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Wände leben - Samhain - Ferner Donner

Wände leben - Samhain - Ferner Donner

Titel: Wände leben - Samhain - Ferner Donner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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NICHT MEHR DARREN DU MUSST
    Satzzeichen gab es keine. Inzwischen hatte er sich einmal um sich selbst gedreht. Er rieb sich die Augen und breitete die Arme aus, sodass er auch die Schrift entziffern konnte, die der hässliche Ausschlag dort bildete. Zusammen mit der Schrift auf den Beinen waren es vier Satzfetzen. Die richtige Reihenfolge kannte er noch nicht.
    FRIEDHOF VIERTE REIHE BEEILE DICH SIE KOMMEN
    UNS RETTEN DIE BARRIERE IST VIEL ZU DÜNN SIE HABEN MITTEL
    BINGHAM 3 MEILEN VOR DEM ORTSEINGANG LINKS ALTER
    SIE HOLEN MICH KOMM AN MEIN GRAB UND BESCHÜTZE MICH
    Er hämmerte die Wörter mühsam in seinen Kopf hinein, der mit den Schmerzen beschäftigt war. Kraftlos ließ er sich an der Wand hinabgleiten, streckte sich auf dem Boden aus, wiederholte die Satzteile im Kopf und brachte sie in die richtige Reihenfolge. Insgesamt lautete der Text wohl folgendermaßen:
    Ich brauche Hilfe – sie kommen uns holen – Frederic ist nicht mehr – Darren, du musst uns retten – die Barriere ist viel zu dünn – sie haben Mittel – sie holen mich – komm an mein Grab und beschütze mich - Bingham 3 Meilen vor dem Ortseingang – links – alter Friedhof – vierte Reihe – beeile dich – sie kommen
    Wenn er sich nicht täuschte, war Bingham eine Ortschaft östlich von Nottingham, vielleicht 120 Meilen Fahrstrecke von hier. Wer war Frederic?
    Er spürte nun deutlich, wie der Schmerz nachließ. Stattdessen begann die Haut an den Stellen, an dem sich das Ekzem gezeigt hatte, zu jucken. Nach einer kurzen Zeit der Selbstbeherrschung hielt er es nicht mehr aus und fing an zu kratzen. Von draußen war Mr. Tiddlingsons Stimme zu hören, noch immer aufgebracht und voller lächerlicher Todesangst: „Der Wein! Oh Gott, oh Gott!“
    Die Tür zum Ankleidezimmer ging auf, und Percy trat zögernd ein. „Darren!“, rief er, als er das halbnackte, mit flammend roten Pusteln überzogene Bündel sah, das sich auf dem Teppich krümmte. „Du brauchst einen Arzt!“
    „Keinen Arzt“, presste der Liegende hervor, während er sich mit den Fingernägeln die Arme wund kratzte. „Es geht … vorbei … Ich brauche … deinen Wagen. Ich muss … sofort weg.“
    „Hast du den Verstand verloren?“ Percys Blicke huschten hektisch im Raum umher. Er schloss die Tür, die nach innen aufging, hinter sich und lehnte sich dagegen. Seine Frau nahte, und schon bald pochte sie mit beiden Fäusten gegen das Holz. „Darren“, sagte der Jugendfreund beschwörend. „Du kannst in diesem Zustand nirgendwo hin gehen. Ausgeschlossen.“
    „Ist der … Tank voll? Das Auto ist doch in Ordnung, oder?“
    „Mo-Moment, hast du überhaupt gehört, was ich gesagt habe?“
    „Gehört es Dorothy? Egal! Ich … brauche die Schlüssel, sofort! Ich bringe es zurück, Percy, keine … Sorge …“
    Percy hob die Arme. „Es geht doch gar nicht um den Wagen, verdammt! Es geht um dich!“
    Er verstummte, als Sir Darren sich erhob. Sein Körper war blutüberströmt, und er kratzte sich noch immer. Schweiß tropfte von seiner gewaltigen Nase und seinem kantigen Kinn. Die kleinen Augen des Spiritisten lagen tief in den Höhlen und glommen in einem Licht, das man leicht mit Wahnsinn verwechseln konnte. Es war ein Anblick, den man so schnell nicht vergaß.
    „Die Schlüssel“, sagte dieser zerkratzte, zerschundene Mann. „Schnell!“
    „Ist … jemand in Gefahr?“
    Sir Darren nickte erschöpft. „Gilbert.“
    „Gilbert?“
    „Mein Geistführer. Los, mach schon!“
    Percy war so verschreckt, dass er Mühe hatte, durch die Tür zu kommen. Draußen zeterte seine Frau. Als er mit dem Autoschlüssel zurückkehrte, trug Sir Darren bereits Hemd und Jackett eines seiner eigenen Anzüge. Mit der Hose und mit den Knöpfen half ihm Percy. „Ich hoffe, du weißt, was du tust“, keuchte er.
    „Wann wissen wir das schon?“, gab Sir Darren zurück und stolperte aus dem Haus, ohne die anderen eines einzigen Blickes zu würdigen. Noch immer kratzte er sich am ganzen Leib, und es war nur eine Frage der Zeit, bis das Blut der aufgescheuerten Ekzeme sein Hemd tränken würde.
    In den Augenwinkeln erkannte er, wie Percy mit erstaunlicher Heftigkeit seine Frau abwehrte und hinter ihm ins Freie rannte. Ernst sah dieser zu, als sein Gast seinen hochgewachsenen, hageren Körper in dem schwarzen Rover Mini verstaute.
    „Sorry, dass ich dir nichts Bequemeres bieten kann.“
    „Schon gut“, knurrte Sir Darren. „Das Auto ist perfekt. Es ist so eng, dass ich mich nicht kratzen

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