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Waechter des Labyrinths

Waechter des Labyrinths

Titel: Waechter des Labyrinths Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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Betrunkener über seine eigenen Füße gestolpert. Er hatte einen Mann angerempelt, der mit einem Glas in der Hand auf einem Barhocker saß, sodass ein bisschen von seinem Bier verschüttet wurde. Die Entschuldigung des Betrunkenen war zu langsam gewesen, zu unentschieden. Für einen kurzen Moment hatte das Gesicht des anderen einen seltsamen Ausdruck angenommen. Dann hatte er sein Kristallglas auf der Marmortheke zerschmettert, sich umgedreht und dem Betrunkenen den zersplitterten Stiel ins Gesicht gerammt, ihn dann heftig nach links gerissen, ihm den Augapfel zerfetzt und Nase und Wange aufgerissen. Als der Betrunkene brüllend vor Schmerzen zwischen die Tische gestürzt war, war sein Blut über die ganze Theke und durchs Restaurant gespritzt. Das verwüstete Gesicht des Opfers hatte Edouard im Laufe der Zeit vergessen, nie aber die kühl berechnende Miene des Angreifers in der Millisekunde, bevor er zugeschlagen hatte, so als hätte er seinen Zorn völlig unter Kontrolle und könnte ihn nach Belieben einsetzen.
    Das Mädchen musste die Machtverlagerung bemerkt haben, denn ihre Schluchzer wurden lauter und verzweifelter. Ihre Angst steckte Edouard an. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn, und er merkte, wie ihm kalter Schweiß von den Achseln lief. «Tut mir leid», sagte er und senkte unterwürfig den Blick. «Ich meinte es nicht so.»
    Für einen Moment befürchtete er, dass seine Entschuldigung nichts bewirken würde, doch dann schien die Anspannung nachzulassen, und mit einem Mal war sie völlig verschwunden. «Vielleicht haben Sie recht», sagte Michail achselzuckend. «Wir müssen Geschäftliches besprechen.» Er hob seine Hose vom Boden auf, zog einen kleinen Schlüssel hervor und warf ihn herüber.
    Edouards Hände zitterten, als er versuchte, die Handschellen zu öffnen. Doch schließlich schnappten sie auf. Das Mädchen griff ein Laken, um sich zu bedecken, und lief schluchzend ins Bad. «Ich hole ihre Sachen», sagte Edouard und verließ das Zimmer. Boris und seine Männer waren gerade angekommen, sie nahmen am Couchtisch Platz und steckten sich Zigaretten an. Er warf ihnen einen mürrischen Blick zu. Bestimmt hatten sie seine Konfrontation mit Michail gehört. Aber wenn man für die Nergadses arbeitete, brauchte man ein dickes Fell, man musste wissen, wer der Chef ist. «Vielleicht sollten wir ihr etwas geben», schlug Edouard vor, als er wieder nach oben kam. «Damit sie den Mund hält.»
    «Sie wird nicht reden», sagte Michail.
    «Woher wollen Sie das wissen? Stellen Sie sich vor, was Ihr Großvater sagen würde, wenn das rauskommt.»
    «Ich habe nichts mit ihr gemacht, was sie nicht wollte. Fragen Sie sie, wenn Sie möchten.»
    Edouard klopfte an die Badezimmertür. «Ich habe Ihre Sachen geholt.» Die Tür ging ein Stückchen auf, ihre Hand schoss heraus und griff danach. Wohl wissend, dass Michail ihn beobachtete, blieb Edouard dort stehen und wartete, bis die Tür wieder aufging und das Mädchen herauskam. Ihr Gesicht war blass, aber sie hatte sich das Blut abgewaschen und das Haar gekämmt, ihre zerrissene Bluse hielt sie mit einer Hand zusammen.
    Edouard legte ihr den Arm um die Schulter und wollte sie aus dem Schlafzimmer führen, doch Michail trat ihnen in den Weg. Er hatte seine weiße Jeans in der Hand und zog nun den Ledergürtel aus den Schlaufen. Sofort zuckte das Mädchen zusammen. «Nein», flehte sie, «bitte nicht.»
    Michail lächelte beruhigend. «Keine Angst. Ich wollte unserem Freund Edouard nur etwas zeigen. Er denkt, dass du herumerzählen wirst, was heute Abend geschehen ist. Aber das wirst du nicht, oder?»
    «Nein, nein. Ich schwöre, dass ich nichts sagen werde.»
    «Nicht einmal, wenn man dich dazu zwingen will?»
    «Nein.»
    «Und warum nicht?»
    «Weil Sie wissen, wo ich wohne», sagte sie wie auswendig gelernt. «Weil ich weiß, was Sie mit meinen Eltern und meinem Bruder tun werden, wenn ich etwas sage.»
    «Genau», meinte Michail und ließ sie gehen.
    Edouard lotste sie durch die Tür und die Treppe hinab. «Wo wohnen Sie denn?», fragte er.
    «In Piräus», sagte sie. Sie zitterte am ganzen Leib.
    «Ich werde dafür sorgen, dass jemand Sie nach Hause fährt.»
    Das Mädchen packte ihn am Arm. «Können Sie mich nicht fahren? Bitte.»
    Oben kam Michail aus dem Schlafzimmer, nun mit der weißen Jeans, einem braunen Seidenhemd und einem schwarzen Ledertrenchcoat bekleidet. Boris stand auf. «Schön, Sie wiederzusehen, Chef», sagte er. «War eine verdammt

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