Waffenschmuggel
schmeicheln, ja nicht einmal bewußt zu sein. Vielleicht war sie dennoch sensibler als es den Anschein hatte. Das würde er beurteilen können, sobald er ihnen etwas länger zugehört hatte.
Sie befanden sich auf der Autofähre, als er etwas hörte, das seine Aufmerksamkeit fesselte. »Wenn wir mit der Passagierfähre übergesetzt hätten«, sagte die Dame Arlene, »dann würden Sie jetzt ein schönes Photo von dem vor Anker liegenden Schiff machen können.«
Was ihn aufmerken ließ, war das Wort ›Schiff‹. Weil er vom Peninsular-Hotel aus engagiert worden war, hatte er angenommen, das Trio wohne dort. Er war gar nicht auf die Idee gekommen, daß sie Transitpassagiere sein könnten, die an Land gegangen waren.
»Sie sind mit dem Schiff gekommen, Sir?« erkundigte er sich schüchtern.
»Ja. Mit der ›Silver Isle‹. Kennen Sie das Schiff?«
»O ja, Sir. Und bleiben Sie hier?«
»Nein, wir fahren auf der ›Silver Isle‹ weiter. Nach Manila, Saigon, Singapur, Rangun, Kalkutta. Meine Frau und ich sind auf einer Weltreise.«
»Oh, das ist sehr schön.«
Sie liefen jetzt in die Fährstation ein, und dadurch wurde die Aufmerksamkeit seiner Fahrgäste in Anspruch genommen. Ihm gab das Zeit zum Nachdenken.
Seitdem der Onkel seiner Frau sie besucht hatte, waren fast zwei Monate vergangen, und bisher waren alle seine Versuche gescheitert, einen Amerikaner ausfindig zu machen, der Mr. Tans Vorstellungen entsprach. Schlimmer noch, sein letzter Versuch war ein erschreckender Fehlschlag gewesen. Der Amerikaner, leitender Angestellter eines Warenhauses in Cleveland, hatte ihn eines Betrugsversuchs bezichtigt und damit gedroht, die Polizei zu informieren. Danach hatte Khoo Ah Au beschlossen, in dieser Angelegenheit nichts mehr zu unternehmen. Dummerweise war Mr. Tan ein hochgeachtetes Mitglied der Familie seiner Frau, und sie hatte begonnen, ihm wegen dieser Sache in den Ohren zu liegen, nicht etwa auf zänkische Art, aber doch voller Vorwurf; sie ließ durchblicken, daß sie in ihrer Familie an Ansehen verlieren würde, wenn er den Forderungen des Onkels nicht nachkäme. Und das Geld war schließlich nicht von der Hand zu weisen. Mit den fünfhundert Hongkong-Dollar, die ihm Mr. Tan für diesen Dienst in Aussicht gestellt hatte, würde er zu Cheon Ming & Co. gehen und eine Hi-Fi-Musiktruhe kaufen können. Aber war es das Risiko wert? Er begann sich über den neben ihm sitzenden Amerikaner seine Gedanken zu machen.
Der war lang und hager, hatte kurzes, graues Haar und trug lose, bequemsitzende Kleidung. Er sprach ruhig, wobei ein leises Lächeln seine Mundwinkel umspielte. Seine Augen waren wachsam und klug; aber es konnte auch Unschuld darin sein. Kein Mann, der leicht zu betrügen war, aber einer, der sich zuweilen selbst betrügen mochte.
Ah Au fuhr zum Peak hinauf. In der Nähe der unteren Drahtseilbahnstation hielt er, damit sie von der Straße aus die Aussicht auf den Hafen bewundern konnten. Der Amerikaner nahm seine Kamera und stieg aus dem Wagen.
Die Dame Arlene sagte: »Vom Gipfel ist der Blick viel besser.«
Sie blieb mit der Ehefrau im Wagen zurück.
Ah Au ging zu dem Amerikaner hinüber und begann auf die Sehenswürdigkeiten des Panoramas hinzuweisen.
»Ja, es ist eine großartige Stadt«, sagte der Amerikaner. »Übrigens, Jimmy, ist die Aussicht vom Peak tatsächlich besser?«
»Auch von dort oben haben Sie eine herrliche Aussicht, Sir, in einer Minute werde ich sie Ihnen zeigen. Aber der Blick von hier aus ist zum Photographieren besser geeignet. Dort oben ist es dunstiger. «
»Ich verstehe.« Er drehte den Film weiter.
»Benutzen Sie Kodachrom, Sir?«
»Ja. Warum?«
»Von hier aus, Sir, werden Sie bei Blende 8 und mit Dunstfilter eine gute Aufnahme bekommen.«
»Danke. Photographieren Sie viel?«
»Nein, Sir, aber ich halte solche Auskünfte für meine Kundschaft bereit.«
Die Kamera surrte. Als sie zum Wagen zurückgingen, sagte der Amerikaner: »Gehört der Wagen Ihnen, oder fahren Sie ihn nur für jemand anderes?«
»Es ist mein Wagen, Sir. Ich bediene die Kunden gern persönlich.«
»Ich nehme auch an, daß es Ihnen mehr Geld einbringt, wenn Sie in die eigene Tasche arbeiten.«
Ah Au lächelte. »Das außerdem, Sir.«
Der Amerikaner lächelte zurück.
Ah Au fuhr weiter, zum Gipfel hinauf. Ein gewisser Fortschritt war gemacht worden, dachte er. Sie hatten eine persönliche Beziehung hergestellt.
Die Tour wurde fortgesetzt. Seine Fahrgäste nahmen den Tee im Repulse-Bay-Hotel.
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