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Waechter des Labyrinths

Waechter des Labyrinths

Titel: Waechter des Labyrinths Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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Die Situation hier ist noch immer äußerst angespannt. Damit sie nicht eskaliert, werden die Behörden alles tun. Und deshalb wollen sie unbedingt zeigen, dass Augustin nur seine gerechte Strafe bekommt. Auch wenn das bedeutet, die Ermittlung zu manipulieren, ihn anzuschwärzen oder belastende Details an ihnen gewogene Journalisten weiterzugeben. Unsere Aufgabe besteht jetzt darin, jeden möglichen Schritt der Polizei vorauszusehen und bereit zu sein. Deshalb frage ich Sie erneut: Hat er seine Tasche wieder mit nach draußen genommen?»
    «Ich kann mich nicht erinnern», sagte Knox. «Aber ist das nicht sowieso alles überflüssig? Ich meine, Augustin hatte nicht den geringsten Grund, Petitier umzubringen. Und Mörder haben doch normalerweise ein Motiv, oder?»
    Es war eine rhetorische Frage; er erwartete keine Antwort. Deshalb war es ein ziemlicher Schock, als sich Nico zu ihm umdrehte und entschuldigend das Gesicht verzog. «Ich sage es nur ungern», meinte er, «aber ich befürchte, Ihr Freund hatte ein Motiv.»

III
    Schloss Nikortsminda,
    Georgien
     
    So etwas hatte Kiko Zdanevich noch nie gesehen, und wenn, dann nur bei Schulausflügen oder in Geschichtsbüchern. Eine mondbeschienene Festung mit von Efeu umrankten Mauern, hohen Zinnen für die Bogenschützen und gewaltigen, spitzen Türmen, aus denen tapfere Ritter wie er schöne, gefangene Prinzessinnen retten konnten. Und das alles auf einer kleinen Insel am Ufer eines dunklen Sees und umgeben von dichten Wäldern und schneebedeckten Bergen. Er presste sein Gesicht an die Scheibe, als sie über die gewundene Landstraße auf die Insel zufuhren. Mit offenem Mund beobachtete er, wie die Zugbrücke für sie herabgelassen wurde und sich die großen Holztore knarrend öffneten. «Wir werden echt da übernachten, Mama?», fragte er.
    «Wahrscheinlich», antwortete sie finster, als würde sie seine Aufregung kränken. Sie war in einer seltsamen Stimmung, seit Alexei Nergadse und seine Männer in schwarzen Anzügen mit der Nachricht ihres Mannes gekommen waren, dass sie das Wochenende bei den Nergadses verbringen sollten.
    Sie fuhren durch die äußeren Tore in einen riesigen Innenhof. Helle Laternen erleuchteten grüne Rasenflächen und innere Wehranlagen mit offenen Steintreppen, eine Kapelle mit hohem Glockenturm und eine endlose Reihe weißgetünchter Stallungen und Remisen, vor allem aber das Hauptgebäude aus grauem Stein, vor dessen Eingangstüren sie hielten.
    Während livrierte Diener herauseilten, um ihr Gepäck aus dem Kofferraum zu holen, führte Alexei Nergadse sie hinein und dann einen langen und düsteren, mit strengen Porträts gesäumten Gang entlang zu einer steilen Wendeltreppe. Bei der Aussicht, in einem der Turmzimmer zu schlafen, machte Kikos Herz einen Sprung, doch dann gingen sie einen weiteren Korridor entlang zu einem ziemlich schäbigen Zimmer mit zwei durchgelegenen Betten. «Die Mädchen schlafen hier», sagte Alexei und nickte ihnen zu. Ein Diener begann bereits, ihr Gepäck auszupacken.
    «Und was ist mit mir und Kiko?», fragte seine Mutter.
    «Sie werden woanders untergebracht.»
    «Wir wollen zusammen sein.»
    «Wir haben dieses Wochenende ein volles Haus. Anders geht es leider nicht.»
    «Dann werden wir alle hierbleiben, danke.»
    «Unsinn», erwiderte Alexei. «Mein Großvater würde es mir nie verzeihen, wenn ich Ihnen den Aufenthalt nicht so angenehm wie möglich mache.»
    «Aber ich versichere Ihnen, dass wir …»
    «Sie kommen mit mir», sagte Alexei. Sie folgten ihm und dem zweiten Diener zu einer weiteren Treppe. «Mir gefällt es hier nicht, Mama», murmelte Kiko. «Ich will nach Hause.»
    Sie legte ihm eine Hand auf die Schulter. «Alles wird gut, mein Liebling, versprochen.»
    Als Nächstes zeigte Alexei ihnen Kikos Zimmer. Es war wesentlich vornehmer als das seiner Schwestern. Es hatte einen Kamin, Stühle und Tische, dazu Gobelins an den Wänden und gewaltige, cremefarbene Vorhänge, die man auf- und zuziehen konnte, wenn man an einem Seil zog, außerdem ein Himmelbett aus blassroter, mit Rosen verzierter Seide. Er warf seiner Mutter einen flehenden Blick zu, als Alexei sie zu ihrem Zimmer führen wollte. Bevor sie verschwand, zwinkerte sie ihm verstohlen zu.
    Zehn Minuten später hörte er draußen Schritte, und dann kam sie mit ihrer Tasche wieder herein. «Bleibst du bei mir?», fragte er gespannt.
    «Das Bett ist groß genug, oder?», meinte sie lächelnd.
    «Es ist groß genug für einen König!», rief er,

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