Wächter des Mythos (German Edition)
Wasser?«
»Eis, Gewässer, Dampf. Doch das hat nichts mit dem polaren Prinzip der Dreieinheit zu tun.«
»Sehr gut, du hast gewonnen. Also, wir sollten uns jetzt erst mal frisch machen und dann, wie alle Lebenden, etwas essen.«
* * *
Als das Telefon läutete, sah der Sekretär Vikar Dario Merini mit besorgter Mine auf, dann griff er zum Hörer.
»Haben Sie endlich etwas unternommen, um die Aktivitäten unseres unseligen Rivalen überwachen zulassen?«, vernahm er die grußlose Stimme von Kardinal Walter.
»Wen meinen Sie damit, Eure Eminenz?«
»Hat sich denn noch niemand diesem aalglatten Monsignore Sandino de Vegio an die Fersen geheftet?«
»Ich habe diesbezüglich Kontakt mit unseren Technikern aufgenommen. Monsignore Sandino de Vegio steht jedoch unter päpstlichem Schutz. Nur einer der Techniker ist bereit, die Koordinaten seines Mobiltelefons an uns herauszugeben.«
»Und? Weshalb habe ich sie bis jetzt noch nicht erhalten?«
»Er wünscht von uns eine Gegenleistung.«
»Was denn für eine Gegenleistung, um Gottes willen?«
»Den Knochensplitter eines Heiligen. Doch das Reliquien-Archiv will nichts von diesem Heiligen herausgeben, es sei denn für eine neue Kirche, um es im Altar einmauern zu lassen.«
Für einen Moment herrschte Schweigen. Die Forderung des Technikers hatte den Kardinal etwas aus der Fassung gebracht.
»Dann besorgen Sie sich doch um Himmels willen irgendeinen anderen Knochensplitter«, hallte sodann die aufgebrachte Stimme des Kardinals am Telefon. »Die römisch-katholische Kirche hat ja mehr als genug davon. In irgendeiner Nekropole wird doch noch was zu finden sein, und wenn’s sein muss, dann holen Sie es sich von mir aus unter dem Petersdom hervor. Dort liegen angeblich noch haufenweise alte Knochen herum.«
»Nur, dass diese Knochen aus der großen Menge der heidnischen Gräber stammen, die man dort unten in der Nähe des Heiligtums der Göttin Kybele gefunden hat.«
»Was für einen Heidenkram?«, brummte der Kardinal nun verärgert.
»Es handelt sich um den Kult der Großen Mutter Kybele, der in Rom im Jahr 204/205 v. Chr. eingeführt worden ist.«
»Und dieses Heidenheiligtum soll genau unter dem Petersdom liegen?«, fragte der Kardinal ungläubig.
»Natürlich liegt dort unten das ursprüngliche Petrus-Grab, auch wenn materielle Teile nicht mehr vorhanden sein sollen, aber seine Gebeine hat man dort angeblich gefunden. Doch einige dieser heidnischen Kult-Altäre sind schon im Jahr 1609 bei den Bauarbeiten am Petersdom aufgetaucht und jetzt im Vatikanischen Museum zu besichtigen. Ich fürchte, dass bei den Grabungen in den 50er-Jahren noch mehr von diesem Phrygianum des mons Vaticanus unter dem Petersdom zum Vorschein kam.«
»Dann geben Sie dem Judas eben einen Heidenknochen, denn er hat nichts anderes verdient. Und vergessen Sie nicht, den Knochen mit sanctus oder martyr nach dem Namen seines Wunsches zu bezeichnen.«
»Jawohl, Eure Eminenz.« Vikar Dario entspannte sich, denn Kardinal Walter hatte bereits aufgelegt.
Der Kardinal war aufgestanden und an eines der großen Fenster getreten. Er blickte besorgt auf die Gartenanlage, die im Stil der Renaissance angelegt war, dann suchten seine Augen die Statue der heiligen Gottesmutter, die wie immer auf seinem Schreibtisch stand. Nachdem, was ihm der Vikar soeben offenbart hatte, war sie ja schon immer hier gewesen, schon bevor sie ihren Sohn geboren hatte. Sie wurde von den Menschen schon verehrt, bevor die Heilige Schrift der Evangelien geschrieben worden war. Für ihn war der Kult um die Gottesmutter kein Heidentum, vielmehr gehörte sie zu seinem Glauben. Er verspürte ein zaghaftes Glücksgefühl, dass sie seit der Antike auf dem mons Vaticanus verehrt wurde.
Sorgen bereitete ihm die Priesterbruderschaft, die diesem rachsüchtigen und blutrünstigen Gott des Alten Testaments nachtrauerte. Kein Wunder, dass die Menschen des Mittelalters Gott häufig als Verfolger und Maria als Beschützerin betrachtet hatten. Doch heute wehte ein anderer, ein aufgeklärter Wind. Bei der Bruderschaft war er sich daher nicht sicher, ob er diesmal nicht einen Pakt mit dem Bösen geschlossen hatte.
Kapitel 8
Während Alina nun in aller Eile ein Essen zubereitete, saß Gabriel bei ihr in der Küche und bestaunte voller Neugier und Bewunderung den alten Kelch. Er betrachtete die bizarren Zeichen, die seinen Rand zierten, aufmerksam.
»Was bedeuten diese rätselhaften Hieroglyphen?«
»Das weiß ich nicht. Mein
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