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Während die Welt schlief

Während die Welt schlief

Titel: Während die Welt schlief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Abulhawa
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Deals, den Jassir Arafat im Namen seines Volkes ausgehandelt hatte.
    Und jetzt stand Yussuf vor der surrealen und niederdrückenden Aufgabe, seiner einzigen Schwester eine schreckliche Nachricht zu überbringen.
    Majid hatte sein Versprechen gehalten und sein Quartier im Krankenhaus aufgeschlagen, das von allen Seiten und auf dem Dach mit dem allgemeingültigen Zeichen der Medizin, einem roten Kreuz, versehen war. Doch auf Druck seiner Kollegen war er in unsere Wohnung gegangen, um sich von dem ständigen
Sirenengeheul zu erholen. Er hatte tief und fest in unserem Bett geschlafen, dort, wo wir einst Erlösung durch die Liebe fanden und unser Kind zeugten, und als er zum Dienst zurückkehrte, tobte ein Inferno, wo sich vorher das Krankenhaus befunden hatte. Majid traf meinen Bruder, der nach seinem Kameraden gesucht hatte, und zusammen retteten sie so viele Menschen, wie sie konnten.
    »Nur dank der Gnade Allahs bist du davongekommen, mein Bruder«, hatte Yussuf zu Majid gesagt.
    Yussuf wusste nicht, was in diesem Moment in Majid vorgegangen war. Aber Majid stemmte sich die nächsten sechsundzwanzig Stunden lang mit eisernem Willen gegen die Katastrophe, umgeben von verstümmelten Leichen und zerstörten Seelen. Asche von verkohltem Fleisch schwebte in der Luft und verstopfte ihre Luftröhren, als sie durch Blutlachen wateten, den Hilfeschreien entgegen. Sie zogen Majids Patienten tot unter dem Geröll hervor. Die Kollegen, die Majid zum Ausruhen nach Hause geschickt hatten, wurden später in blutigen Einzelteilen gefunden.
    Die Erschöpfung betäubte ihre Gefühle und lastete schwer auf ihren Körpern, bis sie schließlich nach Hause gingen.
    Mit geborgter Kraft schleppten sie sich dahin, als sie auf eine tote Frau stießen, die noch immer den Leichnam ihrer Tochter umklammerte. Das kleine Mädchen mit einer Schleife im Haar hielt wiederum die Mutter fest umschlungen. Yussuf und Majid hatten schon Schlimmeres gesehen, aber der Anblick der Mutter mit ihrem Kind setzte eine kleine Energiereserve in ihnen frei, genug, damit sie sich umarmen und ihren Tränen freien Lauf lassen konnten.
    Majid fragte Yussuf: »Hast du Amal erreicht?« Das hatte Yussuf nicht. »Amal bekommt ein kleines Mädchen. Ich werde Vater, mein Bruder«, erzählte Majid ruhig, als stünde die
ganze Welt um ihn herum still. »Morgen früh gehe ich zurück nach London, und von da aus fahre ich zu Amal, oder sie kommt nach England. Schau dir doch an, was diese Schweine tun. Ich kann nicht riskieren, aus Amal eine Witwe und aus meiner Sara ein Waisenkind zu machen.«
    »Allah sei mit dir, Bruder.« Yussuf umarmte seinen Kameraden noch einmal, und sie trennten sich schweigend. Majid fuhr zu unserer Wohnung im fünften Stock des al-Tamaria-Hauses, und Yussuf kehrte ins Flüchtlingslager Shatila zurück.
    Fünf Stunden später machte eine israelische Bombe das al-Tamaria dem Erdboden gleich, und eine andere zerstörte das angrenzende Gebäude.
    »Ich habe überall nach ihm gesucht, Amal. Aber ich bin mir sicher, dass er drinnen war«, schluchzte mein Bruder ins Telefon. Seine Worte waren abgehackt, überlagert von Liebe und der typischen Ohnmacht des ewigen Opfers.
    »Es tut mir so leid, Amal.« Mein Bruder klang düster, seine Stimme war tränenschwer, voller Trauer. »Ich hätte drauf bestehen müssen, dass er mit mir kommt. Seit es passiert ist, habe ich versucht, dich zu erreichen, aber ich bin nicht durchgekommen, bevor wir in Tunis waren …«
    Ich hörte ihm zu und fragte mich, ob ich wachte oder träumte. Ich kniete auf dem Boden und wiegte meinen Oberkörper hin und her, während ich gleichzeitig den Telefonhörer ans Ohr gepresst hielt. In mir war weder Kummer noch Ärger, nicht mal Liebe. In mir war gar nichts. Aber alles drängte aus mir heraus. Jetzt waren Yussufs Worte in mir, kreisten durch meinen Körper und saugten das Leben aus meinen Zellen. Erinnerungen kamen in mir hoch: der Regen, der gegen die Windschutzscheibe von Majids Fiat schlägt; die Hornhaut an seinen Füßen, wenn sie zart an meinen nackten Beinen entlangfuhren; die Haare auf seiner Brust, wenn ich meinen Kopf
darauf legte; die Linien um seinen Mund, wenn er lachte; der Bogen, den seine Augenbrauen beschrieben, ein Lächeln in sich; die Fältchen hinter seinen Ohren; die weiche Haut an seinem Rücken, wenn er sich im Bett aufsetzte; wie er mich berührte, mich küsste, seine Aufrichtigkeit, seine Liebe …
    Das alles sammelte sich jetzt unter mir auf dem Boden wie eine

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