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Wächter der Venus

Wächter der Venus

Titel: Wächter der Venus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. G. Ewers
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bestraft«, ergänzte Hardenstein. »Sofern die Straftat nach dem Inkrafttreten des Gesetzes begangen wurde. Soviel ich mich entsinne, trat das betreffende Gesetz im Jahre 2122 in Kraft. Eigentümlicherweise wurden meine SF-Geschichten schon eine Woche vorher beschlagnahmt, als ich in das Leibelson-Internat aufgenommen wurde …«
    Dubois holte tief Luft, dann wandte er sich schweigend ab.
    Der Psychologe erhob sich und ging zum Tank hinüber, in dem der Körper Berry Grands ruhte.
    Der Mediziner grinste ihm verstohlen zu.
    »Dem haben Sie’s aber gegeben, Mr. Hardenstein! Das freut mich. Im Vertrauen gesagt, ich kenne auch eine ganze Menge SF-Geschichten.«
    Hardenstein kniff die Augen zusammen.
    »Das lassen Sie aber nicht Dubois hören, mein Lieber. Wenn ich Ihr Alter richtig beurteile, waren Sie 2122 noch gar nicht geboren.«
    Er beugte sich weit vor, so daß sein Mund das Ohr des Mediziners fast berührte.
    »Kennen Sie ›Rendezvous in Andromeda‹ von Aaron Chrysler?«
    Der Mediziner nickte lebhaft. Dann wölbte er die Brauen.
    »Aber das ist doch der Roman, der erst vor einem halben Jahr vom Geheimklub Alpha herausgebracht wurde und den nur Mitglieder erhielten!«
    »Wem sagen Sie das, Doc! Der Vorsitzende heißt Hardstone, nicht wahr …?«
    Impulsiv streckte der Mediziner ihm die Rechte entgegen, und Andreas Hardenstein alias Hardstone ergriff und schüttelte sie.
    Danach wechselte der Psychologe abrupt das Thema.
    »Wie geht es unserem Schützling, Doc Beyly?«
    Beyly zuckte die Achseln.
    »Sie wissen, daß ich nur für seinen Körper verantwortlich bin. Um die Seele müssen Sie sich schon selbst kümmern. Jedenfalls laufen alle Körperfunktionen dem Redu-Zustand entsprechend normal. Das läßt den Schluß zu, daß auch die geistigen Funktionen normal verlaufen.«
    »Danke!« sagte Hardenstein. »Mehr wollte ich nicht wissen. Ob Sie es glauben oder nicht, für mich zählt in erster Linie, daß Berry keine Schäden davonträgt, weder körperliche noch geistige. Alles andere ist mir sowieso ein Rätsel. Weshalb haben sich die Venusier, denen er begegnete, so seltsam benommen? Können Sie mir das vielleicht verraten?«
    »Asoziale …?«
    »Das wäre eine Möglichkeit. Und ich wollte, sie würde sich als zutreffend erweisen. Dann kämen die Sabotageakte der falschen Stationsbesatzung nämlich nur auf das Konto einer eng begrenzten Gruppe venusischer Intelligenzen, was die Aussichten für eine Verständigung mit den normalen Bewohnern des zweiten Planeten erhöhte.«
    Dem Mediziner entfuhr eine halblaute Verwünschung.
    »Was ist?« fragte Hardenstein.
    »Daran hatte ich noch gar nicht gedacht! Ich glaube, jetzt können wir froh sein, daß der Junge von sich aus beschlossen hat, seinen Auftrag nicht wie geplant zu erledigen.«
    Professor Hardenstein nickte mit ernstem Gesicht.
    »Hoffentlich haben wir wirklich Grund, froh zu sein …«
     
    *
     
    Das Tor glitt mit gespenstisch anmutender Langsamkeit vor mir auf. Ich erblickte eine lange Reihe unbekannter Aggregate, deren Reflexionsplatten unaufhörlich ihre Symbolmuster wechselten.
    Eine Maschinenhalle!
    Vielleicht wurde hier die Energie für den Antigravlift und für das Gleitband erzeugt!
    Das hätte mich vor zwölf Stunden ganz sicher noch brennend interessiert. Jetzt nicht mehr.
    Ich fühlte mich müde, mutlos – und einsam.
    Wenn wenigstens die Arbeitsgeräusche zu hören gewesen wären!
    Als Mensch ist man fast sein ganzes Leben lang von Lärm umgeben, immer aber von irgendwelchen Geräuschen: Man vernimmt das Heulen und Pfeifen dahinjagender Schweber, das Raunen von Menschenmassen, die explosionsartigen Knalle von Schallmauerdurchbrüchen, das Stampfen, Summen und Dröhnen von Maschinen – oder einfach nur das Säuseln des Windes oder das Geräusch des eigenen Atmens.
    Sogar in der Einsamkeit der Marsstation war ich mir nicht so verlassen vorgekommen wie tief unter der Oberfläche der Venus. In der Station gab es das Plärren von Lautsprechern, das Rasseln von Sandkatzen und vereinzelt Gitarrenklänge oder die Stimmen anderer Menschen. Selbst ein Ausflug in die unbewohnte Einsamkeit der Marswüste schnitt einen nicht vollständig von der zum Leben gehörenden Geräuschkulisse ab: Die Außenmikrophone übertrugen das leise Rascheln des wandernden Sandes, und in dem Helmempfänger hörte man außer dem statischen Rauschen ab und zu die Unterhaltung zwischen einer Sandkatzenbesatzung und der Funkzentrale der Station.
    Aber hier …!
    Nein, es war nicht

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