Waffenschwestern
Esmay wartete nicht ab, ob er sich noch einmal umdrehte und winkte. Sie war sicher, dass er es nicht tun würde.
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Sie war bislang noch nicht außerhalb des Stützpunktes gewesen, aber jetzt fand sie sich dabei wieder, wie sie hinaus nach Q-Töwn wanderte, versunken in einer benommenen Traurigkeit, von der sie einmal geglaubt hatte, sie würde sie nie wieder empfinden. Sie wollte nicht ins Kasino, wollte niemanden aus ihrer Klasse sehen, aber sie musste vor der Abreise etwas essen, oder sie würde sich übergeben müssen. Jemand hatte ihr erzählt
– wer noch gleich? Sie konnte sich nicht erinnern, aber es war jemand an Bord der Koskiusko gewesen –, dass sie unbedingt das Diamond Sims besuchen musste, wenn sie auf Copper
Mountain war. Sie entdeckte das Schild weiter unten an der Straße und nahm Kurs darauf.
»Lieutenant Suiza!« Der Mann im Schwebestuhl rief sie an, kaum dass sie zur Tür herein war. »Ich bin froh, dass Sie gekommen sind. Ich bin Sam – mir gehört der Laden.«
Jemand war froh, sie zu sehen? Sie sah sich um, erkannte mit einem seltsamen Schock, worum es in dieser Kneipe ging, und bahnte sich den Weg zur Rückseite.
»Wir sind geehrt, dass Sie uns besuchen«, sagte der Mann.
»Major Pitak sagte, Sie würden es vielleicht tun, falls Sie die Zeit finden.«
»Tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat«, sagte Esmay.
»Ich hatte das doppelte Unterrichtsprogramm …«
»Yeah … war halten uns über die Studenten auf dem
Laufenden, daher wusste ich, dass Sie beschäftigt waren. Habe Sie auch gar nicht früher erwartet und wusste nicht mal, ob Sie jetzt die Zeit finden. Wann geht Ihr Shuttle?«
»In etwa fünf Stunden.« Esmay setzte sich auf den Platz, den er ihr anbot.
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»Haben Sie Schwierigkeiten wegen dieser Meager?«, fragte er.
Wieder mal Brun. Esmay brachte ein Nicken zustande und
hoffte damit zu zeigen, dass sie nicht über dieses Thema reden wollte.
»Es ist zum Teil meine Schuld«, erklärte der Mann. »Sie kam neulich abends stinksauer hier herein und hat vor der ganzen Kneipe den Mund aufgerissen. Wir glauben, dass einer der Nachrichtenfritzen, die ihr auf den Fersen sind, mit einem Richtmikro von der Straße aus gelauscht hat. Zumindest wird niemand, der hier war, zugeben, er hätte geplaudert.«
»Es – es lohnt nicht, sich darüber Gedanken zu machen«, fand Esmay. »Es ist passiert; ich kann es jetzt auch nicht mehr ändern.«
»Sie klingen ganz nach jemandem, der ein Steak braucht«, sagte der Mann. Er hob die Hand, und eine Kellnerin tauchte auf. Er sah Esmay an. »Ist ein Steak okay? Mit Zwiebeln?«
»Keine Zwiebeln, danke.« Nicht vor einem Shuttlestart. Zu seinen restlichen Vorschlägen nickte sie jedoch, und bald tauchte der brutzelnde Teller auf.
Während sie sich ans Essen machte, schwatzte der Mann
weiter. »Sie ist ein hübsches Ding, aber stur wie ein Esel. Ein gutes Argument dagegen, Zivilisten Ausbildungsplätze auf unseren Stützpunkten zu öffnen, egal wessen Kinder sie sind. Es bringt nichts Gutes, sich unter die großen Familien zu mischen.
Sie sind unsere Arbeitgeber; sie können nicht zu unsereinem werden. «
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Aus irgendeinem Grund – vielleicht die Energie, die ihr das Steak lieferte – fühlte sich Esmay zu einem Einwand bewegt.
»Sie hat eine Menge Talente, die wir nutzen könnten…«
»Oh, sicherlich, falls sie auch nur eine Spur Disziplin mitbrächte…«
»Sie hat, soweit ich gehört habe, einige gute Dinge geleistet«, sagte Esmay. »Zum Beispiel dieser alten Dame geholfen – dabei hat sie sich wirklich Mühe gegeben.«
Seine Augen funkelten. »Sie würden noch aus jedem
Schweineohr eine Seidenbörse stricken, nicht wahr, Lieutenant?
Eine gute Haltung für einen jungen Offizier, aber Sie werden noch feststellen, dass manche Leute weiter nach Schwein riechen, egal was Sie machen. Und wohin geht esjetzt?«
»Ich weiß nicht recht«, antwortete Esmay. »Meine
Diensteinteilung soll fertig sein, sobald ich das Sektor-HQ
erreiche. Vielleicht vergraben sie mich in Papierkram …«
»Nein, das denke ich nicht«, erwiderte der Mann. »Selbst wenn Sie derzeit Schwierigkeiten haben, wird das
vorübergehen, und man wird keinen jungen Offizier mit echtem Gefechtstalent vergeuden.«
»Ich hoffe nicht«, sagte Esmay.
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Abteilung für Dienstpläne der Subalternoffiziere,
Oberkommando des Regulär Space Service
»Wir müssen etwas anderes finden«, sagte der Admiral. »Ich weiß, was wir mit Lieutenant
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