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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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Kanonenrohr, das wird vielleicht zwanzig Monate dauern!«
    »Libby, ist das zu schaffen?«
    »Wir befinden uns im freien Fall wie die Bombe«, sagte die KI. »Also werden Brennstoff und Reaktionsmasse kein Problem sein. Wenn der Recycling-Wirkungsgrad nominell bleibt, wird die Überlebenshülle die Körperfunktionen der Besatzung unterstützen.«
    »Schön gesagt«, murrte John.
    »Du bist der Ingenieur«, sagte Edna zickig. »Glaubst du, dass sie recht hat?«
    »Ich glaube schon. Und selbst wenn, Kapitän! Unsere Waffen sind nutzlos.«
    »Es ist immer noch besser, es bleibt wenigstens einer an der Bombe dran als überhaupt niemand. Vielleicht tut sich doch noch etwas. John, Libby, erstellt einen Plan. Ich werde den Einsatzbefehl durchgehen, und wenn wir davon überzeugt sind, dass es unter dem Gesichtspunkt der Ressourcen machbar ist, werden wir unsere Rückmeldung an die Erde senden.«
    » Das wird ein Bonza-Trip«, murmelte Metternes.

    Edna warf einen Blick auf ihre Softscreen. Da war die Bombe, die immer tiefer ins Sonnensystem vorstieß und überhaupt nur durch die Sterne sichtbar war, die sie widerspiegelte. Edna fragte sich schon, was sie Thea sagen sollte - wie sie ihr begreiflich machen sollte, dass sie so bald nicht nach Hause kommen würde.

{32}
ALEXANDER
    Bisesa wurde ein eigener Raum im Palast von Nebukadnezar zugewiesen, in dem Alexander sich natürlich eingenistet hatte. Eumenes’ Bedienstete stellten ihr Kleidung im prunkvollen persischen Stil zur Verfügung, der vom mazedonischen Hof übernommen worden war.
    Und Emeline kam vorbei und half ihr mit ein paar Toilettenartikeln aus: ein Kamm, Cremes für Gesicht und Hände, ein Fläschchen Parfüm und sogar ein paar vorsintflutlich anmutende Damenbinden. Das gehörte zur Bestückung des Reisekoffers einer Dame des 19. Jahrhunderts. »Sie scheinen mit fast nichts angekommen zu sein«, sagte sie.
    Bei dieser Geste von einer Frau, die so weit von zu Hause entfernt war, zu einer anderen hätte Bisesa fast geweint.
    Sie schlief eine Weile. Sie wurde von der plötzlichen Rückkehr der Erdenschwere niedergedrückt, die das Dreifache der Schwerkraft auf dem Mars ausmachte. Und ihre innere Uhr ging völlig falsch; wie zuvor hatte diese neue Diskontinuität , ihr ganz persönlicher Zeitschlupf, ihr eine Art Jetlag beschert.
    Und dann weinte sie wirklich: um sich selbst, wegen der ganzen schrecklichen Erlebnisse und wegen des Verlusts von Myra. Denn diese letzten außergewöhnlichen Wochen, in denen sie zusammen den Weltraum bereist hatten, waren wahrscheinlich so lang gewesen wie die ganze Zeit, die sie mit Myra seit den Tagen des Sonnensturms allein verbracht hatte. Das war wenigstens ein Trost, sagte sie sich, auch wenn es den Anschein hatte, dass sie kaum richtig miteinander gesprochen und sich besser kennengelernt hatten.

    Sie sehnte sich danach, mehr von Charlie zu erfahren. Sie hatte bisher noch nicht einmal ein Foto von ihrer Enkeltochter gesehen.
    Sie versuchte, wieder zu schlafen.
     
    Sie wurde von einer scheuen Bediensteten, vielleicht einer Sklavin, geweckt. Es war früher Abend. Zeit für ihren Empfang bei Eumenes und vielleicht sogar bei Alexander.
    Sie badete und zog sich an; sie hatte früher schon babylonische Gewänder getragen, kam sich aber noch immer lächerlich darin vor.
    Der prunkvolle Saal, in den sie geleitet wurde, kündete von einem geradezu obszönen Reichtum: Er war mit Tapisserien, edlen Teppichen und exquisiten Möbeln ausgestattet. Selbst der Zinnbecher, den ein Diener ihr für den Wein reichte, war mit Edelsteinen besetzt. Jedoch wimmelte es von Wachen, die an den Türen und im Saal postiert waren; ihre Bewaffnung bestand aus langen sarissa -Piken und Kurzschwertern. Sie trugen keine Rüstung, sondern Helme, die aus Rindleder gefertigt zu sein schienen, ein Wams aus Leinen und Lederstiefel. Sie sahen aus wie die Infanteristen, an die Bisesa sich von ihrem letzten Aufenthalt hier erinnerte.
    Inmitten der eisenbewehrten Soldaten und der silbernen und goldenen Dekorationen flanierten plaudernde Höflinge. Sie trugen exotische Kleidung in den vorherrschenden Farben Purpurrot und Weiß. Ihre Gesichter waren so stark geschminkt - bei Männern und Frauen gleichermaßen -, dass man ihr Alter kaum zu schätzen vermochte. Sie bemerkten Bisesa und machten aus ihrer Neugier kein Hehl, doch ihr eigentliches Interesse galt einander und dem Geflecht aus Intrigen, das sie gesponnen hatten.
    Und es bewegten sich Neandertaler in der Menge.

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