Waechter des Labyrinths
kurz nach vier Uhr mit Claire und einer Menge Gepäck zurückkehrten. Sie gingen in Augustins Zimmer. Die ersten beiden Polizisten trafen wenige Minuten später ein. Hört sich das stimmig an?»
«Ziemlich. Aber wenn die Polizei das alles weiß, wie können sie dann Augustin verdächtigen?»
«Sie behaupten, er hätte Petitier getötet, bevor Sie zum Flughafen gefahren sind.»
«Das ist doch lächerlich!», entgegnete Knox. «Er hat noch gelebt, als wir reinkamen. Er hat sich auf dem Boden gekrümmt. Er hat sogar mit uns gesprochen , verdammt nochmal!»
«Beruhigen Sie sich. Was ich Ihnen erzählt habe, ist lediglich die momentane Arbeitshypothese der Polizei. Sie glauben, dass Augustin Petitier angegriffen hat, bevor Sie beide zum Flughafen gefahren sind, aber dass der Angriff nicht sofort zum Tode geführt hat und Petitier noch am Leben war, als Sie zurückkehrten.»
«Niemals», protestierte Knox. «Das hätte Augustin niemals getan. Ich hätte es ihm angemerkt.»
«Sie sind sein bester Freund», stellte Charissa fest. «Es ist klar, dass Sie das sagen, nicht wahr?» Da sie ahnte, wie sehr ihn die Bemerkung verärgerte, suchte sie wieder seinen Blick im Rückspiegel. «Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich erzähle Ihnen nicht, was ich glaube. Ich erzähle Ihnen nur, wie die Polizei es darstellt.»
«Ich weiß.»
«Soll ich fortfahren?»
«Bitte.»
«Gut. Aus der vorläufigen Untersuchung geht hervor, dass Petitier durch einen einzelnen Schlag mit einem schweren, stumpfen Gegenstand getötet worden ist. Im Hotelzimmer ist nichts gefunden worden, was als Tatwerkzeug in Frage kommt.»
«Was ist mit Petitiers Laptop?», meinte Knox.
«Daran sind keine Haar- und Blutspuren sichergestellt worden», sagte Charissa. «Und Sie werden nicht glauben, was dann geschehen ist», fuhr sie mit einem verächtlichen Schnauben fort. «Irgendein idiotischer Polizist hat den Computer angestellt. Als ein Passwort verlangt wurde, hat er aufs Geratewohl ein paar Wörter ausprobiert. Und das verfluchte Ding hat sofort begonnen, seine Dateien zu vernichten.»
«Verdammt!», stieß Knox hervor. Das war es wohl, was Theofanis Angelos vor dem Vernehmungszimmer erzählt hatte. «Wie viel ist verlorengegangen?»
«Das wissen sie noch nicht. Aber gut möglich, dass sie noch alles retten können. Auch in Athen gibt es Computerspezialisten. Fragt sich nur, ob die Polizei sich die Mühe machen wird …» Sie zuckte vielsagend mit den Schultern. Die Polizei würde sich die Mühe machen, aber nur, wenn es ihren Zwecken diente. «Wie auch immer, Petitiers Reisetasche ist aufgerissen worden, und ein Teil des Inhalts scheint zu fehlen, denn auf den Bildern der Überwachungskamera sieht sie prall gefüllt aus. Die Polizei erwägt die Möglichkeit, dass die Tatwaffe ursprünglich in Petitiers Tasche war und dass Augustin sie mitgenommen hat, als Sie beide zum Flughafen gefahren sind. Auf den Bildern der Überwachungskamera sieht man, dass er eine Tasche trägt. Stimmt das?»
Knox runzelte die Stirn. Das stimmte tatsächlich. Eine große, cremefarbene Segeltuchtasche, in der etwas Sperriges gewesen war. «Was ist das?», hatte er gefragt. «Geht dich nichts an», hatte Augustin erwidert. Zum ersten Mal begann Knox, sich Sorgen zu machen. «Sie sah nicht schwer aus», erklärte er Charissa. «Also, es war nichts drin, womit man einen Menschen erschlagen kann.»
«Woher wissen Sie das? Haben Sie ihm die Tasche abgenommen?»
«Unsinn!»
«Ich frage nur, was die Polizei fragen wird. Was ist mit der Tasche geschehen?»
Knox lehnte sich zurück und versuchte sich zu erinnern. Er war beim Wagen geblieben, damit Augustin und Claire ihr Wiedersehen allein genießen konnten. «Er hat sie mit in den Terminal genommen», sagte er.
«Sind Sie sicher?»
Knox nickte. «Ich erinnere mich, dass er sie in der Hand hielt, als er jemanden traf, der gerade aus dem Terminal herauskam.»
«Und als er wieder zurückkam?»
Knox runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. «Er hatte das ganze Gepäck von Claire auf den Wagen geladen. Vielleicht war die Tasche darunter, aber ich kann mich nicht erinnern.»
«Denken Sie nach», forderte ihn Charissa auf.
«Das ist doch absurd», erwiderte Knox. «Das Ganze ist absurd.»
«Sie müssen eines verstehen, Mr. Knox», sagte Charissa. «Letztes Jahr hat die Athener Polizei einen fünfzehnjährigen Jungen erschossen. Vielleicht erinnern Sie sich – in ganz Griechenland fanden Demonstrationen und Tumulte statt.
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