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Wächter des Elfenhains (German Edition)

Wächter des Elfenhains (German Edition)

Titel: Wächter des Elfenhains (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gavénis
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besitzen, um deine Stimme gegen uns zu erheben, doch bis dahin stünde es dir gut zu Gesicht, deine Torheiten für dich zu behalten. Es gibt hier niemanden, der Interesse daran hat.“
    Maifell starrte sie wütend an, war offenbar längst über jenen Punkt hinaus, an dem die eisige Kälte in Tigarains Worten noch etwas anderes hätte bewirken können, als das Feuer ihrer leidenschaftlichen Empörung noch heißer emporlodern zu lassen. „Weisheit? Was für eine Weisheit könnte darin liegen, einem verletzten, wehrlosen Kind seine Hilfe zu verweigern?“
    Tigarains Stimme wurde noch eine Spur frostiger. „Dieses Kind dort ist Ogaires Sohn!“
    „Und wenn schon! Er hat keinem von euch jemals auch nur das geringste Leid zugefügt.“
    Rilcaron machte eine ungeduldige Handbewegung. „Diese Diskussion ist beendet. Gairevel, bring Maifell ins Dorf. Wir werden später darüber befinden, wie wir ihr ungebührliches Verhalten bestrafen werden.“
    Wie gelähmt sah Neanden zu, wie Gairevel mit sichtlichem Unbehagen zu Maifell trat und zögernd nach ihrem Arm griff. Maifell entzog sich ihm sofort, versuchte, Andion noch enger an sich zu pressen, doch unter Rilcarons strengem Blick packte Gairevel gleich noch einmal zu. Maifell schrie leise auf, als sich die Finger des Kriegers tief und schmerzhaft in ihren Arm gruben. Sie kämpfte gegen ihn an, doch sie hatte keine Chance.
    Neanden wollte aufbegehren, irgendetwas tun, damit Gairevel nicht so grob mit ihr umging, aber er bekam kein Wort heraus. Die Situation eskalierte zu schnell, war zu sehr aufgeladen mit unversöhnlichem Zorn und Feindseligkeit, als dass er es gewagt hätte, noch einmal Partei für Maifell zu ergreifen. Noch weiter Öl in die Flammen zu gießen, mochte alles nur noch schlimmer machen, würde vielleicht einen Graben aufreißen, der zu tief war, um dem anderen die Hand zur Versöhnung zu reichen, wenn sich die aufgewühlten Wogen wieder geglättet hatten.
    Und so beobachtete er hilflos, wie Gairevel Maifell mit zusammengepressten Lippen und gequältem Blick vom Boden hochzog, wie Andion wie eine alte, zerschlissene Stoffpuppe ins Gras zurücksackte, als das Mädchen brüsk von ihm fortgerissen wurde. Gairevel zerrte sie weiter mit sich, kümmerte sich nicht länger um ihre verzweifelte Gegenwehr. Maifell stemmte keuchend ihre Füße in den Boden, schien tatsächlich wild entschlossen, es auf eine offene Konfrontation ankommen zu lassen. Plötzlich zuckte sie zusammen, schrie laut auf, und Neanden spürte, wie greller Schmerz durch ihre Seele loderte.
    Gairevel ließ sie so abrupt los, als hielte er mit einem Mal ein Stück glühende Kohle in seiner Hand, und sie stürzte schwer zu Boden. Schluchzend tastete sie nach ihrem Knöchel, und Neanden sog erschrocken Luft ein, als er das Blut entdeckte, das plötzlich hell und rot auf ihrer weißen Haut im Morgenlicht glänzte. Er brauchte nur einen Augenblick, um zu begreifen, was geschehen war. Durch ihre wüsten Versuche, sich aus Gairevels Griff zu befreien, musste ihr Fuß in ein Erdloch geraten sein, das unsichtbar unter dem grünen Teppich der Wiese verborgen gewesen war, und während Gairevel sie rücksichtslos weitergezerrt hatte, hatten Steine und Wurzeln ihr die Haut aufgeschürft, und der brutale Ruck hatte den Knochen darunter so leicht und mühelos brechen lassen, wie der Schlag eines Hammers den zarten Hals eines Vogels zerschmetterte.
    Bestürztes Schweigen senkte sich auf die Lichtung herab. Selbst Tigarain, Rilcaron und die übrigen Mitglieder des Ältestenrats schienen betroffen von der unerwarteten Wendung der Ereignisse und dem Ausmaß der Gewalt, die mit so jäher Vehemenz über diesen stillen Ort hereingebrochen war. Für einige Sekunden erstarrte die Szenerie zu völliger Reglosigkeit, dann hob Maifell den Kopf und sah mit tränenverschleiertem Blick von einem zum anderen.
    „Was ist nur los mit euch?“, schluchzte sie. „Hat Ogaire eure Seelen so sehr vergiftet, dass ihr überall nur noch Verrat sehen könnt? Ja, er hat euch getäuscht. Er hat euch alle betrogen, und niemand von euch war in der Lage, diesen Betrug zu erkennen. Allein deshalb mussten Isirada und ihr Sohn sterben. Akzeptiert diese Schuld endlich! Akzeptiert sie, bevor sie auch noch die letzte Wärme in euren Herzen tötet!“
    Niemand antwortete ihr. Alle schauten betreten zu Boden, zuckten zurück vor der bitteren Anklage in Maifells Worten und dem Schmerz, der das strahlende Blau ihrer Augen verdunkelte. Doch Neanden

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