Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman
spektakulären Lightshow sprang Lachlan mit gestrafften Schultern auf Drusus zu, gerüstet zu einem letzten, mächtigen Schlag. Und Lachlan bekam seine Gelegenheit – allerdings nur durch ein Wunder: Fünf Lichtfinger aus dem Blitz trafen Drusus gleichzeitig. Sie brachten ihn ins Wanken, und er ging in die Knie. Sein Schwertarm fiel kraftlos herab. Lachlan machte einen Satz vorwärts, um Drusus den tödlichen Stoß zu versetzen – einen erbitterten und entschlossenen Hieb gegen den Hals des Dämons. Doch mitten in der Luft wurde auch Lachlan von einem Lichtblitz getroffen, der von der Felswand abgeprallt war und den Schild des Seelenwächters mit Wucht erschütterte. Der Blitz hätte seinen Schild zerschmettern und Lachlan aus dem Gleichgewicht bringen müssen, doch im selben Augenblick, als sein Schutzzauber zusammenzubrechen drohte, schien jemand von außerhalb der Grotte Lachlans Abwehr zu verstärken. Der Seelenwächter vollendete den Schwung, zu dem er ausgeholt hatte, und seine Klinge drang tief in den Hals des Dämons ein. Blut spritzte in alle Richtungen. Das
claidheamh mòr
leuchtete grün auf, und während Lachlans Herz triumphierend hämmerte, flutete eine Welle der Kraft seinen Arm hinauf.
Es war geglückt.
Lachlan packte das Reliquiar und zerriss die schwere goldene Kette mit einem einzigen heftigen Ruck und einem Siegesschrei, der von den Höhlenwänden widerhallte. Dann zog er sein Schwert aus dem Hals des Dämons und blickte in zwei grüne Augen, die im Schock weit aufgerissen waren.
»Stirb, du dreckiger Bastard.« Lachlans letzter Stoß zielte direkt auf Drusus’ Herz.
Doch er erreichte sein Ziel nicht. Selbst als das Blut in Strömen über die Lippen des Dämons quoll und auf den ledernen Panzer tropfte, vermochte Drusus, das Schwert zur Seite zu schlagen und wieder auf die Füße zu kommen. Das unheimliche Leuchten kehrte in seine Augen zurück. »Zu harmlos und zu spät«, knurrte er. Bei jedem Wort, das er ausspie, spritzten rote Tropfen auf den Boden. »Muss ich etwa annehmen, dass das alles ist, was du zu bieten hast, MacGregor?«
Vor Lachlans Augen begann die furchtbare Wunde zu heilen: Das Blut gerann, das Fleisch schloss sich, und die Haut wuchs wieder zusammen. Der kurze Augenblick, in dem Lachlan den Kampf zu seinen Gunsten hätte entscheiden können, war vorüber. Drusus schöpfte bereits neue Energie aus der nie versiegenden Quelle der Hölle. Doch Lachlan hatte noch ein letztes Ass im Ärmel. Die Höhle war instabil geworden, durch den Blitz war ein erheblicher Riss zwischen den Ebenen entstanden. Ein letzter gebündelter Zauber konnte diesen Riss erweitern und die gesamte Höhle zum Einsturz bringen. Niemand würde der Zerstörung entkommen – nicht er, nicht Drusus … und nicht die Seelen seiner Familie. Aber war das nicht einem Sieg des Dämons vorzuziehen?
»Lachlan!«
Gott, nein.
Der Seelenwächter erstarrte, als er Rachels Stimme erkannte. Ein perfides Lächeln kräuselte die dünnen Lippen des Verlockungsdämons. Gefahr strahlte in glutheißen Wellen von ihm aus. Das Verlangen, Lachlan und Rachel mit all den namenlosen Schrecken der Hölle zu bestrafen, leuchtete wie eine tödliche Verheißung in den Augen der elenden Kreatur auf.
Ohne darauf zu warten, dass sein Herzschlag wieder einsetzte, fuhr Lachlan auf dem Absatz herum und rannte auf den Eingang der Höhle zu.
Als sich Lachlan umdrehte und auf sie zustürmte, warf Rachel eine Handvoll Münzen in die Luft, murmelte den zweiten Zauber und stellte sich vor, wie die metallenen Geschosse Kurs auf Drusus nahmen. Rachel hatte gesehen, wie sich der Dämon von Lachlans fürchterlichem Schwerthieb erholt hatte, und hegte keine großen Hoffnungen, dass einige Metallstücke ihn aufhalten würden. Doch sie betete, dass die Ablenkung Lachlan genügend Zeit verschaffte, um zu ihr zu gelangen.
Und so war es. Statt einen Feuerball auf Lachlan abzuschießen, war Drusus damit beschäftigt, die Münzen abzublocken. Nur Millisekunden später tauchte Lachlan in den Tunneleingang ein. Als seine warmen Finger die ihren berührten, beruhigte sich Rachel, und sie bekam ihre Angst unter Kontrolle. Lachlan gönnte sich keine Pause, während er Rachel den Gang hinaufzog. Mit seiner gewaltigen Kraft riss er sie an seine Seite. Taschenlampe und Handtasche flogen durch die Luft, und die Silberkreuze schnitten in Rachels Haut ein, doch sie jammerte nicht. Schließlich ging es um Leben und Tod.
Als sich Rachel ziemlich sicher war,
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