Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman
Beeinflussung einer Person darin liegt, herauszufinden, was diese Person will, und es ihr dann zu geben beziehungsweise zu versprechen. Also: Was will dieser Fiesling?«
Nun, das Linnen zum Beispiel. Aber was Drusus’ Ziel bezüglich Emily betraf … »Das weiß ich noch nicht genau. Jedenfalls gehört es zu seinem Plan, ein vierzehnjähriges Mädchen zu verführen.«
»Wie bitte?«, sagte Brian erschrocken.
»Du hast richtig gehört. Ich werde ihn von dem Mädchen fernhalten müssen.«
»Nein«, erwiderte Brian und schüttelte nachdenklich den Kopf. »Du musst das Mädchen davon überzeugen, dass er ihrer Liebe nicht wert ist. Du musst ihr etwas Besseres anbieten als deinen Dämon.«
Lachlan hob fragend eine Augenbraue. Brian drehte sich um und fasste die sechs Seelenwächter ins Auge, die verschwitzt und mit roten Gesichtern die Übung machten. Er deutete auf einen schlanken, muskulösen jungen Mann am Fenster und sagte: »Du musst ihr
ihn
verkaufen.«
»Er ist ein Wächter.«
»Ja, aber für sie könnte er zum Traumprinz werden.«
Lachlan seufzte und fuhr sich mit der rauhen Hand übers Gesicht. »Dieses Mädchen will aber keinen Traumprinzen. Sie will einen aalglatten und berechnenden Dracula.«
Brian verkniff sich ein Lachen. »Ernsthaft?«
»Ernsthaft.«
»Dann werden wir ihr eben den geben.«
»Sie hat bereits einen.«
»Vielleicht«, sagte Brian mit listigem Lächeln, »aber unserer wird besser sein. Gehe ich recht in der Annahme, dass dieses Mädchen die Tochter des süßen Schnuckelchens ist, das ich neulich hier gesehen habe?«
»Ja, aber nenn sie nicht –«
»Und Mom hat unseren Verlockungsdämon gar nicht gern, richtig?«
»Ja.« Lachlan seufzte.
»Warum nicht?«
»Er ist acht Jahre älter und fährt Motorrad.«
»Hervorragend.« Brian winkte den jungen Seelenwächter am Fenster heran. »Carlos, Kumpel, komm doch mal für eine Sekunde her.«
Carlos durchquerte den Raum mit dem typischen Imponiergehabe eines jungen Mannes. Lachlan beobachtete ihn aufmerksam. Er war ein gutgebauter Hispanoamerikaner und hatte schwarzes langes Haar und eine Kobratätowierung am Handgelenk.
»Wie alt bist du?«, fragte Brian.
»Achtzehn.«
»Du bist erst seit einem Jahr Seelenwächter, nicht wahr? Meinst du, du könntest einen sechzehnjährigen Highschoolschüler spielen?«
Carlos zuckte die Achseln. »Klar.«
»Ein wenig Schminke, schwarze Klamotten« – Brian strahlte Lachlan an – »und da hast du ›etwas Besseres‹. Jünger, ohne Motorrad, böse, aber nicht zu böse. Ein charmanter Dracula, den sie nach Hause zum Essen einladen kann.«
»Das könnte funktionieren.«
»Komm schon.« Brian stieß Lachlan den Ellbogen in die Seite. »Gib’s zu, der Plan hat Hand und Fuß. Welches Risiko gehen wir schon ein, wenn wir es versuchen?«
»Aufzufliegen.«
»Mach dir darüber keine Sorgen. Ich weiß sehr gut, dass der Teufel oft im Detail steckt. Ich werde Carlos coachen.«
»Du bist das genaue Gegenteil eines jugendlichen Gothics«, erwiderte Lachlan. »Wie willst du Carlos vorbereiten?«
»Ich habe da so meine Quellen. Vertrau mir, wir schaffen das.«
Nachdenklich musterte Lachlan den jungen Seelenwächter. Der Bursche war jung und unerfahren, aber auch selbstbewusst und nicht einfach zu durchschauen. Ihn ins Spiel zu bringen, barg ein Risiko – aber wie groß war es? »Bist du sicher, dass du das machen willst, Carlos? Du riskierst nicht nur eine kurze Haftstrafe im Jugendknast, sondern deine vollkommene Auslöschung.«
Der Wächter zuckte die Achseln. »Früher habe ich jeden Tag mein Leben aufs Spiel gesetzt.«
»Und es verloren. Deshalb bist du schließlich hier.«
»Jetzt bin ich klüger.«
»Vielleicht, aber diesmal wird deine Seele zur Hölle fahren.«
»Mein fünfjähriger Bruder ist neben mir gestorben, Mann. Ich bin bereits in der Hölle.«
Lachlan hätte ihm entgegenhalten können, dass das nicht dasselbe war, doch der trostlose Ausdruck in Carlos’ Augen sagte ihm, dass es zwecklos sein würde. »Also gut. Donnere ihn ordentlich auf, Brian, und melde ihn an Emilys Schule an. Ich werde inzwischen versuchen, herauszubekommen, was der Dämon als Nächstes vorhat.« Als sich Brian bereits abwandte, um Carlos zu instruieren, packte ihn Lachlan noch einmal am Arm. »Aber spiel nicht den Helden« – er sah Carlos an – »keiner von euch beiden. Wenn Emily den geringsten Verdacht schöpft, zieht ihr euch zurück.«
»Darauf kannst du wetten.«
Lachlan nickte und
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