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Während die Welt schlief

Während die Welt schlief

Titel: Während die Welt schlief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Abulhawa
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Mittelmeer und Jordan nur Juden leben.« Er umarmte sie fester. »Palästina wird uns gehören. Du wirst sehen. Wir werden eine Familie gründen. Wir fangen ein neues Leben an. Schlaf jetzt. Träum von
den Kindern, die wir haben werden, Liebling. Wir werden nie wieder verfolgt werden.«
    Mosche drückte Jolanta fest an sich und dachte über die Pläne zur Vertreibung der Briten nach.
    Zuerst die Briten , dachte er, dann die Araber .
    Er behielt recht. Die Zionisten schafften es, die Briten und die meisten Araber loszuwerden. Mit Jolanta erlebte er die Geburt Israels. Tatsächlich half Mosche sogar, den neuen Staat, der sich aus Europas Asche erhob, auf die Welt zu bringen. Doch ein Kind konnten Mosche und Jolanta nicht zeugen.
    Als Mosche und seine Kameraden Ein Hod verließen, klang das Bild der arabischen Frau und ihrer Kinder in ihm nach. Jolanta hatte so viel gelitten, wie konnte Gott ihr da die Mutterschaft verweigern, während er den Arabern, die mit Nachwuchs reichlich gesegnet waren, so viele gesunde Kinder schenkte? Die Ungerechtigkeit ließ in ihm den Entschluss reifen, sich alles zu nehmen, was er brauchte – wenn nötig, mit Gewalt.
    Nach dem Bombenangriff am nächsten Tag erspähte er in der flüchtenden Menge auch jene arabische Frau, die ihr Baby dicht an die Brust gedrückt hielt. Ihr keck klimperndes Fußkettchen war ebenso schön wie sie selbst.
    Mosche näherte sich den Flüchtenden und schloss zu der Araberin auf. Noch ehe er sie erreichte, kam es in der pulsierenden Menge zu einer Rempelei, bei der ihr das Baby vom Arm geschubst wurde. Es war ein schicksalhafter Augenblick. Blitzartig packte Mosche das Kind, steckte es in seinen Armeesack und ging, ohne sich umzusehen, weiter. Er hörte die Frau »Ibni! Ibni!« schreien, was ihn glauben ließ, sie habe gesehen, wie er ihr Kind nahm.

    Doch sie hatte es nicht gesehen. Die Menge drängte vorwärts, weitere Gewehrschüsse krachten, und die Frau wurde nach vorne gestoßen.
    Das Baby weinte. Mosche spürte leichte Tritte gegen seinen Armeesack, als er sich aus dem Blickfeld seiner Kameraden entfernte und in Richtung Jeep ging. Die Araber hatten die Ortsmitte bereits passiert. Ihm kam der Gedanke, das Kind mit ein paar Spritzern von dem Alkohol zu beruhigen, den die Soldaten beiseitegeschafft hatten, um am Abend in Ein Hod ihren Sieg zu feiern. Als er dem Baby Gin in den Mund träufelte, bemerkte Mosche die Narbe auf seinem Gesicht. Sie war noch gerötet, und die Haut um das Auge war noch geschwollen.
    »Die Araber sind weg!«, rief ein Soldat.
    Die Bewohner von Ein Hod waren von ihrem Land vertrieben worden. Jetzt war es Zeit zu feiern, und Mosche bot sich die Gelegenheit, das Baby verschwinden zu lassen.
    »Ich hab den Alkohol vergessen. Bin gleich zurück«, schrie Mosche.
    Er sicherte das berauschte Kind in dem raschelnden Sack auf dem Rücksitz eines Armeejeeps und raste auf den Kibbuz zu, wo er Jolanta wahrscheinlich schlafend vorfinden würde. Mosche fand, dass sie zu viel schlief. Zu wenig aß. Nur noch selten lächelte.
    Ein junges Leben, das der Fürsorge bedurfte, würde sie zurückholen .
    Bei dem jungen Leben handelte es sich um Ismael, den Sohn Dalias und Hasans, Fellahin aus dem palästinensischen Dorf Ein Hod. Mosche kannte ihre Namen nicht und würde sie, wie auch Jolanta, nie erfahren. Das Gesicht der Araberin jedoch und ihre »Ibni-Ibni«-Rufe sollten Mosche jahrelang verfolgen und die schrecklichen Dinge, die er getan hatte, ihm
bis an sein Lebensende den Seelenfrieden rauben. Doch die Liebe hatte Mosche dazu getrieben, ein Kind zu stehlen. Ein allmächtiges Edikt hatte ihn bevollmächtigt, Menschen aus ihren Häusern zu vertreiben. Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land. Er wiederholte diesen Satz so oft, dass er ihn beinahe geglaubt hätte, wäre da nicht diese Araberin gewesen.
    Dalia.
    Jolantas Gesicht öffnete sich wie eine Frühlingsblüte. Ihr Mutterinstinkt gewann die Oberhand über ihre Depression, ihre Geister, ihr Elend. Sie hielt das kostbare, halb berauschte, schmutzige und verkrüppelte Kind. Sie hüllte es in ihre tiefsten Sehnsüchte ein, ohne sich darum zu kümmern, dass es sich um einen Araber handelte. An diesem Tag lernte sie ihre allererste Lektion über die Araber: dass sie ihre Jungen beschneiden.
    Jolanta verliebte sich. »Er ist schön, Mosche.« Sie bebte vor Wonne.
    »Er … das Baby … seine Eltern …« Mosche wusste nicht weiter und war dankbar, dass Jolanta ihn unterbrach.
    »Halt. Ich will gar

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