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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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die Reste des Kohlendioxid-Schnees, der jeden Frühling sublimiert wird. Hier am Rand des Eisfelds sind wir noch ungefähr fünfhundert Kilometer von Wells Station entfernt, die sich in der Nähe des Pols befindet. Die Fahrt wird jetzt angenehmer. Die Räder des Rovers sind für verschiedene Bodenarten konfigurierbar.«
    »Fehlt nur noch«, sagte Bisesa, »dass die Discovery auch Kufen ausfährt.«
    Alexej schaute sie leicht schmerzerfüllt an. »Bisesa, das hier ist der Mars. Die Außentemperatur liegt beim Gefrierpunkt von Trockeneis - bei diesem Druck sind das ungefähr hundertfünfzig Kelvin.« Sie rechnete das um. »Hundertzwanzig Grad unter dem Gefrierpunkt.«
    »Richtig«, sagte Paula. »Bei diesen Temperaturen ist Wassereis so hart, dass es einem Eislaufen auf Stein gleichen würde.«
    Bisesa war leicht vergrätzt. »Diesen kleinen Vortrag haben Sie wohl schon ein Dutzend Mal gehalten, nicht wahr?«

    »Sie hatten noch keine Zeit für die obligatorische Einweisung. Machen Sie sich also nichts draus.«
    Wo sie nun auf dem Eis waren, erwartete Bisesa eine zügige und reibungslose Fahrt zum Pol. Aber das Führungsfahrzeug wich bald vom direkten Nordkurs ab und beschrieb einen weiten Bogen im Uhrzeigersinn. Beim Blick aus dem linken Fenster erhaschte Bisesa einen Blick auf eine Felsschlucht.
    Sie überwand ihren Stolz und fragte Paula, was es damit auf sich hätte.
    Paula sagte, das sei ein »Spiral-Canyon«, eine von vielen in die Eiskappe gefrästen Schluchten. Sie rief eine Abbildung der gesamten Polarkappe auf, die man im Sommer aus dem Weltraum aufgenommen hatte, als der Trockeneis-Schnee die Landschaft nicht kaschiert hatte. Die Eiskappe hatte die Form eines rotierenden Sturmsystems, wobei diese spiralförmigen Felsschluchten sich wie Sicheln vom Rand fast bis in den Pol hineindrehten. Das war ein erstaunlicher Anblick, und Bisesa wusste nicht, dass es auf der Erde ein Pendant gegeben hätte. Doch nach ihrer Reise durch das Sonnensystem war ihr die Fähigkeit zum Staunen weitgehend abhanden gekommen.
    Je weiter sie kamen, desto tiefer wurde der Schnee - bis die Piste schließlich von zwei Meter hohen Schneewänden gesäumt wurde. Der Schnee mutete kompakt an: härter als der Schnee auf der Erde und vielleicht auch dichter.
    Zu ihrer Erleichterung sah sie schließlich eine Ansammlung von Lichtern voraus und die runden Flanken von Wohnmodulen.
     
    Eine Reihe von grünen Lichtern erstreckte sich in die Ferne, als ob sie auf einer Startbahn entlangführen. Als der Rover näher kam, sah Bisesa, dass die Lampen an ungefähr vier Meter hohen Masten befestigt waren - vielleicht, damit sie oberhalb der Schneedecke blieben. Beim Blick zurück sah sie, dass die Lichter weiß waren: so wusste man in der Finsternis eines
Marsschneesturms, ob man sich der Basis nähere oder sich von ihr entfernte.
    Die Strukturen, die sich in der Dunkelheit abzeichneten, ruhten auf Pfählen und waren keine Kuppeln, sondern glichen vielmehr Torten, die oben und unten abgerundet worden waren. Sie erstrahlten in hellem Grün und schmiegten sich, durch kurze Tunnels verbunden, aneinander. Bisesa sah, dass diese großen Wohnmodule auf Rädern montiert und mit Seilen und Haken am Eis befestigt waren. Sie verglich sie mit riesigen Wohnmobilen.
    Während sie sich der Station näherten, traten die Wände aus Trockeneis-Schnee zurück, bis der Rover schließlich über eine Eisfläche fuhr, die fast frei von Schnee war, dafür aber von einem schwarzen Geflecht überzogen wurde. Heizelemente vielleicht, um das Trockeneis fernzuhalten. Der Rover fuhr vor einer niedrigen Kuppel am Fuß eines Pfahls vor. Zwei Stationsfahrzeuge waren hier abgestellt - sie wirkten wie gepanzerte Fahrzeuge, waren aber kleiner als der Rover von Lowell.
    Paula führte sie durch die Luke, und Bisesa stand in einem Treppenhaus, das mit blau-grünem Kunststoff überdacht war und zweifellos zum nächsten »Pfahlbau« führte. Alexejs Koffer vermochte die Stufen nicht zu erklimmen und musste an einem Plastikseil hochgezogen werden.
    Am oberen Treppenabsatz wurden die Neuankömmlinge bereits von der Stationsbesatzung erwartet. Die vierköpfige Besatzung bestand aus zwei Frauen und zwei Männern. Ihre Gliedmaßen waren »marsdünn«, aber um die Hüfte waren sie etwas fülliger. Alle waren noch recht jung; Bisesa schätze sie auf unter vierzig. Ihre Overalls waren sauber, aber geflickt, und sie alle rochen leicht ranzig. Keiner von ihnen hatte eine Identifikations-Tätowierung

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