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Wächterin der Träume

Wächterin der Träume

Titel: Wächterin der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Smith
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wird sie es sagen. Aber das glaube ich nicht.«
    Ich dachte an die Oberste Wächterin und ihre gifttriefende Stimme und dass sie mich behandelte, als wäre ich so etwas sie der Antichrist des Traumreichs. »Glauben die Geschöpfe tatsächlich, dass ich eure Welt vernichten will?«
    »Es ist auch deine Welt«, erwiderte er in sanftem Ton. Ich verkniff mir jede Debatte darüber. Ich gehörte halb zu jener und halb zu dieser Welt. Und zu keiner ganz. »Triff dich so bald wie möglich mit Hadria. Du wirst feststellen, dass sie sehr hilfsbereit ist.«
    »Das mache ich.« Und wenn auch nur, um ein paar ehrliche Antworten zu bekommen. Im Gegensatz zu meinem Vater hatte Hadria keinen Grund, mich vor der Wahrheit zu schützen.
    »Braves Mädchen.« Er lächelte kurz. »Ich muss zurück. Deine Mutter weiß nicht, dass ich ausgekniffen bin.«
    »Du willst ihr nichts verraten, was?«
    Er sah mich mit einem eigenartigen Blick an. »Ich versuche, sie so wenig wie möglich aufzuregen.«
    »Sie ist kein zartes Blümchen, das weißt du.« Ich dachte an Amanda und was sie durchgemacht hatte. »Die Wahrheit wird ihr nicht schaden.«
    Der Gott der Träume legte den Kopf schief und warf mir wieder diesen seltsamen Blick zu. Ich kannte den Ausdruck von mir selbst. Im Grunde genommen wirkte seine gesamte Erscheinung wie ein Spiegelbild von mir. Was sie natürlich auch war. Schon gruselig. »Du weißt ja nicht, wie sie leidet, seit sie ihre Familie verlassen hat.«
    Seufzend rieb ich mir die Stirn. »Nicht schon wieder diese Diskussion.«
    Zu meiner Überraschung nickte mein Vater nur und ließ es gut sein. Normalerweise hätte er leidenschaftlich Partei für Mom ergriffen, aber vielleicht hatte er diesen Streit ebenso satt wie ich. »Pass auf dich auf, mein süßer Traum.«
    So hatte er mich schon seit Jahren nicht mehr genannt. Dann verschwand er einfach und ließ mich verdutzt zurück – zum Teufel mit ihm! Gerade eben war er noch da und im nächsten Augenblick weg, und ich starrte auf meine eigenen wasserblauen Augen im Spiegel.
    Warum schien mich jeder im Traumreich zu hassen? Womit hatte ich das verdient?
    Selbstmitleid war kein schöner Zug, und ich gab mich ihm öfter hin, als gut für mich war. Als dickes Kind wurde ich viel gehänselt – und grundlos abgelehnt. Die anderen Kinder mochten mich irgendwie nicht. Dabei wollte ich doch so gern gemocht werden.
    Dieses Gefühl empfand ich jetzt wieder. Ich wollte, dass die Wesen in der Welt meines Vaters mich mochten und akzeptierten. Ich wollte eine von ihnen sein. Ich wollte dazugehören.
    Meine Augen brannten, und eine Träne lief mir über die Wange. Na toll, jetzt fing ich auch noch an zu heulen. Schniefend zog ich ein Kleenex aus der Packung, die auf dem Waschtisch stand, und betupfte mir damit vorsichtig die Augen, um meine Wimperntusche nicht zu verschmieren. Selbst im Augenblick der Selbsterkenntnis noch eitel.
    Kurz darauf verließ ich die Praxis. Bonnie fragte nichts, aber nach ihrer Miene zu urteilen ahnte sie, dass etwas nicht in Ordnung war. Ob sie wohl wusste, was?
Ich
wusste es ganz gewiss nicht.
    Statt in meine eigene Wohnung zu gehen, machte ich mich auf den Weg zu Noah. Ich wollte nicht allein sein. Ich brauchte … irgendetwas. Etwas Schönes. Etwas, woran ich mich klammern konnte.
    Wenige Sekunden nachdem ich auf die Klingel gedrückt hatte, öffnete Noah die Tür. Zum Glück war er zu Hause und nicht bei Amanda. Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn er nicht da gewesen wäre.
    »Warum kommst du denn so spät?«, fragte er leichthin. Zerzaust und barfuß stand er in der Tür.
    Ich legte die Arme um ihn und drängte ihn ins Haus. Hinter mir fiel die Tür zu und schloss mich in dieser winzigen Diele ein, in der es nur Noah gab. Ich fühlte mich wie eingehüllt in sein festes, warmes Fleisch, das nach würziger Vanille roch. Es war ein himmlisches Gefühl.
    Ich weiß nicht, was über mich kam, aber plötzlich fing ich an zu zittern. Ich musste ihn unbedingt haben – jetzt, auf der Stelle, wollte ich ihn in mir spüren, seine Haut an meiner Haut. Irgendetwas spüren. Ich fingerte an seinen Hosenknöpfen herum.
    Eine Sekunde lang starrte er mich an. Ich erwiderte seinen Blick, während meine Finger an seiner Kleidung zerrten. Er muss die Verzweiflung in meinen Augen gesehen haben, denn ohne ein Wort zu sagen presste er die Lippen auf meinen Mund – heiß und hart. Es war kein sanfter Kuss, und ich erwiderte ihn mit gleicher Inbrunst. Seine Lippen waren

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