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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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nicht wäre, könnte man auf der Decke spazieren gehen. Kopfüber! Das Auge wird von einer Gravitationsanomalie umschlossen, die offensichtlich genauso künstlich wie das Auge ist. Es ist mir auch gelungen, eine Struktur zu entdecken. Muster an der Grenze der Erkennbarkeit. Die Struktur des Schwerefelds selbst enthält vielleicht Informationen …«
    Juri lächelte. »Das ist schon eine interessante Materie. Sehen Sie, es gibt durchaus Mittel und Wege, wie ein zweidimensionales Geschöpf, das in einem Wasser-Universum existiert, diesen frechen Finger festhalten könnte. Einfach einen Faden drumherum wickeln und ihn anbinden, sodass er nicht mehr zurückgezogen werden kann. Diese Gravitationsstruktur muss sich analog verhalten.«

    »Sagen Sie mir, was Ihrer Ansicht nach hier geschehen ist«, sagte Bisesa.
    »Wir vermuten, dass es Marsmenschen gab«, sagte Juri. »Vor langer Zeit, als unsere Vorfahren noch purpurroter Schleim waren. Wir wissen nichts über sie. Aber sie haben genug Lärm gemacht, um die Aufmerksamkeit der Erstgeborenen zu erregen.«
    »Und die Erstgeborenen haben zugeschlagen«, flüsterte Bisesa.
    »Ja. Aber die Marsmenschen setzten sich zur Wehr. Sie haben das entwickelt: eine Gravitationsfalle. Und sie hat ein Auge gefangen. Seitdem harrt es hier aus. Seit Äonen, schätze ich.«
    »Wir haben versucht, Ihre Erkenntnisse zu nutzen, Bisesa«, sagte Ellie.
    »Was meinen Sie?«
    »Was Sie von Mir und Ihrer Heimreise berichteten. Sie sagten, die Augen hätten die Funktion von Toren - zumindest zeitweise. Wie ein Wurmloch vielleicht. Also haben wir experimentiert. Wir haben eigene Produkte des Auges dorthin zurückgespiegelt, und zwar mit einem Elektromagneten, den wir aus einem Teilchenbeschleuniger ausgebaut hatten. Als ob Sie einem Gesprächspartner das Echo seiner Aussagen vorhielten.«
    »Sie haben versucht, ein Signal durch das Auge zu senden.«
    »Nicht nur das.« Ellie grinste. » Wir haben ein Signal zurückbekommen. Eine regelmäßige Taktfolge in den Zerfallsprodukten. Wir haben sie analysieren lassen. Bisesa, es gleicht dem ›Besetztzeichen‹ eines bestimmten archaischen Mobiltelefon-Modells.«
    »Mein Gott. Mein Handy, im Tempel. Ihr habt eine Mitteilung an mein Handy auf Mir gesendet!«
    Ellie lächelte. »Das war ein bedeutender technischer Erfolg.«

    »Wieso lassen wir die Erde das nicht wissen?«, fragte Myra.
    »Vielleicht werden wir gar nicht umhinkommen«, sagte Alexej müde. »Aber falls sie uns aufspüren, schleppen sie das Auge wahrscheinlich als Trophäe zur UN Plaza in New York und buchten uns ein. Wir müssen uns schon eine bessere Ausrede einfallen lassen.«
    »Genau deshalb bin ich hier«, sagte Bisesa.
     
    Die Beschleunigung war brutal.
    Edna und John sahen nichts von der Detonation, als sie erfolgte, denn alle Sensoren der Liberator waren deaktiviert oder anderswohin ausgerichtet worden, und die Fenster des Flugdecks waren wie Milchglas eingetrübt. Während Edna in den Sitz gepresst vor der Explosion floh, wurde sie an Schulungssimulationen der Himmelfahrtskommandos von Piloten des Kalten Krieges erinnert, die sie geflogen hatte. Sie hatte den Auftrag, mit dem Kampfflugzeug FJ4-B Fury mit dreihundert Knoten ins feindliche Territorium einzudringen, die unterm Rumpf aufgehängte Atombombe auszuklinken und wieder zu verschwinden. Um dem nuklearen Feuerball zu entkommen, musste das Flugzeug auf eine Geschwindigkeit beschleunigt werden, die von den Konstrukteuren auch nicht annähernd vorgesehen war. Diese Mission hatte einen vergleichbaren Charakter - obwohl sie paradoxerweise weitaus geschützter war als jeder dieser heroischen, auf verlorenem Posten stehenden Piloten der 1960er-Jahre. Es gab im Vakuum des Weltraums keine Druckwellen, denen man entrinnen musste; Kernwaffen entfalteten erst in einer Atmosphäre ihr ganzes Vernichtungspotenzial.
    Die Beschleunigung brach plötzlich ab, und Edna wurde nach vorn in die Sicherheitsgurte gerissen. Sie hörte John grunzen. Mit stotternden Steuerdüsen wendete das Schiff, und die Fenster wurden wieder transparent.
    Der Feuerball des nuklearen Sprengkopfs hatte sich bereits aufgelöst.

    »Und die Q-Bombe«, meldete John aufgeregt, »ist immer noch da. Anscheinend unversehrt. Und den Messgeräten zufolge ist sie nicht einmal von ihrer Flugbahn abgewichen.«
    »Das ist doch absurd. So massiv ist sie nun auch wieder nicht.«
    »Anscheinend wird sie - durch etwas Festeres im Raum verankert als der bloßen Masseträgheit.«
    »Edna«,

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