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Waechter der Unterwelt - Schluessel der Ewigkeit

Waechter der Unterwelt - Schluessel der Ewigkeit

Titel: Waechter der Unterwelt - Schluessel der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Todorovic
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hinter mir zu, dass der Spiegel an der Wand zitterte. Voller Wut und fluchend hing ich meinen Mantel auf den Haken.
    „Was ist denn passiert, Sara?“, fragte Großmutter Mary mich verwundert und mit großen Augen.
    „Ach, nichts, Granny“, antwortete ich kurz.
    Sie sollte nicht denken, ich sei verrückt. Denn es war mehr als nur merkwürdig, was gerade auf dem Friedhof geschehen war.
    „Ist was in der Schule gewesen oder auf dem Friedhof?“, hakte sie nach. „Hmm … oder ist es ein Junge?“, fragte sie wieder und hob ihre Augenbrauen, wodurch sich ihre Stirn in feine Falten legte. Trotz ihres Alters hatte Großmutter nicht viele Falten.
    „Sozusagen.“
    Ich ging an ihr vorbei ins Wohnzimmer und warf mich aufs Sofa. Im Fernsehen liefen gerade die Nachrichten.
    „Möchtest du darüber reden?“, fragte sie und setzte sich neben mich.
    „Eigentlich nicht.“
    „Na gut, wie du willst.“
    Ein kurzer Moment der Stille verging. Wie ich Granny kannte, würde es nicht lange dauern, bis sie weiterbohrte.
    „Weißt du, Sara, Jungs oder Männer im Allgemeinen, sind nicht immer so taktvoll, wie sie sein könnten. Dein Großvater war da keine Ausnahme. Er trat auch gerne ins Fettnäpfchen“, sagte sie und sah mich lächelnd an.
    Ich lachte. „Oh, Granny, es ist nicht so schlimm, wie du denkst. Aber du könntest mir trotzdem was über Großvater erzählen.“
    „Was möchtest du denn wissen?“, fragte sie.
    „Zum Beispiel, wie ihr euch kennengelernt habt. Wie hat er dich um ein Date gebeten?“, fragte ich sie neugierig. „Du hast nie davon erzählt.“
    „Ich wusste nicht, dass es dich interessiert, aber ich erzähle dir gerne von Josef“, sagte sie strahlend. Die kleinen Lachfalten um ihren Mund gruben sich in ihr Gesicht. „Also, ich lernte Josef 1958 hier in New York kennen. Ich war sechzehn. Der Frühling hatte gerade angefangen und der Central Park strahlte in allen Farben. Ich hatte eine Hauptrolle im Schultheater ergattert, obwohl es meinem Vater gar nicht passte, dass seine kleine Tochter Schauspielerin werden wollte. Für ihn sollte ich später einen der Hamilton-Söhne heiraten. Sie waren zu dieser Zeit eine sehr einflussreiche und wohlhabende Familie. Trotz seiner Sturheit setzte ich mich durch.“
    „Du hattest schon immer deinen eigenen Kopf“, sagte ich lachend.
    „Oh ja, den habe ich“, stimmte sie ein. „Meine Haare trug ich etwa so lang, wie du sie jetzt hast. Da war noch nichts von dem Grau zu sehen, was ich heute habe. Blonde Locken und ein oder zwei Verehrer.“ Bei dem Gedanken musste sie lächeln. „An einen kann ich mich noch genau erinnern. John Smith war dünn, groß und schlaksig. Er hatte leicht schiefe Zähne, aber irgendwie war er süß. Es tat mir immer weh, wenn ich ‚Nein’ zu einem Date sagte, aber ich wollte ihm keine Hoffnungen machen.“
    „Und Großvater?“
    „Meine erste Begegnung mit Josef war am Bahnhof. Er rannte mich wortwörtlich über den Haufen und ich fiel hin, deswegen bestand er darauf, mich zu einer Tasse Kaffee einladen. Was soll ich sagen, das Schicksal hat mich umgerannt … Da ich spät dran war und zur Aufführung musste, gab ich ihm einen Korb. Doch er ließ nicht locker. Dein Großvater lief mir nach, bis ich ihm sagte, an welcher Schule ich war. Ganz schön hartnäckig. Ich hatte noch nie zuvor einen so gut aussehenden jungen Mann getroffen. Er hatte ein Lächeln, das jedes Frauenherz schmelzen ließ und diese grünen Augen … nie werde ich vergessen, wie er mich damit ansah. Ich würde so Einiges geben, nur um noch einmal in diese Augen zu sehen.“ Großmutter wischte sich eine Träne von der Wange. Sie vermisste ihn, mehr als sie je zugeben würde.
    Gespannt auf den Rest der Geschichte, fragte ich: „Und kam er?“
    „Sonst würdest du hier nicht sitzen, Sara“, antwortete sie und lachte. „Von diesem Abend an holte er mich jeden Tag von der Schule ab und begleitete mich nach Hause. Er war ein richtiger Gentleman. Meine Freundinnen waren furchtbar eifersüchtig, weil Josef schon zwanzig war und studierte. Wie du weißt, war dein Großvater Anwalt.“
    Da ich sie nicht unterbrechen wollte, nickte ich nur.
    „Unser erstes richtiges Date hatten wir erst nach einem Monat und das geheim. Mein Vater dachte, ich würde auf einen Geburtstag gehen. Ich wollte ihn nicht überstrapazieren mit der Nachricht, dass ich jemanden kennengelernt hatte. Er hing immer noch an dem Gedanken, ich würde Thomas Hamilton heiraten. Ich trug ein rotes,

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