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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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des Sonnensturms selbst auf dem Schild gedient und war seitdem oft hier oben gewesen - auf Gedenkveranstaltungen, Gottesdiensten, Museumseröffnungen und Jahrestagen. Aber für Bob Paxton war es etwas anderes. Sobald er nach dem Sturm zur Erde zurückgekehrt war, hatte er die ganzen Ordensverleihungen und anderen Zeremonien so schnell wie möglich hinter sich gebracht. Dann hatte er seine militärische Laufbahn fortgesetzt und schließlich sein Leben der Frage gewidmet, wie man der akuten Bedrohung durch die Erstgeborenen begegnen sollte. Paxton hatte L1 nie besucht und wahrscheinlich auch Aurora 2 nicht mehr gesehen, seit er sie von der Oberfläche des Mars aus flüchtig wahrgenommen hatte - als sie auf dem Vorbeiflug am Planeten durch den Himmel zog und ihn und seine Mannschaft dort sitzen ließ. Nun war das alte Himmelskrieger-Gesicht in Falten gelegt und wirkte verkniffen, und sie hatte keine Ahnung, was er in diesem Moment dachte.
    Das Shuttle drehte sich mit dem gedämpften Rasseln der Steuertriebwerke und setzte bäuchlings auf der gewölbten Hülle des Wohnbereichs der Aurora auf. Die Sonne stand nun direkt unter Bella und warf vertikale Schatten. Und durch ein kleines Fenster über sich sah sie die Erde wie eine blaue Laterne direkt gegenüber der Sonne hängen. Die Erde war natürlich voll; wie immer, wenn man sie von L1 aus betrachtete. Sie wünschte sich, dass sie sie deutlicher gesehen hätte.

    Nach dem Andocken fuhr das Shuttle seine Systeme herunter.
    »Herzlich willkommen auf Aurora 2 und in der Schild-Gedächtnis-Station.«
    Die weiche weibliche Stimme sandte einen Schauder der Vertrautheit durch Bella. Das war eine neue Erfahrung nach all ihren bisherigen Besuchen. »Hallo, Athene. Willkommen daheim.«
    »Bella. Es ist gut, wieder Ihre Stimme zu hören. Kommen Sie bitte an Bord.«
    Eine Luke öffnete sich im Boden. Bella öffnete den Sicherheitsgurt und schwebte durch die Luft.
     
    Alexej Carel und Lyla Neal erwarteten sie bereits auf der Brücke der Aurora.
    Das war der prestigeträchtigste Platz im Schiff; der Ort, von wo aus Bud Tooke einst die Rettung der Erde koordiniert hatte. Nun war sie ein Museum, und die geradezu antik anmutenden Softscreen-Monitore, Kopfbügelmikrofone, Clipboards und anderen Utensilien aus den Tagen der Krise waren unter durchsichtigen Plastikplanen liebevoll konserviert worden. Bella fühlte sich immer alt, wenn sie hierher zurückkam.
    Bill Carel betrat die Brücke als Letzter. Der offensichtlich geschwächte Mann bewegte sich unbeholfen in der Mikrogravitation und sah ulkig aus in seinem orangefarbenen Overall. Doch als er seinem Sohn ins Gesicht sah, verzerrte sein Gesichtsausdruck sich. »Du verdammter kleiner Dummkopf. Und Sie, Lyla. Sie haben mich verraten.«
    Alexej und Lyla hielten sich umklammert. Sie machten einen ebenso nervösen wie trotzigen Eindruck und drifteten leicht in der Mikrogravitation. Alexej war ein junger Spund, gerade einmal siebenundzwanzig, und Lyla sah noch jünger aus. Doch dann sagte Bella sich, dass alle echten Spacer noch Kinder waren.

    »Wir sehen das nicht so, Dad«, sagte Alexej. »Wir taten, was wir tun mussten. Was wir für das Beste hielten.«
    »Ihr habt mich ausspioniert «, sagte Carel zornig. »Ihr habt meine Arbeit gestohlen. Sie waren eine hervorragende Studentin, Lyla. Brillant. Und nun das.«
    Lyla war cooler als ihr Freund. »Sie haben uns förmlich dazu gezwungen, Sir. Sie wollten den Leuten nicht sagen, was sie wissen mussten. Sie haben gelogen! Wenn wir einen Fehler gemacht haben, Sie auch.«
    »Und das«, meldete Bella sich, »ist das erste vernünftige Wort, das jemand gesagt hat.«
    »Ich stimme Ihnen zu«, sagte Athene trocken. »Vielleicht sollten Sie sich alle setzen. Im hinteren Bereich der Brücke ist ein ›Brainstorming-Eck‹ eingerichtet worden …«
    Es handelte sich dabei um eine Sitzecke aus einem Plastiktisch, dessen Platte mit kindgerechten Sonnensturm-Infos geschmückt war, und kleinen Stühlen mit Mikrogravitations-Bügeln für die Füße. Die fünf nahmen hier Platz und schauten sich über den fröhlich bunten Tisch hinweg finster an.
    »Also ich bin jedenfalls froh, hier zu sein«, sagte Athene.
    Bella schaute auf. »Machst du Witze, Athene?«
    »Sie kennen mich doch, Bella. Ich mache immer Witze.«
    »Aha. Dann freust du dich also, dass wir dich von Cyclops nach Hause gebracht haben.« Wenn man eine verteilte Intelligenz wie Athene überhaupt irgendwo verorten konnte, befand sie -

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