit - Green, S: Wächter der Menschheit - The Man with the Golden Torc
eines Verdachts bezüglich seiner Person gegeben, hätte man den gefunden. Unvermittelt blickte ich mich um, denn der Waffenschmied hatte mir warnend in die Rippen gestoßen, und da war Alexandra Drood, die auf mich zugesteuert kam wie eine Rakete mit Infrarotsuchkopf.
»Was zum Teufel treibst du hier unten, Eddie?«
»Hallo, Alex!«, sagte ich unbeschwert. »Ich freue mich auch, dich wiederzusehen. Du siehst herrlich streng aus, aber das tust du ja immer. Besonders in bestimmten Träumen, die ich habe, in denen du in Leder in einem Kerker vorkommst ... Schau mich nicht so an! Ich bin hier, um etwas von der kleinen und tödlichen Sorte abzuholen, für meinen nächsten Auftrag. Was führt dich denn hier runter?«
Sie stellte sich breitbeinig vor mich, die Fäuste in die Hüften gestemmt. »Ich leite diesen Ort jetzt. Ich werde derzeit dafür ausgebildet, vom Waffenschmied zu übernehmen, wenn er in den Ruhestand tritt.«
Ich sah den Waffenschmied an. »Ruhestand? Du? Wirklich?«
Er zuckte unbehaglich mit den Schultern. »Irgendwann trifft es uns alle, Eddie. Ich werde nicht jünger, ungeachtet all meiner Experimente auf diesem Gebiet, und die Familie ist auf neue Ideen und neue Methoden aus der Waffenkammer genauso angewiesen wie auf neue Waffen. Vielleicht ist es Zeit für eine Veränderung. Zurzeit führe ich nur noch die Aufsicht. Papierkram, weißt du noch? Alexandra kümmert sich um das ganze tägliche Geschäft. Und macht das sehr gut.«
Es brachte tatsächlich ein ehrliches Lächeln für sie zuwege, welches sie ignorierte, denn ihr grimmiger Blick war auf mich geheftet. Ich betrachtete Alexandra nachdenklich. Sie war meine Cousine und im selben Alter wie ich. Wir hatten an vielen Unterrichtsstunden gemeinsam teilgenommen, und sie war immer der Liebling des Lehrers gewesen. Eine erstklassige Schülerin und die Erste, die einen das wissen ließ. Alexandra war groß und blond und mit einem Vorbau ausgestattet, von dem aus man Shakespeare geben konnte. Vom Scheitel bis zur Sohle das arische Ideal und doppelt so gruselig. Ihr Laborkittel war fast zu Tode gestärkt und blendend weiß. Sie war recht hübsch, aber auf eine gänzlich einschüchternde Weise, und erweckte immer den Eindruck, als wolle sie sich jeden Moment nach vorn stürzen und einen beißen. Und das nicht unbedingt auf liebenswerte Art. Sie funkelte mich mit mehr als ihrer üblichen Wildheit an, und instinktiv blickte ich mich nach etwas rohem Fleisch um, um es ihr zuzuwerfen. Sie rammte mir einen Zeigefinger in die Brust.
»Vorsicht, Liebling!«, sagte ich. »In manchen Kulturen bedeutet das, dass wir verlobt sind!«
»Ich bin nicht dein Liebling!«
»Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie wohl und sicher ich mich deshalb fühle, Alex!«
Sie atmete ein paarmal tief durch, um sich zu beruhigen, was sehr interessante Sachen mit ihrem Vorbau anstellte. Ich musste einen Moment lang wegschauen. Als Alexandra wieder sprach, war ihre Stimme eiskalt und beherrscht.
»Ich hatte schon gehört, dass du wieder da bist, Eddie. Ich weiß nicht, wie du die Unverfrorenheit aufbringst, deine Visage im Herrenhaus zu zeigen. Du hast der Familie den Rücken gekehrt, nach allem, was sie für dich getan hat!«
»Wegen allem, was sie für mich getan hat! Ich diene immer noch, aber auf meine eigene Weise.«
»Es kann nur eine Weise geben! Du hast das Vertrauen der Familie missbraucht; die alten Traditionen von Pflicht und Verantwortung. Du bist aus dem Herrenhaus weggelaufen. Weg von mir.«
»Ich wäre Stück für Stück gestorben, wenn ich geblieben wäre, Alex. Das weißt du.«
»Du hättest fortbleiben sollen! Für dich ist hier kein Platz mehr! Niemand in der Familie will dich hier haben. Niemand! Und jetzt schaff dich gefälligst aus meiner Waffenkammer, bevor ich dich von den Sicherheitsleuten rauswerfen lasse!«
»Ach, Alex; es tut gut zu sehen, dass Rang und Ansehen dich nicht reifer gemacht haben! Wie klappt's mit der Arbeit hier? In letzter Zeit noch ein paar weißen Mäusen die Köpfe abgebissen?«
»Es war nur die eine! Und es war ein völlig vernünftiges wissenschaftliches Experiment!«
»Aber sicher doch, Liebling. Trotzdem hast du wie ein kleines Mädchen geweint, als ich dir anschließend die ganzen Tollwutspritzen geben musste.«
Ich konnte nicht behaupten, dass es mich sonderlich überraschte zu erfahren, dass Alexandra zum neuen Waffenschmied ausgebildet wurde. Sie war schon immer ehrgeizig gewesen, nicht zu vergessen zielgerichtet auf
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