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Wächter des Mythos (German Edition)

Wächter des Mythos (German Edition)

Titel: Wächter des Mythos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Saurer
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Erotik, denn erst, nachdem beide vom Baum der Erkenntnis gegessen haben, erkannten sie sich als Mann und Frau. Seitdem scheint sich die Menschheit nahezu wie selbstverständlich in zwei Geschlechter zu teilen.
    Doch bereits im antiken Griechenland strebten die Menschen danach, die ursprünglich vorhandene, doch nun verloren geglaubte Einheit beider Geschlechter im Ritus wiederzuerlangen.«
    »So?«
    »Aber ja, denn eine Aufteilung in sogenannte männliche und weibliche Normen wurde gemäß Bibel erst bei Adam und Eva vorgenommen.«
    Felipe schlug nun einen nicht markierten Weg ein und folgte dann dem Schacht, der kurz darauf in einem Treppenabschnitt mündete. Die in den Stein gehauenen Stufen führten steil nach oben.
    »Was war denn nun Evas Sünde? Der Genuss einer Pflanze, durch die sie Erkenntnis erlangte, oder die Tatsache, dass sie sich zum Genuss dieser Pflanze verführen ließ«, fragte Gabriel, während sie mit vorsichtigen Schritten die feuchten Stufen hinaufstiegen. Felipe blieb vor dem nächsten Treppenabschnitt stehen und drehte sich zu Gabriel um.
    » Natürlich «, gab er ihm zur Antwort, »war es der Genuss der verbotenen Pflanze, daher hat Gott sie ja auch aus dem Paradies ausgeschlossen. Die Schlange kennt die Hintergründe dieser religiösen Logik: ›An dem Tage, da ihr davon esset, werden eure Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott‹ , erstes Buch Moses, Vers drei.«
    »Na gut, Eva und Adam haben davon gekostet und flogen an jenem Tag samt der Schlange aus dem Paradies.«
    »Richtig, doch was mit den anderen passiert ist, die nicht vom Baum der Erkenntnis gegessen haben, ist leider nicht überliefert«, sagte Felipe achselzuckend und folgte dem schmalen Treppenabschnitt nach oben.
    »Was mit denen passiert ist, die hier unten in dieser gruftigen Hölle auf der Strecke geblieben sind«, konterte Gabriel, »haben wir ja gesehen.«
    Felipe hielt im Treppensteigen inne. »Die sterblichen Überreste haben wir tatsächlich hier unten gefunden, denn die Salzmiene ist im Laufe der Jahrhunderte für die unterschiedlichsten Zwecke missbraucht worden. Doch für was immer Sie das hier unten auch halten mögen: Vorstellungen von Hölle und Himmel knüpfen sich immer an subjektive Vorstellungen, die als persönliche Endstationen zu definieren sind. «
    »Könnt ihr denn euer Gespräch nicht später fortsetzen, sobald wir hier draußen sind?«, rief Alina verärgert von unten. »Ich halte eh nicht viel von dieser christlichen Verpflichtung auf Hölle oder Paradies. Da fast jedes menschliche Verhalten von der Kirche als Sünde verschrien ist, hat der Großteil der Bevölkerung das One-way-ticket zur Hölle fest gebucht. Kein Wunder, wenn sich immer mehr Menschen von dieser glorreichen Kirche abwendeten.«
    »Wie dem auch sei« fuhr Felipe unbeirrt fort, »ich wollte damit sagen, dass Hölle und Himmel einander näher sind, als es vermuten lässt. Denn andauerndes Frohlocken oder andauerndes Brutzeln im Feuer sind ja so gut wie dasselbe. Endlos ist trostlos. Ein Ausweg, dem Ewigkeitscharakter von Hölle und Himmel zu entrinnen, bietet zum Glück die Idee der Wiedergeburt.«
     
    Felipe ging nun schweigend weiter und kurz darauf kamen sie aus einer Bodenluke heraus, die sich im alten Gartenschuppen befand. Gabriel und Alina atmeten erleichtert auf.
    »Die Erfahrung der Wiedergeburt haben wir ja jetzt hinter uns«, sagte Gabriel und wies mit dem Kopf hinter sich in die Tiefe. »Ich fühle mich jedenfalls wie neu geboren.«
    »Gut so, denn Wiedergeburt gibt den Verstorbenen die Aussicht auf eine Veränderung und Weiterentwicklung«, antwortete Felipe. »Also, ich lasse Sie jetzt wieder allein. Wenn Sie Hilfe brauchen oder Fragen haben, rufen Sie mich doch bitte an. Alina, Sie haben meine Telefonnummer?«
    »Sie ist sicher irgendwo im Haus zu finden. Vielen Dank für Ihre Hilfe«, rief Alina ihm nach. Erschöpft setzte sie sich auf einen alten Stuhl und legte den Kelch in den Schoss.
    »Also, das hat mich jetzt wirklich geschafft. Und Hunger habe ich auch. Weißt du, wie spät es ist?«
    Gabriel sah auf seine Uhr. »Spät genug für unseren Leichenschmaus. Für Felipe sind wir ja wiedergeborene Verstorbene.«
    »Gut, ich habe noch etwas Brot, Oliven, Frischkäse und Salat«, sagte Alina und hob den Kelch. »Was willst du jetzt mit diesem Ding hier machen?«
    »Wir könnten ein Quiz veranstalten, der Gewinner darf dann den Pokal ruhmreich ins Haus tragen. Also, was sind die drei Aggregatzustände von

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