Waechter des Labyrinths
fragte ein Beamter Nadja. «Und was zum Teufel ist mit Ihrer Hand passiert?»
Nadja antwortete nicht. Sie sammelte Speichel im Mund, drehte sich zu Boris um und spuckte ihm direkt ins Gesicht.
II
Gaille starrte benommen auf das Foto.
Iain.
Er war also schon hier gewesen. Mindestens zweimal. Und das hieß, dass ihm dieser Ort längst bekannt gewesen war, als Knox ihn anrief. Sein ganzes Gerede, dass er Petitier nur als Roly kannte, über die befreundete belgische Archäologin, und dass er in diesem Laden in Anopolis nach dem Weg gefragt hatte – all das war völliger Blödsinn gewesen! Er hatte Petitier … sie überprüfte das Datum auf dem ersten Ordner … seit mindestens sechs Monaten verfolgt.
Erst nach einer Weile nahm sie das Bellen wahr. Draußen drehte Argo durch. Es konnte nur bedeuten, dass Iain zurückkehrte. Einen Moment lang stand sie wie erstarrt da und fragte sich, was sie tun sollte. Aber er durfte sie auf keinen Fall hier unten mit den Fotos entdecken. Sie lief zur Tür, schaltete das Licht aus, eilte dann die Treppe hoch und verschloss die Luke. Draußen hörte sie schon Schritte. Sie legte den Läufer über die Klappe, schob den Sessel darauf und blieb dann, als die Tür aufging und Iain hereinkam, mit einer möglichst unbekümmerten Miene stehen. «Scheiße!», sagte er und ließ sich auf den Sessel fallen. «Meine Füße !»
«Harter Tag?»
«Mir war nicht klar, dass es so viele Orte gibt, an denen man suchen kann.»
«Und? Glück gehabt?»
«Ein bisschen. Ich habe seine minoische Stätte gefunden.»
«Aber das ist doch großartig!», sagte sie und gab ihr Bestes, angemessen beeindruckt zu klingen. «Wo denn?»
Iain deutete mit einer Kopfbewegung nach Süden. «Sie ist zum größten Teil mit Erde bedeckt, aber es ist noch genug freigelegt, um einen Eindruck zu bekommen. Ein kleiner Palast oder Tempel aus der frühminoischen Phase, würde ich sagen, obwohl es deutliche Anzeichen für Zerstörung und einen Wiederaufbau in der mykenischen Zeit gibt. Aber seit mindestens fünf Jahren kann er dort nichts mehr gemacht haben, wahrscheinlich sogar noch länger. Wenn er also in letzter Zeit etwas gefunden hat, muss es von einer anderen Ausgrabung stammen.» Er schaute auf das Regal mit den Tagebüchern. «Ich wette, das sind seine Ausgrabungsnotizen. Bist du damit schon weitergekommen?»
Sie schüttelte den Kopf. «Der Code ist zu schwierig für mich. Aber dafür habe ich mich mit seinem Hund angefreundet.»
«Ja. Ich habe gesehen, dass er im Zwinger ist. Wie hast du das hingekriegt?»
«Bestechung. Petitier hat ihm weder Futter noch Wasser dagelassen. Außerdem habe ich ihn gebadet. Er war echt dreckig.»
«Ich fühle mich auch ziemlich dreckig», meinte Iain grinsend. «Werde ich jetzt auch gebadet?»
«Ich habe Eier, Paprika und ein paar andere Dinge besorgt», sagte sie und ignorierte seine Frage. «Was hältst du von einem Omelett und einem Glas Château Petitier?»
«Das hört sich gut an.» Er beugte sich hinunter, öffnete seine Schnürsenkel und zog sich die Stiefel aus. Dann streckte er die Beine von sich und wackelte mit den Zehen. Sie ging betont humpelnd in die Küche, denn mit einem Mal wollte sie, dass er glaubte, ihre Verletzung wäre schlimmer, als sie es wirklich war. Sie öffnete eine verstaubte Flasche Wein, schenkte zwei Gläser voll und kehrte mit den Gläsern und der Flasche zu Iain zurück.
«Prost», sagte Iain und hob kurz sein Glas, bevor er gut ein Drittel in einem Zug hinunterkippte.
«Prost», sagte Gaille, nahm einen bescheideneren Schluck und bemühte sich, weiterhin zu lächeln und sich nichts anmerken zu lassen.
III
Theofanis und Angelos gingen gerade einen Ordner mit Standbildern aus der Überwachungskamera der Hotellobby durch, als das Telefon klingelte. Theofanis nahm ab, lauschte eine Weile und wandte sich dann an seinen Chef. «Probleme am Flughafen», sagte er.
«Was geht uns das an?»
«Eine Gruppe Georgier ist verhaftet worden. Und dieser Daniel Knox.»
Angelos stöhnte auf, als hätte er einen Schlag in die Magengrube bekommen. «Knox!» Er sprach den Namen wie ein Schimpfwort aus.
«Offenbar hat er nach uns gefragt», sagte Theofanis. «Er denkt wohl, wir würden für ihn bürgen.»
« Wir ?», fragte Angelos ungläubig. «Für ihn bürgen ?»
«Das haben die Kollegen jedenfalls gesagt. Was wollen Sie machen?»
Angelos schaute auf seine Uhr. «Was glaubst du, wie lange wir da raus brauchen?»
«Um diese Zeit? Vierzig Minuten,
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