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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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genauso gemacht wurde wie die Erde, auf der wir wandeln?«
    »Wir haben auch Astronomen in Chicago«, sagte Emeline. »Auch Teleskope, die die Erstarrung - ich meine die Diskontinuität - überdauert haben. Ich weiß, dass sie die Planeten beobachten. Und die alle nicht mehr so sind, sagt man, wie sie vorher waren. Lichter auf dem Mars. Städte! Ich weiß nicht viel darüber. Nur das, was in den Zeitungen steht.«
    Bisesa und Grove starrten sie an.
    »Städte auf dem Mars?«, sagte Bisesa.
    Und Kapitän Grove fragte: »Sie haben Zeitungen ?«
    Das gab dem Chiliarch zu denken. »Es gibt andere …« Er suchte nach dem richtigen Wort. » Wissenschaftler. Andere Wissenschaftler in Chicago?«
    »Ach, alle möglichen Disziplinen«, sagte Emeline fröhlich. »Physiker, Chemiker, Ärzte, Philosophen. Die Universität hat den Betrieb irgendwie aufrechterhalten, und es wird gerade ein neuer Campus in New Chicago südlich vom Eis eingerichtet, damit der akademische Betrieb weitergehen kann, wenn wir die alte Stadt aufgegeben haben.«
    Eumenes wandte sich an Bisesa. »Ich glaube, Ihr solltet in dieses Chicago reisen, einem Ort der Wissenschaft und des Lernens aus einem Zeitalter, das mehr als zwanzig Jahrhunderte von den Tagen Alexanders entfernt ist. Vielleicht wird es Euch dort am ehesten gelingen, eine Antwort auf die große Frage zu finden, die Euch hierher geführt hat.«
    »Es wird aber verdammt lang dauern, um dorthin zu gelangen«, gab Grove zu bedenken. »Monate …«

    »Dennoch ist es offensichtlich notwendig. Ich werde Eure Beförderung veranlassen.«
    Emeline hob eine Augenbraue. »Es sieht so aus, als ob wir noch viel Zeit hätten, um uns kennenzulernen, Bisesa.«
    Bisesa war durch die plötzliche Entscheidung von Eumenes verwirrt. »Sie haben es immer gewusst«, sagte sie. »Deutlicher als irgendjemand sonst von Alexanders Leuten haben Sie gesehen, dass der Schlüssel zu diesen Erstgeborenen die Augen sind. Alles andere, das Reich und die Kriege, sind ein Popanz.«
    Er grunzte. »Wenn es mir an Wahrnehmungsvermögen ermangeln würde, hätte ich nicht so lange an Alexanders Hof überlebt, Bisesa. Ihr werdet kaum noch jemanden von den Leuten antreffen, an die Ihr Euch aus der Zeit vor drei Jahrzehnten erinnert. Alle sind den Säuberungen zum Oper gefallen.«
    »Alle außer Ihnen«, sagte sie.
    »Nicht zuletzt deshalb, weil ich es immer zu arrangieren wusste, selbst der Organisator dieser Säuberungen zu sein …«
    Es ertönte ein Fanfarenstoß, und ein großes Geschrei hob an.
     
    Eine Abteilung Soldaten betrat mit erhobenen sarissae den Raum. In ihrem Gefolge erschien eine groteske Gestalt in einer durchsichtigen Toga - spindeldürr, leicht klapprig, und das mit einer Kriegsbemalung verzierte Gesicht war zu einem Grinsen verzogen. Bisesa erinnerte sich: Das war Bagoas, ein persischer Eunuch und einer von Alexanders Günstlingen.
    »Auch nicht mehr das, was er einmal war«, konstatierte Eumenes. »Aber er ist ein Überlebenskünstler - wie ich.« Er hob seinen Kelch zu einem lässigen Gruß.
    Und dann erschien der König selbst. Er wurde von einer Gruppe grimmig blickender junger Männer in edlen purpurroten Gewändern umringt.
    Er watschelte, als ob er schon betrunken wäre, schwankte und wäre vielleicht sogar zu Boden gegangen, wenn er sich
nicht auf den stämmigen kleinen Pagen gestützt hätte, der neben ihm herging. Er trug grelle purpurrote Gewänder und einen Kopfputz aus einem Widderhorn, das aus einem goldenen Diadem wuchs. Sein Gesicht vermittelte noch einen Eindruck von der Schönheit, an die Bisesa sich erinnerte - mit diesem vollen Mund und einer kräftigen Nase, die sich zu einer leicht gewölbten Stirn hinaufzog. Über dem Haaransatz kräuselten sich Ringellocken. Seine immer schon rötliche Haut war nun fleckig, er hatte Hängebacken und seine kräftige Statur wurde durch Fettwülste verunstaltet. Bisesa erschrak über die Veränderung, die mit ihm vorgegangen war.
    Die Höflinge warfen sich ehrfürchtig zu Boden. Die Soldaten und einige höhergestellte Personen blieben stehen, gingen aber in Habachtstellung beziehungsweise verneigten sich. Der kleine Page, der ihn stützte, war ein Neandertaler-Junge; sein animalisches Gesicht war dick eingecremt, und das drahtige Haar auf seinem Kopf war zu kleinen Locken gewickelt. Und als der König an ihr vorbeikam, stieg Bisesa Uringestank in die Nase.
    »Das ist der Herrscher der Welt«, wisperte Emeline, als er an ihnen vorüberging. Für Bisesa klang das

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