Während ich schlief
Wenn das so war,
fühlte ich mich um so geschmeichelter, dass er sich mit mir abgab. »Äh ... kann ich mir mal deinen Notescreen ausleihen? Ich sollte ihm schreiben, dass ich okay bin. Er macht sich bestimmt Sorgen.«
»Ja, vermutlich. Hil hat einen Wandscreen, darüber kannst du ihn erreichen. Ottos Nummer steht in unserem Familien-Adressbuch.«
»Danke«, sagte ich und war ihm wirklich dankbar.
»Gute Nacht. Falls Hilary dich irgendwie nervt, sag ihr, dass ich Mom und Dad von der Website erzähle, die ich auf ihrem Screen gefunden habe.« Er grinste boshaft.
Ich lachte.
Hilary stellte mir eine Liege zur Verfügung, die sonst eine große Sammlung abgeknuddelter Plüschtiere beherbergte, an denen sie offenbar zu sehr hing, um sie schon in eine Kiste im Keller zu verbannen. Es machte ihr nichts aus, dass Zavier sich bei ihr am Fußende ausbreitete. Sie war nett und hilfsbereit und gab mir ein paar Schminktipps, denn Schminken war während meiner Abwesenheit wieder beliebt geworden. Als ich auf die Highschool kam, galt Make-up als vollkommen out. Ich probierte ihren neuen Hauttonscanner aus, der mir eine Liste der geeignetsten kosmetischen Produkte für meinen Teint präsentierte. Die Liste war einen halben Meter lang.
»Weißt du was?«, sagte ich plötzlich und legte den Scanner mit einem Klacken auf ihrer Frisierkommode ab. »Ich glaube, ich interessiere mich gar nicht mehr für Mode und all das.«
Hilary sah mich verdutzt an.
»Ich habe jede wache Stunde meines alten Lebens damit zugebracht, mir von anderen anzuhören, was ich anziehen, denken und tun soll. Und dann hat sich alles innerhalb eines Jahres oder noch weniger wieder verändert.« Stets weniger für mich, da ich nie ein ganzes Jahr ohne Stasis zubrachte. Ich musste
immer wieder von vorn anfangen. Die totale Sinnlosigkeit des Ganzen wurde mir überwältigend bewusst, und ich schüttelte den Kopf. »Was für eine Zeitverschwendung!«
Hilary betrachtete ihr honigbraunes, stark geschminktes Gesicht im Spiegel. Ihre dunklen Augen wurden noch dunkler. Nur Bren hatte die grünen Augen seiner Mutter geerbt. »Vielleicht hast du recht«, sagte sie grüblerisch.
Ich fragte sie, ob ich ihren Wandscreen benutzen dürfe, worauf sie mir einen Stuhl davorzog. »Bitte sehr.«
Ich gab Ottos Screennummer ein und nahm Kontakt auf. HALLO?
Lange kam keine Antwort. Ich sah auf die Uhr – oh, schon nach elf. Ich überlegte, ob ich es aufgeben sollte, wollte ihn aber zumindest wissen lassen, dass es mir gut ging.
KENNEN WIR UNS?, lautete seine Reaktion, als sie endlich kam.
ENTSCHULDIGE, HIER IST ROSE. ICH BENUTZE DEN SCREEN VON BRENS SCHWESTER. TUT MIR LEID, DASS ICH EINE STUNDE ZU SPÄT DRAN BIN. WIRD JAMAL DIR DIE HÖLLE HEISS – MACHEN?
ROSE! BIST DU OKAY?
JA, ICH DENKE SCHON.
DU WARST IN STASIS, ODER?
Ich fuhr mir nervös mit der Zunge über die Lippen. HAT BREN DIR DAS GESAGT?
ICH HABE ES MIR GEDACHT, ALS DU AUF EINMAL VERSCHWUNDEN WARST. DU BENUTZT DAS WIRKLICH WIE EINE DROGE.
BIN ICH DESWEGEN ABSONDERLICH?
DU BIST SO ODER SO ABSONDERLICH. GENAU WIE ICH.
ANDERS GEFRAGT: MEINST DU, ES BEDEUTET, DASS ICH VERKORKST BIN? ODER VERRÜCKT?
Es gab eine Pause, bevor Otto schrieb: ICH DENKE, DU HAST ES MIT PROBLEMEN ZU TUN, DIE KEIN ANDERER VERSTEHT. VERRÜCKT? NEIN. SO BEÄNGSTIGEND ES AUCH IN DEINEM KOPF ZUGEHT, BIN ICH DOCH ZIEMLICH SICHER, DASS DU NICHT VERRÜCKT BIST. EIN BISSCHEN VERKORKST, KLAR, ABER ICH SCHÄTZE, EIN LEBEN WIE DEINES WÜRDE JEDEN VERKORKSEN. TUT MIR LEID WEGEN BREN.
SEUFZ, tippte ich. C’EST LA VIE.
LOL, lautete die Antwort. QUE SERÁ, SERÁ.
HÖR MAL, ES KÖNNTE IN DEN NÄCHSTEN TAGEN SCHWER FÜR MICH WERDEN, MICH ZU MELDEN. ICH WEISS NICHT GENAU, WO ES HINGEHT.
DU FÄHRST WEG?
ICH MUSS. OFFENBAR VERSUCHT JEMAND, MICH UMZUBRINGEN.
Die Antwort kam nicht gleich. HM. ICH HOFFE SEHR, DAS IST EINE ART METAPHER.
LEIDER NICHT. ANSCHEINEND IST SO EIN PLASTOBOT HINTER MIR HER.
EIN PLASTOBOT?!
JA. UND MIR SCHWANT, DAS BEDEUTET NICHTS GUTES.
DA LIEGST DU VERSENGT RICHTIG! HAST DU DIE HORRORGESCHICHTEN GEHÖRT, DIE WILL ZUM BESTEN GIBT? NEIN, IST AUCH BESSER SO. AUSNAHMSWEISE BIN ICH FROH, DASS DU MIT NIEMANDEM REDEST. SOLCHE VORSTELLUNGEN SIND DAS LETZTE, WAS DU JETZT GEBRAUCHEN KANNST.
DU MACHST MIR NICHT GERADE MUT.
HEY, ICH HABE GERADE ERFAHREN, DASS JEMAND, AN DEM MIR WAS LIEGT, VON EINER UNTOTEN KILLERMASCHINE BEDROHT WIRD! EIGENTLICH DACHTE ICH, ICH BIN DARAN GEWÖHNT, DASS EIN TODESURTEIL ÜBER MEINEN FREUNDEN
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