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Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi

Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Wahlkampf: Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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in meiner Lifestye-Welt amüsant erschienen. Jetzt aber wollte Nordenberg über Politik reden, während Vogl ihm geschickt auswich. Wie sollte er auch im Wahlkampf Zeit für Details haben? Die meisten Gäste vermittelten den Eindruck, dass sie glaubten, jede Entscheidung und jedes Wort im Wahlkampf würde vom Kandidaten selbst kommen. Als sei alles von ihm erdacht. Vogl schien das zu gefallen.
    Ein netter Abend mit Vogl im Mittelpunkt. Was waren schon Inhalte, was waren schon ausgetüftelte Reden zu irgendwelchen Themen der Wahlbewegung? Vogl. Vogl, der Mann für das nächste Jahrtausend.
    Der Kandidat winkte seinen Pressesprecher zu sich. »Bitte notieren: mehr Kamingespräche«, sagte er so laut, dass ihn alle in seinem Umkreis verstanden. »Ich möchte öfter die Gelegenheit haben, zwanglos mit Freunden zu plaudern. Das gibt mehr Input als vieles andere.« Der Pressesprecher strahlte. Das Kamingespräch war seine Idee gewesen.
    Chloe Fischer unterhielt sich unterdessen mit dem aus allen Klatschspalten bekannten Wurstfabrikanten und einer aufstrebenden Opernsängerin. Sie war charmant, voll konzentriert und hatte Vogl immer in ihrem Blickfeld.
    Kein Wort über Bellini-Klein, kein Wort über Schmidt. Entweder die beiden waren schon vergessen, oder die geladenen Gäste waren zu gut erzogen.
    In der U-Bahn machte ich mir einige Notizen über den Abend. Ich kam mir vor, als hätte ich nie vom Lifestyle zur Politik gewechselt. Vertrautes Terrain. Meine Mordspekulationen erschienen mir ebenso absurd wie der Ausflug mit Droch in den nächtlichen Prater.

[ 8 ]
    Business as usual. Ich ließ zwei T-Shirt-Trägerinnen über ihren Einstieg in den Wahlkampf erzählen, mein Fotograf fotografierte. Die beiden waren sehr davon angetan, »im Zentrum der Politik zu sein«. Groupies eben. Die eine Frau schien Vogl so zu verehren, dass sie wohl zu allem bereit gewesen wäre.
    Ich wartete auf Orsolics’ Rückkehr. Er sei außer Haus, hatte seine Sekretärin schon vor einer Stunde erklärt. Nein, sie dürfe mir ohne Rücksprache kein Interview geben. Und sie wisse auch nicht, wann er zurückkomme. Also trieb ich mich im Hauptquartier herum.
    Bei der vierten Mitarbeiterin, einer Publizistin, die gerade an ihrer Diplomarbeit schrieb, schien ich einen kleinen Schritt weiterzukommen. Ihre Freundin sei hier für die Buchhaltung zuständig, sie sei von Chloe Fischers Werbeagentur »Topspot« ausgeborgt worden. Und sie habe ihr rechtzeitig erzählt, wo sie sich bewerben müsse. Ja, es sei alles sehr spannend. Und sehr anstrengend. Ihre Aufgabe sei es, gemeinsam mit vier anderen ausgewählte Presseberichte an alle Regionalkomitees und die Mitglieder des Prominentenkomitees zu schicken. Und natürlich gehe sie mit den anderen zu öffentlichen Auftritten des Kandidaten, um für ihn zu klatschen und Stimmung zu machen. Privat … privat lebe sie mit ihrer Mutter und ihrem jüngeren Bruder. Ob sie in die Politik gehen wolle, wisse sie noch nicht. Vielleicht würde sie Journalistin werden. Ich fand die meisten jungen Leute Vogls ziemlich langweilig. Ob sie mir ein Interview mit ihrer Freundin in der Buchhaltung vermitteln könne? Die junge Frau mit dem Vogl-T-Shirt nickte und wählte eine Nummer. Nach einigem Hin und Her die Absage: »Ohne Erlaubnis darf sie nicht, sagt sie.«
    Mir war nicht klar, warum ich immer noch nicht aufgab. Alles lief doch völlig normal. Selbst mein Bluterguss am Jochbein war weitgehend verschwunden. Und Droch spöttelte schon, dass ich ihn mit meinem jugendlichen Ungestüm angesteckt hätte. Jugendlich. Alles war relativ, wenn ich die schicken jungen Menschen hier betrachtete.
    Als nächstes geriet ich an einen der arbeitslosen Lehrlinge, deren Beschäftigung medial zu einer sozialen Großtat aufgeblasen worden war. Was er den ganzen Tag mache? »Handlangerdienste, wie die anderen auch.«
    »Die meisten halten das für spannend, mitten im Zentrum der Politik zu sein.«
    »Ist es auch teilweise, aber trotzdem sind es Handlangerdienste. Ich weiß, was das heißt. Ich habe schon gearbeitet. Die meisten anderen hier haben bloß studiert.«
    Ob es zwischen den Lehrlingen und den anderen Mitarbeitern Auseinandersetzungen gebe?
    Er lächelte ein Wahlkampflächeln. »Aber natürlich nicht. Für Vogl sind alle gleich, vorausgesetzt, sie leisten etwas.«
    Abgewandelter Sozialismus. Und was er sich davon erhoffe?
    »Einen Job.«
    »Sie waren Automechanikerlehrling.«
    »Das ist egal. Es geht um Kontakte, verstehen Sie? Für die

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