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Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman

Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman

Titel: Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette McCleave
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Steuer.« Lachlan musste sich zwingen, Blickkontakt zu halten. Alte Schuldgefühle wühlten in seinem Bauch. »Mein jüngerer Sohn hat zwei Tage lang mit dem Tod gerungen. Ich saß jede Nacht an seinem Bett und betete ununterbrochen. Ich hoffte, als es keine Hoffnung mehr gab. Als er starb, starb auch mein Glaube. Ich ging weiterhin zur Kirche, wie ich es immer getan hatte, aber in meinem Herzen glaubte ich nicht mehr an Gott. Ich sehe dieselbe Leere in Ihren Augen, Lachlan.« Anselm rang röchelnd nach Luft. Das Sprechen schien den letzten Rest seiner Kraft aufzuzehren. Er fiel noch mehr in sich zusammen. »Ich sehe mich.«
    Eine Träne stieg in Lachlans Auge. Er blinzelte und ließ sie laufen. »Und wie haben Sie Ihren Glauben wiedergefunden?«
    »In dieser Bibel. Mein Großvater hat Ereignisse aus seinem Leben, seine eigenen Sünden an den Seitenrändern notiert. Ich kannte ihn als Ehrenmann voller Großmut, aber dieser Mann war er nicht immer gewesen. Seine Notizen halfen mir … meine Schuld zu akzeptieren … und Gottes Plan zu verstehen. Diese Bibel hat mich gelehrt … mir selbst zu verzeihen.« Einen Augenblick lang war im Raum nur Anselms gurgelnder Atem zu hören. Dann schob er Lachlan das Buch hin. »Ich möchte, dass Sie sie nehmen.«
    »Ich? Aber –«
    »Nehmen Sie sie.«
    »Das kann ich nicht.«
    Mit einiger Mühe hob Anselm eine Hand und drückte Lachlans Arm. »Bitte!«
    Es blieb keine Zeit, um zu streiten. »Gut, wenn Sie darauf bestehen. Und nun ruhen Sie sich aus. Sie haben bereits genug für mich getan. Jetzt ist es an mir, mich um Sie zu kümmern.«
    Anselms Hand fiel auf die Decke in seinem Schoß. Der alte Mann lächelte schief. »Lernen Sie … sich selbst … zu verzeihen.« Seine Augen weiteten sich, während das letzte Wort mit einem kleinen Seufzen aus seinem Mund kam. Der tödliche Schlag traf ihn unvermittelt und verheerend. Das Gehirn erlag ihm sofort, Anselms Augen trübten sich. Nur Sekunden später hörte auch sein Herz auf zu schlagen und ließ die leere Hülle eines Mannes zurück, der seine letzten Minuten auf Erden in dem vergeblichen Versuch vergeudet hatte, Lachlan den Glauben zurückzugeben.
    Aber es war keine leere Hülle. Noch nicht. Lachlan legte die Hand auf die runzelige Haut, und seine Nase juckte heftig. Er musste wiederholt gegen das Kitzeln ankämpfen, während die Seele federleicht seinen Arm hinaufkroch und sich eine milde Wärme um sein Herz legte.
    Vor vierundsechzig Jahren hatte dieser Mann wie Lachlan einen Bruch in seinem Glauben erfahren und sich die Schuld am Verlust seiner Familie gegeben. Er hatte das Leben in der ganzen Trostlosigkeit gesehen, als Quelle von Dunkelheit, Leiden und Schmerz. Und doch hatte er gelernt, sich selbst zu vergeben. Er hatte dem Abgrund den Rücken gekehrt und war allmählich zu einem Mann geworden, der sich bedingungsloser in Gottes Hand gegeben hatte als je zuvor. Einem Mann, der entschlossen war, sich eines Platzes im Himmel als würdig zu erweisen. Einer, der ein ehrenvolles Ende verdiente.
    Lachlan stand auf. Er würde es keiner schmutzigen Horde von Dämonen erlauben, Anselm seines ewigen Friedens zu berauben, gleichgültig, wie viele aus den Eingeweiden der Erde gekrochen kamen. Eine derart reine Seele würde er Satan niemals überlassen. Zwar war sie nicht so wertvoll wie eine verderbte Seele, aber nichtsdestotrotz wertvoll.
    Lachlan ging ans Fenster. Dort blieb er stehen und sah über die Schulter zurück. Er machte noch einmal kehrt, bückte sich und hob die zerfledderte Bibel auf.
    Versprochen war versprochen.

[home]
14
    E m lag auf dem Bauch und ließ die Füße zu einem David-Bowie-Lied kreisen. Das Klingeln ihres Handys hörte sie nicht. Sie sah nur, wie das Display aufleuchtete und das Telefon auf dem schwarzen Bettzeug tanzte. Während sie die Kopfhörer aus den Ohren nahm, warf sie einen Blick auf die Nummer, erkannte, dass es nicht ihre Mutter war, und drückte auf den Knopf mit dem grünen Telefonsymbol. »Hi, Drew«, sagte sie leise.
    »Wie geht’s meiner Bella Swan heute Nachmittag?«
    Sie grinste und legte den Vampirroman aufgeschlagen aufs Bett. »Gut. Woher weißt du, dass ich gerade lese?«
    »Ich weiß alles über dich, Süße. Wie war das Treffen mit deiner Mutter und dem Priester gestern?«
    »Er ist ein Schwindler. Keine Schnittwunden, keine blauen Flecken, gar nichts.«
    »Ich hab’s dir ja gesagt.«
    »Ich weiß«, entgegnete sie. Em dachte an Drews flehenden Blick und wand sich in

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