Wagner und Cordes 05 - Mord im Nebel
Baumann darüber reden. Der allerdings wollte tatsächlich Geld oder etwas anderes. Es kam zu einem Streitgespräch, in dessen Folge Kleen Baumann umbrachte.«
»Wie passt denn da das gemeinsame Abendessen mit Volker Wilken rein?«, fragte Oda. »Also, wenn ich erpresst würde, würde ich nicht mit meinem Erpresser zusammen essen gehen.«
»Natürlich nicht. Aber Malte Kleen kann da noch davon ausgegangen sein, dass es ein schlechter Scherz von Baumann war, und sich deshalb mit ihm getroffen haben. Außerdem war beim Essen ja Volker Wilken noch dabei. Es eskalierte erst anschließend. Nachdem sie zusammen auf dem Parkplatz eine geraucht hatten und der Dritte im Bunde losgefahren war.«
»Die Leiche ist am Molenfeuer gefunden worden. Nicht am Nassauhafen«, gab Oda zu bedenken. »Und Baumanns Auto stand dort. Er muss also selbst hingefahren sein. Außerdem hat er ganz zeitnah vor seinem Tod einen Anruf erhalten. Wir wissen noch immer nicht, wer der Anrufer war.«
»Es sind sehr viele Unbekannte im Spiel«, sagte Carsten.
»Nein.« Christine hatte das Gefühl, sich mitten in einem Knäuel von Fäden zu befinden. Sie wusste, wo jeder hingehörte, um letztlich zu einem Strang zu werden, doch immer wieder entglitt ihr einer. »Lasst uns zu dem Abend zurückgehen, an dem Fabian Baumann starb. Er, Malte Kleen und Volker Wilken gehen essen. Als sie schon draußen sind, erhält Baumann einen Anruf. Sowohl Wilken als auch Kleen haben ausgesagt, dass er irgendetwas zugestimmt hat. Was das war, wissen wir allerdings nicht. Wilken fährt als Erster heim. Es bleiben Baumann und Kleen.« Christine setzte sich gerade hin. »Malte Kleen hat die Stimme vielleicht erkannt. Baumann, der, wie wir aus den zahlreichen Gesprächen erfahren haben, ja eine etwas überhebliche Art gehabt hat, könnte vor Malte Kleen auch damit geprahlt haben, dass er sich nun mit der anderen Person treffen würde, die er unter so besonderen Umständen fotografiert hatte.«
Oda war von Christines Euphorie angesteckt. »Genau. Baumann fährt als Zweiter. Richtung Molenfeuer, wo er sich verabredet hat. Kleen fährt hinterher. Er ist erfüllt von Wut, denn er realisiert jetzt, dass die Erpressung kein Scherz von Baumann war, sondern dass der tatsächlich vorhat, das Foto gegen ihn einzusetzen. Logischerweise ist Kleen noch vor dem Anrufer am Molenfeuer, die Auseinandersetzung eskaliert, und Kleen schlägt zu.«
»Ja, so könnte es gewesen sein«, stimmte Carsten zu. »Doch die Person, die mit Baumann verabredet gewesen war, hätte sich melden müssen. Immerhin stand sein Wagen dort, er selbst aber war nicht zu sehen. Da müsste er oder sie doch zumindest ein paar Schritte gegangen sein, ihn gesucht und auch die Leiche gesehen haben. Warum wurde dann nicht die Polizei verständigt?«
Oda zog die Nase hoch. Christines Gehirnwindungen liefen auf Hochtouren. »Vielleicht war er oder sie noch nicht ganz bis zum Molenfeuer vorgelaufen. Würde ich in der Dunkelheit auch nicht allein tun. Und selbst wenn, Baumann lag ja etwas unterhalb. Da hätte man ihn nicht zwingend sehen müssen. Er oder sie hätte aber auch gemeinsame Sache mit Malte Kleen machen können.«
»Gemeinsame Sache? So von jetzt auf gleich?«, fragte Oda zweifelnd.
»Nein. Eben nicht von jetzt auf gleich. Das ist ja das Geniale.« Christine wurde von Aufregung gepackt, sie standen kurz vor der Lösung. »Malte Kleen und die andere Person wurden von Fabian Baumann erpresst. Und weil sie keinen anderen Ausweg sahen, haben sie gemeinsame Sache gemacht: Kleen hat es so eingerichtet, dass Volker Wilken als neutraler Gesprächspartner beim Essen im Seglerheim dabei war, und die andere Person hat – abgesprochen mit Kleen – den Anruf getätigt. Getroffen haben sie Baumann dann am Molenfeuer. Gemeinsam. Ob nun beide oder nur einer die tödlichen Handkantenschläge gegen den Hals und auf die Ohren abgegeben hat, ist jetzt erst mal nicht so wichtig, auch nicht, ob es gezielt oder im Affekt dazu kam. Wichtig ist, dass wir wissen: Malte Kleen und der oder die Unbekannte haben gemeinsame Sache gemacht und Baumann umgebracht, um sich der Erpressung zu entziehen.«
»Jaaa, das wäre eine Möglichkeit«, sagte Oda gedehnt, und auch aus Carstens Miene sprach Zustimmung.
»Das hast du hervorragend aufgeschlüsselt«, sagte er.
»Na ja. Schon. Es könnte aber auch anders gewesen sein.« Oda fuhr sich mit der Zunge von innen über die Wange.
Christine hätte es ja ahnen können. Nein, Oda Wagner nahm so
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