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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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Eiskuppel, und wir sind bis in eine Tiefe von zweieinhalb Kilometern vorgestoßen - es wird Hanse Critchfield ein Vergnügen sein, Ihnen seinen Bohrturm zu zeigen. Natürlich wären es drei Kilometer gewesen, wenn der Sonnensturm nicht die oberen Eisschichten abgeschmolzen hätte.« Er schüttelte den Kopf. »Es ist wirklich eine Schande.«
    Myra fuhr mit dem Finger über die Aufzeichnung. »Und Sie können das interpretieren, so wie man Eiskerne auf der Erde interpretiert?«
    »Sicher. Die Polkappe besteht aus Schichten, die eine Analogie zu Jahresringen darstellen. Und jeder Jahresring ist ein Schnappschuss der jeweils herrschenden Bedingungen - Klima, Staub, kosmische Einflüsse, was auch immer. Genau wie auf der Erde. Aber die Details sind natürlich verschieden. In Grönland haben Sie beispielsweise einen jährlichen Schneefall von ein paar Dutzend Zentimetern. Hier ist die abgelagerte
Wassereis-Schicht nicht einmal ein siebtel Millimeter dick - aufs Jahr bezogen.
    Sehen Sie hier.« Er trat an die Wand, wo der lange gewundene Streifen auslief. »Das ist das Ende des Streifens; die jüngsten Schichten, die letzten Ablagerungen sind oben - alles klar? Dieser obere Teil der Aufzeichnungen stammt von der Besatzung der Aurora vor dem Sonnensturm. Ein Zentimeter entspricht ungefähr einem Zeitraum von einem Jahrzehnt. Diese schmalen braunen Streifen …« Er identifizierte sie mit dem Daumennagel. »Sie stellen globale Staubstürme dar. Und dieses Band stellt die Auswaschung dar, die Mariner 9 entdeckte, als sie 1971 in die Umlaufbahn ging. Der ganze Planet war damals in eine Staubwolke gehüllt …
    Auf dem Mars wurden Ereignisse in verschiedenen Zeiträumen durch unterschiedliche Niveaus im Eiskern abgebildet. Zehn Zentimeter tiefer finden sich die Spuren der Strahlung, in die der Mars vor tausend Jahren durch die Supernova im Krebsnebel gebadet worden war. Etwa jeden Meter stößt man auf eine dickere Schicht aus Mikrometeoriten, erstarrte Tröpfchen aus geschmolzenem Gestein; alle zehn-oder hunderttausend Jahre wurde der Mars nämlich von einem Objekt getroffen, das massiv genug war, um seinen Schutt bis über die Pole zu verteilen. Und das große zollstockartige Band bildete das dramatischste Ereignis im gegenwärtigen astronomischen Zyklus des Mars ab: ein Kippen der Polachse, das alle hunderttausend Jahre vorkam.
    Man findet sogar Spuren der Erde in diesem Marseis«, fuhr Juri fort. »Meteoriten, die von der Heimatwelt hierher geschickt wurden - wie auch Marsmeteoriten ihren Weg zur Erde fanden.« Er grinste. »Ich suche noch immer nach Spuren des Dinosaurier-Killers.«
    Myra musterte ihn. »Sie lieben Ihre Arbeit, nicht wahr?« Sie klang neidisch, sagte Bisesa sich. Sie hatte sich immer schon zu Menschen mit Missionen hingezogen gefühlt - wie Eugene Mangles.

    »Sonst würde ich es in diesem Eissarg auch gar nicht aushalten. Aber wir konzentrieren uns nicht mehr darauf. Weil sich nämlich kein Schwein dafür interessiert, was wir unterm Eis gefunden haben. Die Eiskappe und die Kerne - das ist alles nur im Weg.«
    Bisesa ließ sich das durch den Kopf gehen. »Es tut mir leid.«
    Er lachte kurz. »Ist ja nicht Ihre Schuld.«
    »Was habt ihr also gefunden?«, fragte Myra.
    »Sie werden es bald herausfinden. Wenn Sie fertig sind, soll ich Sie zu einem Kriegsrat mitnehmen.«
    Er stand auf.

{22}
    ANNÄHERUNG
    Die Liberator flog der Q-Bombe entgegen, einem Speer aus Feuer und Eis. Auf dem Flugdeck saßen Edna Fingal und John Metternes in ihren Druckanzügen. Die Helme hatten sie aufgesetzt, aber die Visiere waren noch hochgeklappt.
    Obwohl sie für das bloße Auge noch unsichtbar war, identifizierten sie die Q-Bombe bereits anhand ihres Gravitationszugs, der Konzentration magnetischer Energie und des Nebels aus exotischen Teilchen, die es auf dem Flug durchs Sonnensystem emittierte.
    »Es ist genauso, wie Professor Carel es vorhergesagt hat«, meldete John, der durch eine Softscreen-Übersicht scrollte. »Exakt das Spektrum, das beim Vergehen eines schwarzen Miniatur-Lochs entsteht. Eindeutig ein kosmologisches Artefakt …«
    »Dort«, flüsterte Edna und wies in die entsprechende Richtung.
    Die Q-Bombe war eine Blase aus verzerrtem Sternenlicht, wie ein Wassertropfen, der am Antlitz des Himmels abperlte. Edna kroch beim Anblick dieses Dings eine eisige Kälte ins Gebein.
    »Es ist ein Auge «, sagte John. »Eine perfekt reflektierende Sphäre, eine Kugel mit einem Durchmesser von hundert Metern. Sie weist alle

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