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Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi

Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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und schenkte sich, Frau Göbel und mir Likör ein. »Zur Feier des Tages«, sagte er. Ich fragte mich, was es zu feiern gab. Aus einem anderen Zimmer rief eine Frau: »Was ist denn los?« Madermichl flüsterte: »Das ist meine Frau, sie kann nur mehr schwer gehen.«
    Ich fuhr mit der U-Bahn nach Hause. Viel mehr wusste ich jetzt nicht. Der Nachbar hatte Bellini-Klein für einen großen Politstrategen gehalten. Offenbar war der Typ wirklich gut im Übertreiben gewesen. Auch die jungen Leute im Hauptquartier hatten ihn als ziemlich wichtig eingestuft. Und: Bellini-Klein hatte offenbar eine Freundin gehabt. Eine Gruppe Japaner presste sich am Stephansplatz in den Waggon. Nun war ich eingekeilt. Mir brach der Schweiß aus. Ich würde versuchen, die Frau zu finden. Wahrscheinlich war Daniel Bellini-Klein ein Wichtigtuer mit guten Manieren gewesen. Und dass er sich umgebracht hatte, war womöglich auf eine latente Depression, auf latentes Nicht-ernst-genommen-Werden oder vielleicht auch auf den Konsum von Drogen zurückzuführen. Kein Grund, deswegen so viel Aufsehen zu machen. Klar, dass Fischer und Orsolics froh waren, dass er nicht mehr aufgetaucht war.
    »Mörder«, hatte Vogls Tochter geschrien. Eine Hysterikerin. Vogl mit all den Sicherheitsleuten in seiner Nähe hätte doch gar keine Chance gehabt, Bellini-Klein umzubringen. Wie hatte Droch gesagt? »Die haben das nicht nötig, die haben andere Methoden.« Ich freute mich auf eine lauwarme Dusche – zu einer kalten kann ich mich auch bei größter Hitze nicht überwinden – und dachte an den schönen Branzino, den ich mir heute zubereiten wollte. Man rühre eine Packung grobes Salz mit etwas Wasser an, bestreiche damit den Fisch, bis ihn die Salzkruste vollständig umschließt, und lasse ihn 20 Minuten lang bei 250 Grad im Rohr garen. Dann die Salzkruste abklopfen, und dazu einen leichten Sauvignon und frisches Weißbrot. Ich versuchte auf die Uhr zu sehen. Vielleicht ging es sich noch vor Geschäftsschluss aus, frisches Weißbrot … Aber mein Arm war eingeklemmt. Ich erntete böse Blicke, als ich ihn mit einem Ruck befreite. Wenn ich zwei Stationen früher ausstieg und zum Bäcker sprintete, würde ich noch zu Weißbrot kommen.
    Fünf Minuten später hatte ich mein Weißbrot und ging gemäßigteren Schrittes wieder Richtung U-Bahn-Abgang. Einige Meter vor mir trat Orsolics aus der sozialdemokratischen Parteizentrale. Neben ihm gingen zwei junge Männer, auf die er heftig und ernst einredete. Die beiden nickten synchron. Ich tauchte in die U-Bahnstation ab und nahm mir vor, die nächsten zwei Stunden nur noch an meinen Fisch zu denken.

[ 4 ]
    Ich kannte solche Briefe. Als Absender stand in verstellter Schrift: »Friedrich Henker, Gerichtsstraße 1, Christkindl.« Wie einfallsreich. Wer über Promis schrieb, musste sich bisweilen mit den eigenartigsten Fans auseinandersetzen. Anonyme Briefe wurden immer häufiger. Offene Bösartigkeit war aus der Mode gekommen.
    Ich starrte auf meinen Brief. Er war ganz normal mit der Post versandt worden. Poststempel: 1150 Wien. »Gib Bellini-Klein die ewige Ruhe, oder Du hast sie selber bald. Ein Freund.« Ich war zwar nicht übertrieben mutig, aber der Brief erschien mir eher kindisch. Wer versuchte mich so plump vom Recherchieren abzuhalten? Jedenfalls würde sich der anonyme Drohbrief in der nächsten Ausgabe des »Magazins« gut machen. Für diesmal war es leider schon zu spät. Die Druckmaschinen liefen bereits auf Hochtouren, am Nachmittag würden die ersten Hefte mit der kleinen, aber feinen Wahlkampfgeschichte am Markt sein.
    So konnte ich die Story wenigstens weiterziehen. Ich lächelte. Hier hatte ich einen Beweis, dass zumindest irgendjemand, und sei er oder sie auch noch so idiotisch, nicht wollte, dass etwas über Bellini-Kleins Tod an die Öffentlichkeit kam.
    Vogls Wahlkampfteam? Jedem von ihnen, Orsolics und die jungen schicken Enthusiasten eingeschlossen, wäre etwas Besseres eingefallen. Ganz abgesehen davon, dass niemand annehmen konnte, dass ich Bellini-Klein wegen eines solchen Briefes vergessen würde. Also jemand, der in Wirklichkeit wollte, dass ich der Sache auf den Grund ging? Aber warum gab man mir dann keine direkten Hinweise und riskierte stattdessen polizeiliche Ermittlungen? Vielleicht jemand, der mit dem Wahlkampf gar nichts zu tun hatte? Madermichl vielleicht? Sein Sohn? Bellini-Kleins Freundin? Seine Eltern waren gestorben, als er noch ein Kind war, und sein Onkel hatte ihn aufgezogen. Und der

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