Wächter der Seelen / Gefährlich wie ein Engel. Roman
gelassen hatte, nun auch sie im Stich lassen würde. »Ach, nichts.«
Der Regen hörte gegen Mittag auf. Die Sonne kam strahlend hervor, und bis halb drei waren nicht ein Fleck Nässe und nicht eine graue Wolke zurückgeblieben – außer in Lachlans Gedanken.
Zunächst wurde das tiefe, wummernde Geräusch vom steten Hämmern der Schuld in seinem Kopf übertönt, sodass er es gar nicht wahrnahm. Als das Röhren jedoch näherkam, drang es in Lachlans Bewusstsein, und er erkannte, dass es von einem Motorrad herrührte.
Er riss seinen Blick von den rot bemalten Türen des Schulgebäudes los und suchte mit rasendem Puls nach der Quelle des Geräuschs. Und tatsächlich fuhr ein silberglänzendes BMW -Motorrad an der Ostseite des Fußballfeldes in eine Parklücke. Der behelmte Fahrer war von Kopf bis Fuß in Leder gekleidet. Drusus.
Lachlan glitt aus dem Auto und drückte eine Kurzwahltaste auf seinem Handy. Als er ausstieg, entdeckte er zwei vertraute Gesichter an den Längsseiten des Rasenplatzes – die beiden Burschen vom Jahrmarkt, ganz ohne Zweifel ebenfalls Dämonen. »Ich bin an Emilys Schule«, sagte er, als Brian abhob. »Komm sofort hierher.«
»Warte«, entgegnete der andere Wächter schnaufend, bevor Lachlan auflegen konnte. »Carlos ist den ganzen Tag weder ans Telefon gegangen, noch hat er die Tür aufgemacht. Gerade versuche ich, in seine Wohnung einzubrechen.«
»Vergiss Carlos. Drusus ist hier – und er hat Freunde mitgebracht.«
»Mist.« Ein heftiger Schlag und das Geräusch splitternden Holzes waren zu hören. »Gib mir eine Minute, okay? Unten wartet ein Taxi auf mich. Ich komme. Mach nichts Unüberlegtes, bis ich da bin.«
Lachlan klappte das Handy zusammen und steckte es in seine Tasche, ohne Drusus aus den Augen zu lassen. Der Dämon klappte die Seitenstütze aus, stieg ab und nahm den Helm ab.
Nichts Unüberlegtes
bedeutete ganz ohne Zweifel nicht, sich diesem verfluchten Hund oder seinen Kameraden auf weniger als zehn Meter zu nähern, doch Lachlans dringendes Bedürfnis, sich zwischen den Dämon und Emily zu stellen, gewann die Oberhand.
Drusus drehte sich genau in dem Moment um, als Lachlan herankam. »Ah, da bist du ja. Ich dachte mir, dass du hier irgendwo steckst.«
»Verschwinde. Emily geht mit dir nirgendwohin.«
Der Dämon lächelte und fuhr sich mit der behandschuhten Hand durch die Locken. »Ich glaube, ich habe bereits bewiesen, dass du mich nicht davon abhalten kannst, sie mitzunehmen, wenn das mein Wille ist.«
Viele Autos und Minivans, in denen wartende Eltern saßen, umgaben sie, und Lachlan nutzte diesen Umstand zu seinem Vorteil. »Du wirst mich nicht vor menschlichen Zeugen umbringen.«
»Und du wirst dein Schwert nicht ziehen.«
»Geh. Du gewinnst gar nichts, wenn du sie tötest.«
Der Dämon legte den Helm vor sich auf den Motorradsattel. »Oh, ich denke schon. Ihr Tod wird mir die Wertschätzung meines Herrn eintragen, und sein Lohn ist jede Mühe wert, glaub mir.«
»Du machst dir überhaupt nichts daraus, Satan zufriedenzustellen, du Stück Dreck! Du willst das Linnen. Weshalb willst du nicht darum verhandeln?«
»Natürlich mache ich mir etwas daraus. Meine Treue Satan gegenüber ist unerschütterlich. Die Hölle kann eine nie endende Qual sein oder ein erlesenes, sündiges Vergnügen. Es hängt nur davon ab, ob man dem Boss einen Gefallen tut.«
Lachlan trat näher. Er stand nun direkt vor dem Dämon und hatte eine diebische, primitive Freude daran, dass er etwa zehn Zentimeter größer war. »Beantworte mir die verdammte Frage.«
»Es ist eigentlich ganz einfach.« Drusus verschränkte die Arme über der Brust und lehnte sich an sein Motorrad, reagierte aber nicht weiter auf Lachlans Einschüchterungsversuch. »Ein Tauschhandel ist nicht mein Stil. Ich will alles. Dich
und
Em
und
das Linnen.«
»Das werde ich nicht zulassen.«
Drusus schnaubte abfällig. »Es wird dir nichts anderes übrigbleiben.«
Die Schulglocke durchbrach mit schrillem Läuten die nachmittägliche Ruhe der Vorstadt. Lachlan zögerte. In etwa drei Minuten würden die Schüler ihre Sachen zusammengesucht haben und nach draußen strömen. Dann war es bedeutend schwieriger, die Situation zu kontrollieren. »Wenn ich dir das Linnen freiwillig gebe, wirst du dich dann von Emily fernhalten?«
»Ich fürchte nein,
baro.
Sie hat die Hauptrolle in meinem großen Finale – und ich habe einen mörderisch guten Showdown geplant. Den übrigens auch du nicht verpassen möchtest,
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