Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
Vom Netzwerk:
zu schnarchen begann, verließ sie leise den Raum und schloss die Tür.

{30}
CHILIARCH
    Grove und Abdi brachten Bisesa zu einer kleineren Kammer, einem Büro, das mit Sofas und Tischen ausgestattet war. Dieser Tempel mutete überhaupt wie ein Bürogebäude an, sagte Emeline sich; wie sie später erfuhr, handelte es sich dabei um ein Verwaltungszentrum für verschiedene Kulte und Ministerien sowie um eine Kultstätte.
    Grove bedeutete Bisesa, Platz zu nehmen, und wickelte sie in eine Decke. Dann verlangte Grove lautstark nach Tee, bis ein Diener Bisesa eine Schale mit einem heißen, milchigen Getränk brachte, an dem sie dankbar nippte.
    Zwei grimmig dreinblickende mazedonische Wächter waren an der Tür postiert. Sie trugen die langen, brutal wirkenden Piken, die sie sarissae nannten . Die Rückkehr von Bisesa schien einen Aufruhr verursacht zu haben; obwohl Emeline nicht wusste, ob diese Wächter die Leute vor Bisesa schützen sollten oder umgekehrt.
    Emeline setzte sich und unterzog Bisesa Dutt einer Musterung.
    Sie sah älter aus als Emeline, aber nicht viel älter - vielleicht fünfzig. Sie war genauso, wie Josh sie beschrieben hatte; er hatte sie sogar in einigen seiner Journale porträtiert. Ihr Gesicht war gut geschnitten und proportioniert, wenn nicht sogar schön, die Nase stark und das Kinn kräftig. Ihre Augen waren klar und das kurz geschnittene Haar ergraut. Obwohl sie geschwächt und desorientiert wirkte, spürte Emeline, dass sie Kraft ausstrahlte - eine zähe, hartnäckige Kraft.

    Bisesa gelangte wieder zu Kräften und peilte die Lage. »Also«, sagte sie. »Da wären wir.«
    »Hier sind Sie «, sagte Grove. »Sie sind wieder daheim, nicht wahr? Ich meine, daheim in England. Ihrem England.«
    »Ja, Kapitän. Ich wurde in die Zeit der Diskontinuität in meiner Zukunft zurückbefördert. Auf den Tag genau. Obwohl ich fünf Jahre auf Mir zugebracht hatte.«
    Grove schüttelte den Kopf. »Ich muss mich erst noch an den seltsamen Fluss der Zeit hier gewöhnen. Ich glaube aber nicht, dass mir das jemals gelingen wird.«
    »Nun bin ich zurück. Aber wann bin ich?«
    »Madame«, sagte Emeline, »es ist hier allgemein bekannt, dass Sie Mir im Jahr Fünf des neuen Kalenders, der von den babylonischen Astronomen erstellt wurde, verlassen haben. Heute schreiben wir das Jahr Zweiunddreißig …«
    »Also siebenundzwanzig Jahre.« Bisesa schaute sie neugierig an. »Sie sind Amerikanerin.«
    »Ich stamme aus Chicago.«
    »Natürlich. Die Sojus hat euch am Rand des nordamerikanischen Eisschilds entdeckt.«
    »Ich komme aus dem Jahr 1894«, sagte Emeline. Es war ihr zur Gewohnheit geworden, dieses Detail ständig zu betonen.
    »Neun Jahre nach Kapitän Groves Zeitscheibe - Jahrgang 1885.«
    »Ja.«
    Bisesa wandte sich Abdikadir zu, der seit Bisesas Bergung wenig gesagt hatte. »Und Sie sind Ihrem Vater ja sooo ähnlich.«
    Abdi machte große Augen. Er war nervös, neugierig und wollte vielleicht Eindruck schinden. »Ich bin Astronom. Ich arbeite hier im Tempel - es gibt eine Sternwarte auf dem Dach.«
    Sie lächelte ihm zu. »Ihr Vater muss stolz auf Sie sein.«
    »Er ist nicht hier«, platzte Abdi heraus. Und er erzählte ihr, dass Abdikadir Omar in eigener Mission nach Südafrika
gegangen war; wenn Mir durch eine Stichprobenerhebung von Hominiden aus der langen Entwicklungsgeschichte der Menschheit bevölkert wurde, hatte Abdikadir die früheste, die allererste Abspaltung von den anderen Linien der Menschenaffen gesucht. »Aber er ist nicht zurückgekehrt. Das ist schon einige Jahre her.«
    Bisesa nahm diese Nachricht zur Kenntnis und nickte. »Und Casey? Was ist mit ihm?«
    Casey Othic, das dritte Besatzungsmitglied der Little Bird , war auch nicht mehr hier. Er war an den Spätfolgen einer alten Verletzung gestorben, die er sich am Tag der Diskontinuität zugezogen hatte. »Aber«, sagte Kapitän Grove, »nicht ohne ein wahrhaftes Vermächtnis zu hinterlassen. Eine Schule von Othic . Ingenieure, für die Casey buchstäblich ein Gott wurde! Sie werden es noch sehen, Bisesa.«
    Bisesa hörte sich das schweigend an. »Und die dreiköpfige Sojus-Besatzung wurde schließlich getötet. Es gibt hier also keine modernen Menschen mehr - ich meine, niemanden aus meiner Zeit. Das ist schon ein eigenartiges Gefühl. Und was ist mit Josh?«
    Kapitän Grove hüstelte hinter vorgehaltener Hand, fast eine Karikatur eines distinguierten Briten. »Ihre Abreise hat er jedenfalls überlebt, Bisesa.«
    »Er ist die Hälfte des Weges

Weitere Kostenlose Bücher