Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi
aber so geht es schneller.« Ein paar Sekunden später meinte er: »Daniel Bellini-Klein – da haben wir ihn. Der Kollege, der den Fall bearbeitet, ist heute nicht da. Ihre Auskünfte müssen Sie aber ohnehin über die Pressestelle einholen.«
»Und wenn ich eine Aussage zu machen habe?«
»Dann sagen Sie mir, was Sie sagen wollen.«
»Ich will es dem ermittelnden Beamten sagen.«
»Habe ich mich nicht klar ausgedrückt?«
»Wissen Sie, wer schon von Bellini-Kleins Tod informiert wurde?«
»Nein.«
»Wie heißt der ermittelnde Beamte?«
»Erfahren Sie in der Pressestelle – falls Auskünfte gegeben werden.«
»Und wie heißen Sie?«
»Zuckerbrot.«
»Wirklich?«
»Wirklich«, sagte Zuckerbrot und lächelte sogar.
In der Pressestelle teilte man mir mit, dass man nicht wisse, ob Auskünfte erteilt werden dürften, weil der ermittelnde Beamte auf Dienstreise in Salzburg sei und noch keinen Bericht vorgelegt habe. Man könne mir daher nichts weiter sagen, als dass Bellini-Klein tot aufgefunden worden sei. Das wusste ich bereits.
Die Luft vor der Bundespolizeidirektion war stickig. Ozonvorwarnstufe, ich hatte es in den Morgennachrichten gehört. Warum gab es keinen Polizeibeamten, der mir in einem kühlen Gastgarten alles erzählte? In TV-Krimis passierte das andauernd. Ich fragte mich, ob ich schön langsam am Durchdrehen war. Mit Polizeibeamten in kühlen Gastgärten … Es wäre besser, sich wieder um alternde Sängerinnen und mediengeile Wurstfabrikanten zu kümmern. Politik brachte mich bloß auf seltsame Gedanken.
Stattdessen fuhr ich zu dem Haus, in dem Bellini-Klein gewohnt hatte. In jedem Haus gab es Menschen, die etwas gesehen oder zumindest etwas gehört hatten. Ich entschloss mich, ein Verfahren anzuwenden, dass mir schon einige Male Erfolg gebracht hatte. Nach einigen Minuten im Stiegenhaus würde unweigerlich eine Türe aufgehen. Jemand würde wissen wollen, was ich hier suche. Und dieser Jemand würde auch über die anderen im Haus eine Menge wissen.
Ich betrat das Hochhaus gemeinsam mit zwei Schulmädchen. Ich wollte mit dem Lift nach oben fahren und dann zu Fuß hinuntergehen. Um den Lift zu benutzen, brauchte man jedoch einen Schlüssel.
Ich begann also meinen Aufstieg und hatte Glück. Schon im zweiten Stock kam mir eine ältere Frau entgegen. »Suchen Sie jemanden?«, fragte sie mehr neugierig als hilfsbereit.
»Ich suche Daniel Bellini-Klein. Ich bin seine Cousine.«
Die Frau – ihr Name war Göbel – schlug tatsächlich ein Kreuz und erzählte mir dann, was ich ohnehin schon wusste. Nett sei er gewesen und aus guter Familie. Immer höflich. Obwohl sie so ein Gerücht gehört hätte, dass er im Drogenrausch … Ob er viel Besuch hatte? Frau Göbel wiegte überlegend den Kopf. Eigentlich nicht, und das sei eher seltsam gewesen. Er sei sehr ruhig gewesen für sein Alter, das sage auch sein Nachbar, Herr Madermichl. Herr Madermichl wisse mehr. Er sei schon in Pension und gehe selten aus. Und er wohne neben Bellini-Klein. Sie erbot sich, mit mir zu Herrn Madermichl zu gehen. Und sie hatte einen Liftschlüssel. Herr Madermichl erzählte aufgeregt, dass er sogar in die Wohnung hätte sehen können, als die Polizei die Spuren sicherte. Allerdings sei ihm nichts Besonderes aufgefallen. Nein, auch wenn er ganz intensiv nachdachte.
Besuch habe Bellini-Klein nur ganz selten gehabt. In den letzten Wochen sei einige Male eine Frau gekommen, oft sehr spät. Zu einer Zeit, zu der er schon im Bett lag. Woher er dann wisse, dass es eine Frau gewesen sei?
»So etwas merkt man. Und manchmal konnte ich sie auch sehen, wenn sie wieder gegangen ist. Mitten in der Nacht.«
Es ging nichts über aufmerksame Nachbarn.
Daniel Bellini-Klein sei sehr erfolgreich gewesen, fuhr Madermichl fort. Wichtigster Berater von Wolfgang A. Vogl und sein Wahlkampfleiter. Obwohl er noch so jung gewesen sei. Aber immerhin sei sein Onkel Parlamentspräsident gewesen – aber das würde ich ja wissen. Wenn er da an seinen eigenen Sohn denke, der sei seit einem Dreivierteljahr arbeitslos. Ohne Antrieb. Aber irgendetwas könne man doch immer tun, oder? Wolfgang A. Vogl sei seine Sache nicht, damit ich ihn recht verstehe. Er habe mit diesen Sozialisten nie etwas am Hut gehabt. Aber wenn die eigenen niemanden aufstellen, dann werde er ihn doch wählen müssen. Vogl sei noch am wenigsten radikal. Ich versuchte ihn wieder zurück zu Bellini-Klein zu bekommen. Aber Madermichl war in seinem Element. Er ging zu einem Glasschrank
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